Das silberne Zeichen (German Edition)
Schritte auf und ab. «Das ist das nächste Problem», sagte er dumpf. «Just nachdem ich den Diebstahl bemerkt hatte, tauchte dein Vetter bei mir auf. Er hat reagiert, wie du es vorausgesehen hast.»
Marysas Augen weiteten sich. «O Gott, und jetzt kannst du nicht einmal beweisen …»
«… dass ich Christoph Schreinemaker bin», vollendete er den Satz.
«War er sehr wütend?»
«Er ist wahrscheinlich auf direktem Weg zu den Schöffen gegangen, um mich wegen Betrugs anzuzeigen.»
Entsetzt schnappte Marysa nach Luft. «Dann musst du sofort die Stadt verlassen. Wenn sie …»
«Nein, Marysa.» Er schüttelte den Kopf.
Sie starrte ihn an. «Was meinst du mit Nein? Wenn du hierbleibst, werden sie dich einsperren und …»
«Das weiß ich.» Nun ergriff er wieder ihre Hände. «Marysa, ich darf jetzt nicht weglaufen. Das käme einem Schuldbekenntnis gleich.»
«Aber solange du nicht beweisen kannst, wer du bist, droht dir eine Anklage wegen Betrugs oder schlimmer noch …» Marysa schluckte. «Sie könnten das Kirchengericht einschalten. Du bist als Inquisitor aufgetreten. Wenn sie dich dafür verurteilen …»
«Dann ende ich auf dem Scheiterhaufen, ja.» Christoph zog sie an sich. «Trotzdem darf ich nicht weglaufen.» Er küsste sie kurz, aber zärtlich. «Der Verlust der Urkunden ist ärgerlich, die meisten können wir jedoch ersetzen. Wenn Hartwig tatsächlich zu den Schöffen gegangen ist, wird es nicht lange dauern, bis die Büttel mich hier aufspüren.»
«O Gott!»
«Hör zu, Marysa! Schick einen Boten nach Frankfurt; jemanden, dem du vertraust. Er soll sich an den Rat wenden, dort hat man nach meinem Besuch alle Schriftstücke über mich neu erfasst. Wir können Abschriften anfordern. Das dauert vielleicht ein paar Tage, aber auf diese Weise können wir wahrscheinlich Schlimmeres verhindern.» Vor dem Haus wurden Stimmen laut. «Ich fürchte, da sind sie bereits.»
«Und was jetzt?», fragte Marysa und spürte, wie die Angst ihr die Kehle zuzuschnüren drohte.
Christoph umfasste ihr Gesicht sanft mit seinen Händen und küsste sie noch einmal. «Ich werde mich ihnen stellen.»
«Aber …»
«Einen Boten, Marysa», raunte er, bevor er das Hoftor öffnete. «Und schnell!» Damit trat er hinaus und sprach die beiden Büttel an, die inzwischen lautstark Einlass ins Haus verlangten.
Marysa stürzte zum Tor und beobachtete mit schmerzhaft klopfendem Herzen, wie die Büttel Christoph festnahmen und abführten. Auf der Straße liefen die Nachbarn zusammen und gafften neugierig. Bevor jemand Marysa entdecken konnte, zog sie sich in ihren Hof zurück und schlug die Hände vors Gesicht. Sie hatte es geahnt. Die ganze Zeit schon hatte sie befürchtet, dass Christophs Plan fehlschlagen würde. Sie hatten ihn auf Treibsand gebaut.
«Der Schreinemaker sitzt ganz schön in der Tinte, was?»
Marysa fuhr mit einem leisen Aufschrei herum und starrte Milo an, der aus der Stalltür getreten war. Offenbar war er bis eben beim Ausmisten gewesen, denn er stützte sich auf die Mistgabel und erwiderte bekümmert ihren Blick. «Tut mir leid, Herrin. Ich wollte nicht lauschen.» Er zögerte. «Kann ich … Gibt es irgendetwas, das ich tun kann?»
«Ich fürchte nein.» Marysa schüttelte den Kopf. «Bitte schweig über das, was du eben gehört hast. Wenn etwas davon herauskommen sollte …»
«Ich hab nix gehört», sagte Milo rasch. «Weiß gar nicht, was sie von dem Schreinbauer wollen. Jeder sieht doch, dass er kein Mönch ist, sondern ein angesehener Handwerker.» Er trat einen Schritt auf sie zu. «Das werde ich jedem sagen, der mich fragt, Herrin. Ihr wart immer gut zu mir und meiner Familie, Frau Marysa. Ich will nicht, dass Ihr … Wenn ich helfen kann, dann sagt es.»
Marysa brachte ein dünnes Lächeln zustande. «Danke, Milo. Ich werde …»
«Frau Marysa, hier seid Ihr! Wir haben schon nach Euch gesucht!», rief in diesem Moment Leynhard und kam in den Hof gelaufen. «Was war denn das eben? Die Büttel haben den Schreinemaker festgenommen! Was soll das bedeuten?»
Hinter Leynhard kam nun auch Heyn angerannt. «Ist alles in Ordnung mit Euch, Frau Marysa?»
«Nein», antwortete sie so gefasst wie möglich. «Natürlich nicht. Aber lassen wir das. Ich fürchte, es hat ein schlimmes Missverständnis gegeben, und nun beschuldigt man den Meister Schreinemaker, ein Betrüger zu sein.»
«Meister Schreinemaker?», wunderte Heyn sich.
Marysa nickte kurz. «Christoph Schreinemaker ist ein Meister
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