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Das Silmarillion

Das Silmarillion

Titel: Das Silmarillion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien , Christopher Tolkien
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bringen; Nienor aber hieß man zurückbleiben. Doch wie ihr ganzes Haus war auch sie ohne Furcht; und zu böser Stunde, hoffend, dass Morwen umkehren werde, wenn sie sähe, dass ihre Tochter mit ihr in die Gefahr gehen wollte, verkleidete sie sich und zog als einer der Grenzwächter mit hinaus auf jenen unseligen Ritt.
    An den Ufern des Sirion holten sie Morwen ein, und Mablung flehte sie an, nach Menegroth zurückzukehren; doch verdammt war sie und ließ sich nicht umstimmen. Nun wurde auch Nienor erkannt, und Morwens Befehl zum Trotz wollte sie nicht umkehren; und Mablung brachte sie notgedrungen zu den versteckten Booten an den Dämmerseen, und sie setzten über den Sirion. Und nachdem sie drei Tage lang geritten waren, kamen sie zum Amon Ethir, dem Hügel der Späher, den vor Zeiten Felagund unter großen Mühen hatte aufwerfen lassen, eine Meile vor den Toren von Nargothrond. Dort umgab Mablung Morwen und ihre Tochter mit einem Ring von Berittenen und verbot ihnen, weiterzugehen. Er aber, da er von dem Hügel aus keine Spurdes Feindes erblickte, stieg mit seinen Kundschaftern zum Narog hinab, so heimlich sie es vermochten.
    Glaurung aber wusste von allem, was sie taten, und er kam in heißem Zorn hervor und warf sich in den Fluss; und eine große Wolke von Dunst und Gestank stieg auf, in der Mablung und seine Gefährten blind umherirrten. Dann kam Glaurung nach Osten über den Narog.
    Als die Wachen auf dem Amon Ethir den Drachen hervorbrechen sahen, wollten sie Morwen und Nienor wegführen und schnellstens mit ihnen nach Osten fliehen; doch der Wind trug die giftigen Nebel zu ihnen herüber, und vor dem Drachendunst gingen die Pferde durch, in alle Richtungen auseinanderstiebend; manche Reiter wurden an Bäumen zu Tode geschmettert, andre wurden weit davongetragen. So gingen die beiden Frauen verloren, und von Morwen gelangte später keine verlässliche Meldung mehr nach Doriath. Nienor aber, die von ihrem Pferd abgeworfen wurde, doch unverletzt blieb, ging zurück zum Amon Ethir, um dort auf Mablung zu warten, und so kam sie ins Sonnenlicht über den Dünsten; und als sie nach Westen sah, starrte sie geradewegs in Glaurungs Augen, dessen Kopf auf dem Gipfel des Hügels lag.
    Eine Zeitlang widerstand ihm ihr Wille, doch er bot seine Macht auf, und nachdem er erfahren hatte, wer sie war, zwang er sie, ihm in die Augen zu sehen, und er legte einen Bann von Dunkel und Vergessen auf sie, so dass sie sich an nichts erinnern konnte, was je mit ihr geschehen war. Sie wusste nicht mehr ihren eigenen noch irgendeines Dinges Namen, und viele Tage lang konnte sie weder hören noch sehen noch sich aus eigenem Willen bewegen. Dann ließ Glaurung sie allein auf dem Amon Ethir stehen und kroch zurück nach Nargothrond.
    Mablung, der kühn genug gewesen war, Felagunds Hallen zu erkunden, als Glaurung sie verlassen hatte, entfloh nun von dort, als der Drache wiederkam, und kehrte zum Amon Ethir zurück. Die Sonne ging unter, und die Nacht brach herein, als er den Hügel erstieg, und dort fand er niemanden bis auf Nienor, die allein unter den Sternen stand wie eine Figur aus Stein. Kein Wort sprach oder verstand sie, doch folgte sie ihm, als er sie bei der Hand nahm. In großem Schmerz führte er sie so davon, obgleich es ihm sinnlos schien, denn hilflos in der Wildnis schienen sie beide verdammt, umzukommen.
    Doch drei von Mablungs Gefährten fanden sie, und langsam wanderten sie zusammen nach Norden und Osten, zu den Grenzen von Doriath hin, die jenseits des Sirion und der bewachten Brücke nahe der Mündung des Esgalduin lagen. Allmählich kehrten Nienors Kräfte wieder, als sie sich Doriath näherten, doch immer noch konnte sie weder sprechen noch hören und war blind, so dass man sie führen musste. Als sie aber der Grenze ganz nahe kamen, da endlich schlossen sich ihre starr blickenden Augen, und sie fiel in Schlaf; und sie legten sie nieder und ruhten ebenfalls, ohne Wache, denn sie waren ganz und gar erschöpft. Dort wurden sie von einer Bande Orks überfallen, die sich nun oft schon bis hierher vorwagten. In jener Stunde aber fand Nienor Gehör und Gesicht wieder, und, von den Schreien der Orks geweckt, sprang sie voll Entsetzen auf und floh, ehe sie über ihr waren.
    Dann jagten die Orks hinter ihr drein und die Elben hinter den Orks; und sie überholten die Orks und erschlugen sie, ehe sie ihr etwas antun konnten; Nienor aber entkam ihnen. Denn sie rannte wie in einer Raserei der Angst, schneller als ein Hirsch, und

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