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Das silberne Schiff - [Roman]

Das silberne Schiff - [Roman]

Titel: Das silberne Schiff - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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nichts.
    Während Kayleen erzählte, registrierte ich bei allen die Anzeichen des Alters: Hunters dünne, schuppige Haut voller Altersflecken, die tiefen Runzeln, die seine Wangen wie Schluchten durchzogen, die grauen Strähnen in Palomas Haar. Selbst Tom und Nava hatten bereits erste Fältchen um die Augen bekommen.
    Das war ein weiterer Vorteil, den die Söldner hatten – mehr körperliche Kraft.
    Nachdem wir ihnen alles gesagt hatten, was wir wussten, wurde es eine Zeitlang still im Raum, abgesehen vom Klappern der Teetassen auf dem Tisch. Tom brachte uns Schalen mit kaltem Eintopf. Ich hätte nicht gedacht, dass ich jetzt etwas essen könnte, bis die Schale vor mir stand. Ich aß. Wir alle aßen.
    Als das Schweigen beinahe unerträglich wurde, räusperte sich Nava und betrachtete den alten Mann an ihrer Seite. »Hunter?«
    Hunter öffnete die Augen. »Das habt ihr gut gemacht.« Er sah mich an, dann Liam, dann Kayleen, dann wieder mich. »Steht ihr auf unserer Seite? Können wir auf euch zählen?«
    »Natürlich«, sagte ich.
    »Wir sind hier«, sagte Liam.
    Kayleen räusperte sich. Ihre Stimme zitterte. »Ich werde mithelfen, die Stadt zu schützen. Dazu braucht ihr mich sogar. Ich bin hier die Einzige, die in ihre Netze eindringen kann, in ihre Köpfe. Ich habe die Möglichkeit, etwas von ihren Plänen zu erfahren. Aber dazu brauche ich meine Freiheit.« Sie musterte Nava ruhig. Nur ihre Finger trommelten an ihrem Bein. »Ich werde keine Befehle mehr annehmen.«
    Nava erwiderte ihren Blick mit zusammengezogenen Augenbrauen. »Jeder nimmt Befehle an. Sogar ich manchmal.«
    »Dann will ich nicht mehr Befehle annehmen als alle anderen, die hier leben. Wenn ihr mich um etwas bittet, werde ich es wahrscheinlich tun. Ich meine, ich will euch helfen. Aber ich kann Dinge tun, auf die ihr gar nicht kommen würdet, und ich werde viel Zeit in unseren Netzen verbringen müssen. Und wir sind jetzt eine Familie.« Ihr Blick gab Nava zu verstehen, dass sie es nicht wagen sollte, ihr zu widersprechen.
    Aus welchem Grund auch immer – Nava hielt den Mund.
    »Das verstehe ich«, sagte Hunter, dessen Miene keine Emotion zeigte, als hätte er nach Kayleens Worten eine Maske aufgesetzt.
    »Herzlichen Glückwunsch«, sagte Tom und löste damit ein betretenes Schweigen aus.
    »Danke«, antwortete ich genauso tonlos wie Tom. Es gefiel ihnen nicht, aber sie verjagten uns deswegen nicht aus der Stadt. Zumindest nicht heute. Allerdings konnte ich mir vorstellen, worum sich die Gespräche drehten, nachdem wir gegangen waren.
    Kayleen lächelte Nava an und legte den Kopf schief, als wäre sie ein fünfjähriges Mädchen, das natürlich niemals von den Zuckerweizenkeksen genascht hatte. Ich befürchtete, sie würde anders reagieren, aber dann sagte sie nur: »Ich würde gern mit der Arbeit in den Netzen beginnen, sobald wir hier fertig sind.«
    Vielleicht erkannte Nava, dass sie es nicht schaffen würde, Kayleen zu irgendetwas zu zwingen. »Dafür wären wir dir sehr dankbar.« Ihre Worte klangen so scharf, dass Tom und Paloma die Köpfe drehten und sie ansahen. Hunter hob eine Hand und hielt den Zeigefinger hoch, als wollte er sie warnen. Nava kniff nur die Lippen fester zusammen. Es hatte eine Zeit gegeben, kurz vor und kurz nach dem Abflug der Neuen Schöpfung , als Nava etwas entspannter mit uns umgegangen war. Jetzt war davon nichts mehr übrig. Ihr Gesicht zeigte nur noch Verbitterung und Verärgerung.
    Kayleen konzentrierte sich auf Hunter. Er hatte den letzten Krieg geführt, den einzigen Krieg, den es jemals auf Fremont gegeben hatte. Die Geschichten an den Lagerfeuern deuteten an, dass Artistos ohne Hunter verloren hätte. Kayleen stand auf und ging um den Tisch herum zu ihm, ließ sich vor ihm auf die Knie sinken und nahm seine zitternde dünne Hand in ihre. »Hunter, wir stehen zu euch. Wir sind nicht diese Leute. Wir wollen nicht, dass euch irgendetwas Schlimmes zustößt.«
    Seine Lippen verzogen sich zu einem schwachen Lächeln. »Das ist gut.«
    Doch als ich zu Nava hinübersah, erkannte ich, dass es ihr gar nicht gefiel, auf unsere Hilfe angewiesen zu sein.

Kapitel 38
    Die Westsippe

    Am nächsten Tag ritt ich auf einem stumpfsinnigen Gebra namens Jiko einen schmalen Weg entlang, der sich durch die hohen bewaldeten Hügel hindurchschlängelte und zum Zornberg und zur Westsippe führte. Liam ritt vor mir und folgte den schwachen Wagenspuren. Seine bronzefarbene Haut schimmerte in der Sonne, wo seine Arme aus dem

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