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Das Sigma-Protokoll

Das Sigma-Protokoll

Titel: Das Sigma-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Schwester trat ans Bett. Was hatte sie gesehen? Anna musste würgen, hielt aber das kleine Päckchen eisern unter ihrer Zunge verborgen. Langsam füllte sich ihr Mund mit Speichel.
    »Das kommt bei Ketamin manchmal vor«, sagte Gerda. »Es wird einem ziemlich schlecht, aber das geht vorbei.«
    Anna stöhnte mit geschlossenen Lippen, schloss die Augen, legte den Kopf auf die Seite und schluckte den Speichel hinunter.
    Gerda ging um das Bett herum auf die rechte Seite und richtete etwas am Kopfende. Anna versuchte regelmäßig zu atmen.
    Ein paar Minuten später verließ Gerda wieder den Raum und schloss leise die Tür hinter sich.
    Diesmal würde sie nicht so lange wegbleiben, dachte Anna.
    In ihrem Mund hatte sich Speichel mit Blut vermischt. Mit der Zunge schob sie das Päckchen bis hinter die Lippen und spuckte es dann aus. Es landete auf dem Rücken ihrer linken Hand. Mit geschickten Fingern machte sie sich ans Werk.
    Sie wusste, was zu tun war. Diese Art Schlösser hatte sie früher mehr als einmal geknackt. Immer dann, wenn sie den Schlüssel verlegt hatte und es ihr peinlich gewesen war, nach Ersatz zu fragen.

    Die Plastikverpackung sträubte sich etwas, aber dann war die Sicherheitsnadel in Sekundenschnelle passend zurechtgebogen.
    Zuerst öffnete sie das Schloss am linken Handgelenk. Sie führte die Spitze der Nadel in das Schlüsselloch, drehte erst nach links, dann nach rechts.
    Ein Klicken, und die linke Hand war frei.
    Sie war wie euphorisiert. Sekunden später klickten die Schlösser an der rechten Hand und am Brustgurt.
    Dann hörte sie das leise Quietschen der Tür. Gerda kam zurück.
    Anna steckte die Hände wieder in die Kunststoffgurte und schloss die Augen.
    Die Schritte näherten sich dem Bett. »Ich hab Geräusche gehört«, sagte Gerda. »Was ist hier los?«
    Annas Herz schlug so laut, dass sie glaubte, die Schwester müsse es hören.
    Langsam öffnete sie die Augen und schaute ziellos ins Leere - als sei sie noch völlig benebelt. »Jetzt reicht’s«, sagte Gerda mit drohender Stimme. »Mich führen Sie nicht an der Nase herum.« Flüsternd fügte sie hinzu: »Ein bisschen Risiko muss eben sein.«
    O Gott, nein.
    Sie legte um Annas linken Arm eine Aderpresse aus Gummi und zog an, bis die Vene deutlich hervortrat. Dann führte sie die Nadel ein und wandte Anna den Rücken zu, um am Infusionsständer die Tropfgeschwindigkeit einzustellen. Anna reagierte sofort: Sie streifte die Fesseln ab, löste die Aderpresse vom Arm und zog sich gerade die Nadel aus der Vene, als Gerda sich wieder umdrehte. Anna setzte sich blitzschnell auf, schlang den Gummischlauch der Aderpresse um Gerdas Hals und zog ihn mit aller Kraft zu.
    Gerda schlug japsend um sich und versuchte die Finger unter den Gummischlauch zu stecken. Mit den Fingernägeln kratzte sie sich den Hals blutig, während Anna nicht locker ließ. Gerdas Gesicht lief rot an, sie keuchte, schnappte nach Luft... Schließlich wurden ihre Bewegungen langsamer, die Hände fielen nach unten, und sie wurde bewusstlos.
    Ein paar Sekunden lag Anna japsend auf dem Bett. Sie war wie betäubt von der Anstrengung. Dann raffte sie sich auf und löste die Fesseln an den Fußgelenken. Sie rutschte vom Bett und
schnallte eine Hand der Schwester an das Bettgestell und die andere an den schweren Anästhesieapparat.
    Hastig löste sie den Schlüsselbund von Gerdas Gürtel und ging zum Wandschrank, wo sie einen Arztkittel fand. Dann durchsuchte sie den Anästhesiewagen. Sie stopfte sich einige Packungen Injektionsnadeln und mehrere Glasampullen mit verschiedenen Drogen in die Taschen und rannte aus dem Krankenzimmer.

43. KAPITEL
    Semmering, Österreich

    Die Grundbücher für den Bezirk Semmering befanden sich in einem kleinen Kellerraum eines im bayerischen Stil erbauten Hauses, das auch einigen städtischen Arbeitern als Unterkunft diente. Die Reihenfolge der grünen Aktenschränke entsprach den Nummern, die man den Landparzellen zugewiesen hatte.
    »Schloss Zerwald ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich«, sagte die Bürovorsteherin mit gleichgültiger Stimme. »Es ist Teil der Semmering-Klinik, und die ist streng abgeschottet.«
    »Verstehe«, sagte Ben. »Aber mich interessieren ohnehin nur die alten Karten.« Und dann erklärte er der weißhaarigen Frau, dass er Historiker sei und die Geschichte von Burgen und Schlössern in Deutschland und Österreich erforsche. Sie lauschte seinen Ausführungen mit leicht zweifelndem Gesichtsausdruck - als sei ihr gerade

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