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Das Sigma-Protokoll

Das Sigma-Protokoll

Titel: Das Sigma-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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gegen die Tür und fragte sich, ob der Killer gesehen hatte, wie er in das Zimmer geschlüpft war. Dann hörte er lauter und wieder leiser werdende Schritte. Der Killer war vorbeigelaufen. Ben hörte immer noch die Rufe des Hotelangestellten. Anscheinend war er unverletzt.
    Dann vernahm er lautes Schluchzen. Er ging ein paar Schritte in das Zimmer und sah ein dunkelhäutiges Mädchen in einer hellblauen Uniform, das sich in die Zimmerecke kauerte.
    »Ruhig!«, zischte Ben.
    »Wer sind Sie?«, fragte das Zimmermädchen, die Augen vor Schreck weit aufgerissen. »Bitte, tun Sie mir nichts.«
    »Halt den Mund«, sagte Ben. »Leg dich flach auf den Boden. Und halt den Mund, dann passiert dir nichts.«
    Das Zimmermädchen presste sich flach auf den Teppichboden. Sie zitterte am ganzen Körper und wimmerte leise vor sich hin.
    »Streichhölzer«, sagte Ben. »Ich brauche Streichhölzer.«
    »Im Aschenbecher«, sagte das Mädchen. »Auf dem Sekretär neben dem Fernseher.«
    Ben holte sich die Streichholzer und einen Stuhl, den er direkt unter den an die Decke montierten Rauchmelder stellte. Er stieg auf den Stuhl, zündete ein Streichholz an und hielt es unter den Rauchmelder. Ein paar Sekunden später gingen im Zimmer und auf dem Flur die Sirenen los - ein metallisches Heulen in kurzen, regelmäßigen Abständen. Rufe und Schreie vermischten sich mit der Sirene, als die Gäste aus ihren Zimmern auf die Flure stürzten. Wieder ein paar Sekunden später sprang die Spinkleranlage
an und besprühte Bett, Möbel und Teppichboden. Ben öffnete die Tür und schaute links und rechts den Gang hinunter. Es herrschte Chaos. Menschen riefen und schrien, standen in Gruppen zusammen, deuteten in alle möglichen Richtungen oder drängten sich die Treppen hinunter, während von den Decken das Wasser der Sprinkleranlage auf sie herabregnete. Ben verließ das Zimmer und zwängte sich mit der Menge die Treppen hinunter bis ins Erdgeschoss. Dort wandte er sich dem hinteren Teil des Hotels zu, lief durch die Küche zum Lieferanteneingang und stieß die Tür auf. Er stand auf einer schmalen Laderampe und sog die kühle Abendluft ein. Vor ihm lag eine schmale Gasse, in der eine Mülltonne neben der anderen stand. Er sprang von der Rampe und lief durch die dunkle Gasse in Richtung Straße. In der Ferne waren schon die Feuerwehrsirenen zu hören.
    Zwanzig Minuten später befand er sich auf der anderen Seite des Stadtparks am Donaukanal vor einer modernen, gesichtslosen Bettenburg, die zu einer amerikanischen Hotelkette gehörte. Er marschierte durch die Lobby schnurstracks auf den Lift zu - ein Hotelgast auf dem Weg zu seinem Zimmer.
    Er klopfte an die Tür mit der Nummer 1423.
    Special Agent Anna Navarro öffnete die Tür. Sie hatte eine Flanellnachthemd an, trug kein Make-up und sah umwerfend aus.
    »Ich hab’s mir überlegt«, sagte Ben. »Ich kooperiere.«

    Anna Navarro mixte Hartman einen Drink aus der Minibar: eine Spielzeugflasche Scotch plus ein grünes Fläschchen Mineralwasser plus ein paar Eiswürfelchen aus dem winzigen Gefrierfach. Über das Nachthemd hatte sie sich einen Frotteebademantel angezogen. Sie benahm sich - wenn das überhaupt möglich war - noch geschäftsmäßiger als im Präsidium. Und sich mit einem fremden Mann in einem engen Hotelzimmer aufzuhalten, wenn man schon fertig fürs Bett war, entspannte die Situation auch nicht gerade.
    Ben nippte dankbar an seinem Drink. Etwas wässerig. Eine starke Trinkerin war sie jedenfalls nicht. Aber so durch den Wind, wie er war, nahm er jeden Drink, den er kriegen konnte.
    Trotz des Sofas, auf dem Ben saß, schien das Zimmer nicht für Besucher eingerichtet. Anna Navarro ließ sich auf der Bettkante
nieder, stand aber gleich wieder auf und zog sich aus einer Ecke einen Ohrensessel heran.
    Das Spiegelglasfenster glich einem schwarzen pointillistischen Gemälde. Von hier oben sah Wien aus wie ein Meer aus blinkenden Lichtpunkten unter einem Himmel voller Sterne.
    Navarro beugte sich etwas vor und schlug die Beine übereinander. Sie war barfuß, ihre Füße waren schlank und wohl geformt, die Nägel lackiert.
    »Und Sie sind sicher, dass es derselbe war?«, fragte sie. Der abweisende Tonfall war verschwunden.
    Ben nahm einen Schluck. »Ganz sicher. Das Gesicht werde ich nie vergessen.«
    Sie seufzte. »Und ich hab gedacht, dass meine Kugel ihn schwer verletzt hätte. Nach allem, was ich weiß, ist der Kerl brandgefährlich. Wie er die vier Polizisten erschossen hat - unglaublich.

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