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Das Sigma-Protokoll

Das Sigma-Protokoll

Titel: Das Sigma-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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gehörte, ein Motor ausgefallen war. Aber das war schon lange her, da war sie zehn oder elf gewesen, und die Todeskisten von damals konnte man nun wirklich nicht mit dem glänzenden Jumbo vergleichen, in dem sie gerade saß.
    Ihren Kollegen im OSI hatte sie nie von ihren Ängsten erzählt. Eisernes Prinzip: Offenbare nie deine wunden Punkte. Trotzdem war sie davon überzeugt, dass Arliss Dupree Bescheid wusste - wie ein Hund, der die Angst wittert. In den letzten Monaten hatte er sie von Termin zu Termin gehetzt, hatte sie praktisch gezwungen, in Flugzeugen zu leben.
    Sie stand die Tortur nur deshalb durch, weil sie sich während der Flüge völlig in ihre Fälle vertiefen konnte. Wenn sie knochentrockene Autopsieberichte und pathologische Befunde las, musste sie das dahinter steckende Rätsel einfach lösen.
    Als Kind war sie ganz vernarrt in die Fünfhundet-Teile-Puzzles gewesen, die ihre Mutter ihr immer mitbrachte. Sie waren
Geschenke von der Frau, bei der ihre Mutter putzen ging und deren Kinder nicht die Geduld dafür aufbrachten. Mehr als das langsam zusammenwachsende glänzende Bild liebte sie das schnappende Geräusch, wenn ein Teil genau in das dafür vorgesehene Loch passte. Sie hatte sich immer darüber geärgert, dass bei alten Puzzles oft Teile fehlten, die die Vorbesitzer verschlampt hatten. Schon als Kind war sie eine Perfektionistin gewesen.
    Ihr aktueller Fall kam ihr vor wie ein Tausend-Teile-Puzzle, das als chaotischer Haufen vor ihr auf dem Teppich lag.
    Während des Washington-Halifax-Fluges hatte sie über einem Stapel Papiere gebrütet, die ihr die Royal Canadian Mounted Police aus Ottawa gefaxt hatte. Die RCMP war Kanadas Gegenstück zum amerikanischen FBI und war trotz ihres antiquierten Namens eine Ermittlungsbehörde allererster Güte. Die Zusammenarbeit zwischen dem US-Justizministerium und der RCMP funktionierte gut.
    Wer bist du ? , fragte sie sich, als sie das Foto des alten Mannes betrachtete. Robert Mailhot aus Halifax, Nova Scotia, freundlicher Ruheständler und frommes Gemeindemitglied der Church of Our Lady of Mercy. Nicht gerade die Sorte Mensch, bei der man auf eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der CIA tippen würde, egal wie lange das schon her war.
    In welcher Verbindung stand dieser Mann zu den nebulösen Spionagemachenschaften der schon längst verstorbenen Industriellen, über die Bartlett gestolpert war? Anna war überzeugt davon, dass Bartlett eine Akte über den Alten besaß, die er ihr nicht zeigen wollte. Desgleichen war sie davon überzeugt, dass er sie die relevanten Details auf eigene Faust ausgraben lassen wollte.
    Ein Provinzrichter in Nova Scotia hatte sich bereit erklärt, einen Durchsuchungsbefehl auszustellen. Die Unterlagen, die sie angefordert hatte - Telefonrechnungen und Kreditkartenbelege -, waren ihr binnen Stunden nach Washington gefaxt worden. Sie gehörte zum OSI, niemand stellte die windige Tarnung hinsichtlich einer laufenden Ermittlung in einem internationalen Unterschlagungsfall infrage.
    Die übermittelten Unterlagen enthielten nichts Brauchbares. Der Totenschein war in krakeliger, fast unleserlicher Handschrift
ausgefüllt, wahrscheinlich die des Hausarztes des Alten. Als Todesursache war »natürlicher Tod« vermerkt, in Klammern stand »Koronarthrombose«. Vielleicht steckte wirklich nicht mehr dahinter.
    Der Verstorbene hatte keine ungewöhnlichen Käufe getätigt und lediglich zwei Ferngespräche geführt - eins nach Neufundland, eins nach Toronto. Nichts von Bedeutung. Vielleicht hatte sie in Halifax mehr Glück.
    Vielleicht auch nicht.
    Wie zu Beginn eines jeden Falls war sie berauscht von einer merkwürdigen Mixtur aus Hoffnung und Verzweiflung. War sie sich in einer Sekunde noch sicher, dass sie es schaffen würde, glaubte sie in der nächsten, dass sie keine Chance hätte. Eins wusste sie bestimmt: Der erste Tote in einer Mordserie war immer der wichtigste. Er war der Bezugspunkt. Nur wenn man gründlich vorging, wenn man jeden einzelnen Stein umdrehte, durfte man auf ein paar Zusammenhänge hoffen. Hatte man alle Punkte vor Augen, konnte man anfangen, sie miteinander zu verbinden.
    Anna trug ein marineblaues Reisekostüm von Donna Karan (nicht das teuerste Modell) und eine weiße Bluse von Ralph Lauren (keine Haute Couture natürlich). Jeder wusste, dass sie Wert auf perfekte Kleidung legte. Mit ihrem Gehalt hätte sie sich Designer-Klamotten eigentlich gar nicht leisten können. Sie kaufte sie trotzdem, lebte dafür in einer

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