Das silberne Schiff - [Roman]
Stadtbewohner, und in wenigen Monaten würde sie uneingeschränkt erwachsen sein. Dann würde sie ihren eigenen Wagen samt Tieren erhalten. Sie hatte sich offenbar gut um meinen gekümmert. Die Außenwände und die Sitzbank waren sauber, und die Radnaben aus Metall glänzten. Meine Stimme brach, als ich sagte: »Ich habe dich so sehr vermisst.«
Sie legte ihre Arbeit in den Schoß und die flache Hand darauf. »Was geschieht?«, fragte sie. »Alle machen sich Sorgen wegen eines Schiffs, und dann seid ihr in einem zurückgekommen. Aber man macht sich keine Sorgen wegen euch, nicht wahr?«
Ich schüttelte den Kopf und erzählte ihr von den Söldnern auf Islandia.
Sie unterbrach mich kein einziges Mal, sondern saß nur still da, den Blick geradeaus gerichtet. Aus Erfahrung wusste ich, dass ihr kein Wort entging. Am Ende blickte sie zu mir auf. »Und was jetzt? Was werden der Stadtrat und Akashi und die Stellvertreter tun?«
»Wir bringen die meisten Menschen aus Artistos fort und schicken sie mit Mitgliedern beider Sippen in kleinen Gruppen los, damit sie wie die Vagabunden leben.«
»Ist es für kleinere Gruppen nicht schwieriger, sich zu verteidigen?«
»Ja.« Dieses Thema hatte ich auch bei der Zusammenkunft angesprochen. »Aber Artistos ist noch viel schwerer zu verteidigen. Die Stadt kann von drei Seiten angegriffen werden – vom Hochweg aus, von der Seite, auf der die Farmen und Gebraställe stehen, und aus der Luft.« Ich zuckte zusammen, als ich an unser zerstörtes Häuschen und das Gewächshaus dachte, wie Brise im Gehege im Sterben gelegen hatte. »Die Sternensöldner haben mindestens fünf Gleiter, und vielleicht können sie auch ihr großes Schiff einsetzen, um uns anzugreifen. Das weiß ich nicht so genau.«
Sie runzelte die Stirn und kam direkt auf das eigentliche Problem zu sprechen. »Es wird schwierig sein, hier draußen mit Stadtbewohnern zusammen zu sein. Sie kennen sich hier nicht aus. Einige von ihnen werden sterben.«
Ich seufzte. »Wenn alle in der Stadt bleiben, werden vielleicht alle gleichzeitig sterben. Diese Lösung ist nicht gut, aber sie ist besser. Außerdem habe ich gefragt, ob ich dich und Sky zu unserer Höhle mitnehmen kann. Dort werden Kayleen, Liam und ich sein, und ich möchte euch bei mir haben. Ich werde ein paar Freunde brauchen.«
Sie lächelte zufrieden. Ich stieß innerlich einen Seufzer der Erleichterung aus. Wenigstens wollte sie mitkommen.
»Werden meine Eltern mich gehen lassen?«, fragte sie.
»Akashi und die Stellvertreter und Tom treffen die Entscheidungen. Sie sagen, dass sie bestimmt einverstanden sind. Außerdem bist du fast erwachsen. Schau dir an, wie gut du dich um meinen Wagen gekümmert hast.«
Sie zog den Kopf ein und wandte für einen Moment den Blick ab. »Das war doch gar nichts. Auch du hast mir gefehlt. Als wir sahen, wie diese verfluchte Maschine mit den Flügeln wippte und davonflog, wusste ich nicht, was ich davon halten sollte. Akashi sagte mir, er hätte sie schon einmal gesehen, dass sie euch gehört, dass ihr offenbar etwas Wichtiges vorhabt.« Sie blickte zu mir auf. Ihr dunkles Haar fiel über ein braunes Auge, und die breite weiße Haarsträhne auf der anderen Kopfseite leuchtete in der Sonne. »Ich habe mir jeden Tag gewünscht, dass ihr sicher heimkehrt.«
Sie hob die Hände, und ich sah, dass sie an einer perlenbesetzten Schärpe gearbeitet hatte, die fast fertig war. Stolz zeigte sie mir ihre Arbeit. Sie war aus Fäden geknüpft, die aus Gebrawolle gesponnen waren, und mit einheimischen Pflanzenfarbstoffen in Rot und Grün gefärbt. Alle paar Zentimeter hatte sie eine Reihe winziger Perlen in das Muster eingearbeitet. »Die Perlen habe ich selber gemacht.«
Ich hielt den weichen Gürtel in der Hand und betastete die feinen Knoten und bewunderte das kunstvolle Muster und die kleinen Perlen aus Holz und Stein. »Es ist wunderschön.«
»Ich habe sie für dich gemacht«, sagte sie. »In jeden Knoten habe ich den Wunsch eingeschlossen, dass es dir gutgehen soll.« Ihre Augen schimmerten. »Und jetzt bist du zurückgekehrt.« Sie blickte auf den Gürtel. »Ich kann ihn heute Abend fertigstellen. Ich habe gehört … dass wir vielleicht angegriffen werden.«
Sie war in den letzten Tagen des Krieges gezeugt und nach dem Ende geboren worden. Ich schluckte. »Ich glaube, es ist schlimmer für Fremont als das Schiff, mit dem meine Eltern kamen.«
Sie schürzte die Lippen und wandte den Blick ab. »Wir werden es schaffen«, sagte sie.
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