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Das Sigma-Protokoll

Das Sigma-Protokoll

Titel: Das Sigma-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Lobby. »Hier entlang!«, keuchte Anna und lief zu einer Tür, die nicht auf die Rue des Vignoles führte, sondern auf eine Seitenstraße, die für den Schützen nicht einsehbar war.
    Sie schauten sich um. Überall Gesichter. An der Ecke zur Rue des Orteaux stand eine blonde Frau, die Jeans und einen Mantel aus Fellimitat trug. Auf den ersten Blick hielt Ben sie für eine Nutte. Aber irgendwie kam sie ihm bekannt vor. Er hatte das Gesicht schon mal gesehen. Aber wo?
    Plötzlich sah er die Züricher Bahnhofstraße vor sich. Die elegant gekleidete Blondine mit den Einkaufstaschen aus teuren Boutiquen. Der kurze, kokette Blickwechsel.
    Es war dieselbe Frau. Arbeitete sie für die Organisation? Gegenüber der Blondine, auf der anderen Straßenseite, stand ein junger Bursche in Jeans und zerrissenem T-Shirt. Auch er kam Ben bekannt vor. Aber er wusste nicht, woher. Gehörte er ebenfalls dazu?
    Am Ende der Straße stand ein Mann mit geröteten, zerfurchten Backen und dicken Augenbrauen.
    Noch ein bekanntes Gesicht.
    Drei geschickt postierte Killer der Organisation? Profis, die ihnen den Fluchtweg abschneiden sollten?
    »Wir sitzen in der Falle«, sagte er zu Anna. »Es sind mindestens drei.« Wie erstarrt standen sie auf dem Gehweg. Was jetzt?
    Anna ließ den Blick über die Straße schweifen. »Hören Sie zu, Ben. Sie haben doch gesagt, dass Chardin sich dieses Viertel aus strategischen Gründen ausgesucht hat. Wegen der Vielfalt an Fluchtwegen, die es zu bieten hätte. Die kennen wir zwar nicht, aber er hatte sie sicher genau geplant. Folgen Sie mir.«
    Sie lief auf das Wohnhaus zu, wo sich der Scharfschütze im sechsten Stock eingenistet hatte. »Sind Sie wahnsinnig?«, rief Ben, während er hinter ihr herlief.
    »Denken Sie doch nach«, sagte Anna. »Wenn wir uns nah am Gebäude halten, kann er uns nicht sehen.« Die Gasse war dunkel. Es stank. Ratten wuselten im Müll herum. Ein Eisentor versperrte den Durchgang zur Rue des Halles.

    »Sollen wir drüberklettern?«, fragte Ben, während er nach oben schaute. In etwa vier Metern Höhe thronten scharfe Metallspitzen auf dem Tor.
    »Wenn’s Ihnen Spaß macht«, sagte Anna, zog ihre Glock und feuerte, bis die Kette des Vorhängeschlosses zwischen den Stäben baumelte. »Der Typ da oben benutzt ein Gewehr Kaliber 50«, sagte Anna. »Nach dem Golfkrieg war der Markt überschwemmt mit den Dingern. Heiß begehrte Ware. Mit der passenden Munition konnte man damit hübsche Löcher in irakische Panzer stanzen. Hauswände oder Pappe machen für das Kaliber keinen Unterschied.«
    »Scheiße. Und was tun wir jetzt?«, fragte Ben.
    »Uns ducken«, sagte Anna trocken. Dann lief sie los. Ben folgte ihr dichtauf.
    Sechzig Sekunden später standen sie in der Rue de Bagnolet vor dem Restaurant La Flèche d’Or. Plötzlich lief Ben über die Straße. »Los, kommen Sie!«
    Ein schwergewichtiger Mann stellte am Straßenrand gerade seine Vespa ab. »Monsieur«, sagte Ben. »Entschuldigen Sie, aber ich müsste mir mal kurz Ihre Vespa ausleihen.«
    Der bärenhafte Mann schaute Ben ungläubig an, trat aber sehr schnell einen Schritt zurück, als er die Pistole in Bens Hand sah. Ben entriss ihm die Schlüssel, sprang auf und ließ den Motor an. »Los jetzt!«, rief Ben Anna zu.
    »Was soll der Quatsch!«, rief Anna. »Dieser Dinger laufen höchstens achtzig. Aus jedem Auto auf der Périphérique knallen sie uns ab wie die Hasen.«
    »Wir fahren nicht auf die Périphérique«, sagte Ben. »Wir nehmen überhaupt keine Straße. Los jetzt.« Widerwillig kletterte Anna auf den Soziussitz.
    Ben steuerte die Vespa um das La Flèche d’Or herum und rumpelte dann eine Betonböschung hinunter, wo sie auf alte Schienen stießen. Das Restaurantgebäude hatte man direkt über die Bahnstrecke gebaut.
    Er lenkte den Roller auf die verrosteten Geleise. Sie fuhren durch einen Tunnel und kamen danach auf freies Gelände. Die Zeit hatte die Schwellen und die Erde dazwischen zu einer glatten Fläche eingeebnet, sodass sie ziemlich schnell vorwärts kamen.

    »Was ist, wenn uns ein Zug entgegenkommt?«, rief Anna, die ihre Arme um seine Taille geschlungen hatte.
    »Hier ist schon seit über fünfzig Jahren kein Zug mehr gefahren.«
    »Was Sie so alles wissen.«
    »Abfallprodukt einer vergeudeten Jugend!«, rief Ben. »Als junger Bursche habe ich mich eine Zeit lang in der Gegend hier rumgetrieben. Wir fahren auf einer Geisterstrecke. La Petite Ceinture, der kleine Ring. Die Strecke beschreibt einen Kreis rund um

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