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Das Sigma-Protokoll

Das Sigma-Protokoll

Titel: Das Sigma-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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die Stadt. Das La Flèche d’Or war ursprünglich ein Bahnhof. Gebaut im 19. Jahrhundert. An der Schleife lagen über zwanzig Bahnhöfe. Zum Beispiel Neuilly, Porte Maillot, Clichy, Villette und Charonne. Mit dem Auto begann der Niedergang. Seitdem hat sich keiner drum gekümmert, ist einfach nur noch ein leerer Korridor rund um die Stadt. Als ich über die möglichen Fluchtwege von Chardin nachgedacht habe, ist mir die Geisterstrecke wieder eingefallen.«
    Sie tauchten in einen weiteren breiten Tunnel ein. Als sie wieder herauskamen, fragte Anna: »Und wo sind wir jetzt?«
    »Schwer zu sagen, weil man von hier keines der Wahrzeichen der Stadt sehen kann«, sagte Ben. »Vielleicht Obervillier. Oder Simplon. Auf jeden Fall sind wir schon ziemlich weit weg. Wenn man die Vororte nicht mitrechnet, ist die Stadt gar nicht so groß. Ungefähr hundert Quadratkilometer. Haben uns erst mal die Menschenmassen in der Metro geschluckt, dann können wir beruhigt unseren nächsten Treffpunkt ansteuern.«

    Der Schriftzug The Flann O’Brien leuchtete als verschlungene Neonröhre über der Tür und war außerdem verschnörkelt auf das Schaufenster gemalt. Die Bar befand sich im ersten Arrondissement in der Rue Balleul, gleich bei der Metrostation Louvre-Rivoli. Innen war es dunkel, es roch nach Bier, und die Holztäfelung war von tiefen Furchen durchzogen. Der dunkle Holzboden hatte im Lauf der Jahre so manchen Liter Guinness aufgesogen.
    »Der Treffpunkt ist eine irische Bar?«, fragte Anna. Misstrauisch schaute sie sich nach verdächtigen Personen um.
    »Das ist eben Oscars Sinn für Humor.«
    »Warum sind Sie so sicher, dass wir ihm vertrauen können?«

    Ben drehte sich um und schaute sie ernst an. »Ich setze darauf, dass er wahrscheinlich vertrauenswürdig ist. Nicht darauf, dass er es möglicherweise nicht ist. Was Sigma so gefährlich macht, ist doch der Umstand, dass sie sich auf die Loyalität gläubiger Jünger stützen können. Und Oscar ist so verdammt gierig, dass er unmöglich ein gläubiger Jünger sein kann. Wir haben seine Rechnungen immer pünktlich bezahlt. Das zählt für Oscar. Hoffe ich zumindest.«
    »Der Ehrenkodex eines Zynikers?«
    Ben zuckte mit den Schultern. »Ich verlass mich auf mein Gefühl, und ich glaube, dass er mich mag. Jedenfalls hab ich ihn immer gemocht.«
    Der Lärmpegel im Flann O’Brien war selbst um diese frühe Stunde überwältigend. Sie brauchten ein paar Sekunden, bis sich ihre Augen an die trübe Beleuchtung gewöhnt hatten.
    Oscar saß mit dem Rücken zur Wand auf einer gepolsterten Bank. Vor dem kleinen grauhaarigen Mann stand ein gewaltiger Humpen mit öligem Stout. Daneben lag eine feinsäuberlich gefaltete Zeitung. Die Seite mit dem Kreuzworträtsel war aufgeschlagen. Es war fast gelöst. Er begrüßte sie mit einer einfachen Handbewegung und schaute sie mit belustigtem Gesichtsausdruck an - als wollte er jeden Augenblick anfangen zu zwinkern. Anna merkte schnell, dass er immer so schaute.
    »Ich warte jetzt exakt vierzig Minuten«, sagte er und schüttelte Ben kräftig und freundschaftlich die Hand. »Vierzig Minuten, die sich selbstredend auf der Rechnung wieder finden werden.« Er genoss jedes einzelne seiner Worte.
    »Wir sind aufgehalten worden«, sagte Ben knapp.
    »Kann ich mir vorstellen«, entgegnete Oscar und nickte Anna zu. »Madame, nehmen Sie doch Platz.«
    Ben und Anna setzten sich links und rechts neben Oscar auf die Bank.
    Oscar widmete Anna seine ganze Aufmerksamkeit. »Madame, Sie sind noch schöner als auf den Fotos.«
    »Bitte?«, sagte Anna verwirrt.
    »Den Kollegen in der Süreté ist neulich ein Satz Fotos zugegangen. Per E-Mail. Ein paar hat man auch mir zugesandt. Kamen mir sehr gelegen.«

    »Für seine Arbeit«, fügte Ben erklärend hinzu.
    »Meine Zuträger sind sehr effizient und sehr, sehr teuer.« Er tätschelte Bens Unterarm.
    »Ich hatte nichts anderes erwartet.«
    »Andererseits kann man leider nicht behaupten, dass das Foto von dir sonderlich schmeichelhaft ist. Diese Paparazzi haben einfach nicht mehr das Gespür für den günstigsten Blickwinkel.«
    Bens Lächeln verschwand. »Wovon redest du?«
    »Ich bin sehr stolz darauf, dass ich das Kreuzworträtsel in der Herald Tribune in der Regel knacke. Du wirst zugeben, dass nicht jeder Franzose dazu in der Lage ist. Mit dem von heute bin ich fast durch. Mir fehlt nur noch ein Wort mit fünfzehn Buchstaben: >Ein mit internationalem Haftbefehl gesuchter Amerikaner. ‹«
    Er drehte die Zeitung

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