Das Silmarillion
Maedhros gab keine Antwort, denn er suchte nun das Bündnis und die Einigung; Celegorm und Curufin aber gelobten öffentlich, Thingol würden sie erschlagen und sein Volk vernichten, wenn sie siegreich aus dem Kriege heimkehrten und der Stein nicht freiwillig ausgeliefert werde. Da befestigte Thingol die Grenzen seines Reiches, und er zog nicht in den Krieg, noch irgendeiner aus Doriath, bis auf Mablung und Beleg, denen es widerstrebte, dass sie an so großen Taten keinen Anteil nehmen sollten. Ihnen gab Thingol Erlaubnis, zu gehen, sofern sie nicht den Söhnen Feanors dienten, und sie gesellten sich zu Fingons Schar.
Doch hatte Maedhros Unterstützung von den Naugrim, die sowohl eine Streitmacht als auch große Vorräte an Waffen schickten; und die Schmieden von Nogrod und Belegost waren in jenen Tagen geschäftig. Und Maedhros sammelte seine Brüder um sich und alles Volk, das sich ihnen anschließen wollte; und die Menschen Bórs und Ulfangs wurden für den Krieg geübt und gerüstet, und sie riefen noch mehr von ihren Stammverwandten aus dem Osten herbei. Überdies saß im Westen Fingon, der von jeher Maedhros’ Freund gewesen, und er sprach sich mit denen in Himring ab, und in Hithlum rüsteten die Noldor und die Menschen aus Hadors Geschlecht zum Kriege. Im Walde von Brethil sammelte Halmir seine Männer, der Fürst des Volkes von Haleth, und sie schliffen ihre Äxte; doch Halmir starb, ehe der Krieg begann, und sein Sohn Haldir regierte das Volk. Und auchnach Gondolin kam Nachricht, zu Turgon, dem verborgenen König.
Doch Maedhros ließ es zu früh zur Kraftprobe kommen, ehe seine Pläne ganz ausgereift waren; und obgleich die Orks aus allen nördlichen Gebieten von Beleriand vertrieben wurden und sogar Dorthonion für eine Weile freikam, war doch Morgoth nun vor der Erhebung der Eldar und der Elbenfreunde gewarnt und richtete seine Pläne auf sie ein. Viele Spione und Verräter schickte er unter seine Feinde, was ihm jetzt umso leichter fiel, als die treulosen Menschen, die insgeheim ihm gehorchten, schon tief in die Geheimnisse von Feanors Söhnen eingeweiht waren.
Zuletzt beschloss Maedhros, nachdem er alle Streitkräfte der Elben, Menschen und Zwerge, die er aufbieten konnte, versammelt hatte, Angband von Osten und Westen her anzugreifen; und er gedachte, in offener Schlachtordnung und mit entrollten Fahnen über Anfauglith zu marschieren, und wenn, wie er hoffte, Morgoths Heere herausgelockt wären, um ihm zu begegnen, dann sollte Fingon aus den Pässen von Hithlum hervorbrechen, so dass sie Morgoths Streitmacht wie zwischen Hammer und Amboss zerschlagen könnten. Und zum Zeichen des Beginns sollte ein großes Leuchtfeuer über Dorthonion abgebrannt werden.
Am verabredeten Tage, am Mittsommermorgen, grüßten die Trompeten der Eldar den Sonnenaufgang; und im Osten wurde die Standarte der Söhne Feanors erhoben und im Westen die Standarte Fingons, des Hohen Königs der Noldor. Dann blickte Fingon von den Wällen von Eithel Sirion heraus, und sein Heer war in den Tälern und Wäldern an der Ostseite der Ered Wethrin aufmarschiert, wohlverborgen vor den Augen des Feindes; Fingon aber wusste, dass es sehr groß war. Denn all die Noldor von Hithlum waren da versammelt, und mit ihnen Elben von Falas und Gwindors Häuflein aus Nargothrond, und eine große Streitmacht der Menschen: Zur Rechten lagerte das Heer von Dor-lómin mit all den Tapferen um Húrin und seinen Bruder Huor, und zu ihnen hatte sich Haldir aus Brethil mit vielen seiner Waldläufer gesellt.
Dann blickte Fingon nach Thangorodrim hin, und es lag unter einer dunklen Wolke, und ein schwarzer Rauch stieg auf; und er wusste, dass Morgoths Wut geweckt und ihre Herausforderung angenommen war. Ein Schatten des Zweifels fiel auf Fingons Herz, und er blickte gen Osten, ob er nicht mit seinen Elbenaugen den Staub von Anfauglith vor Maedhros’ Scharen könnte aufsteigen sehen. Er wusste nicht, dass Maedhros durch Uldor den Verfluchten aufgehalten wurde, der ihn mit falschen Warnungen vor Angriffen aus Angband täuschte.
Nun aber hub ein Geschrei an, das der Wind aus Süden von Tal zu Tal weitertrug, und Elben und Menschen erhoben die Stimmen in Staunen und Freude. Denn unaufgefordert und unerwartet hatte Turgon die Tore von Gondolin geöffnet und war mit einem Heer von zehntausend Mann gekommen, mit schimmernden Panzern und langen Schwertern und einem Wald von Speeren. Als Fingon nun von weitem die große Trompete Turgons, seines Bruders, hörte, da
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