Das Silmarillion
die in Reih und Glied marschierten, und die Elben von Ossiriand versteckten sich und hielten sie nicht auf. Als Marach aber hörte, dass Beors Volk in einem grünen und fruchtbaren Lande lebte, zog er die Zwergenstraße entlang und ließ sich im Süden und Osten des Gebiets nieder, wo das Volk von Baran, Beors Sohn, wohnte; und beide Völker lebten miteinander in enger Freundschaft.
Felagund selbst kam oft zurück, um die Menschen zu besuchen, und viele andere Elben aus den Westlanden, Noldor wie Sindar, reisten nach Estolad, begierig, die Edain zu sehen, deren Ankunft vor so langer Zeit schon geweissagt worden war. Die Atani, das Zweite Volk, hießen die Menschen in der Wissenschaft von Valinor, wo von ihrer Ankunft die Rede war; in der Sprache von Beleriand aber wurde dieser Name zu Edain, und er wurde nur für die drei Völker der Elbenfreunde gebraucht.
Fingolfin als König aller Noldor sandte den Menschen eine Willkommensbotschaft, und darauf zogen viele junge und tatenlustige Männer der Edain fort und nahmen Dienst bei den Königen und Fürsten der Eldar. Unter ihnen war Malach, Marachs Sohn, der vierzehn Jahre lang in Hithlum lebte; er erlernte die Elbensprache und erhielt den Namen Aradan.
Die Edain blieben in Estolad nicht lange ruhig, denn viele wollten noch weiter nach Westen; doch kannten sie den Weg nicht. Vor ihnen lag der Grenzgürtel von Doriath und weiter südlich der Sirion mit seinen undurchdringlichen Sümpfen.Die Könige der drei Häuser der Noldor, die von den Söhnen der Menschen eine Verstärkung erhofften, sandten daher Nachricht, dass jeder der Edain, der wolle, kommen und unter ihrem Volk leben möge. So begannen die Wanderungen der Edain: Zuerst waren es nur wenige, dann aber machten ganze Familien und Sippen sich auf und verließen Estolad, bis nach etwa fünfzig Jahren viele Tausende in die Länder der Könige gezogen waren. Viele von ihnen schlugen den langen Weg nach Norden ein, bis ihnen die Wege besser bekannt waren. Das Volk Beors kam nach Dorthonion und lebte in den Ländern, die vom Hause Finarfin regiert wurden. Das Volk Aradans (denn Marach, sein Vater, blieb bis zu seinem Tode in Estolad) zog zum größten Teil nach Westen weiter; und manche kamen nach Hithlum, doch Magor, Aradans Sohn, und viele von seinem Volk gingen den Sirion hinunter und nach Beleriand hinein, wo sie eine Zeitlang in den Tälern an den Südhängen der Ered Wethrin blieben.
Es heißt, in all diesen Dingen habe sich außer Finrod Felagund niemand mit König Thingol beraten, und schon aus diesem Grunde war er wenig erbaut; überdies hatten ihn Träume von der Ankunft der Menschen schon beunruhigt, ehe noch die ersten Nachrichten von ihnen kamen. Er befahl daher, dass die Menschen keine Wohngebiete nehmen dürften außer im Norden und dass die Fürsten, denen sie dienten, für all ihr Tun verantwortlich zu halten seien. Und er sagte: »Nach Doriath soll kein Mensch kommen, solange mein Reich dauert, nicht einmal die aus dem Hause Beors, die unserm guten Freund Finrod dienen.« Melian sagte damals nichts zu ihm, später aber sagte sie zu Galadriel: »Nun eilt die Welt großen Dingen entgegen. Und einer von den Menschen, sogar einer aus Beors Haus, wird dennoch kommen, und Melians Gürtel wird ihn nicht aufhalten, denn einSchicksal, größer als meine Macht, sendet ihn; und die Lieder, die aus seiner Ankunft entspringen, werden noch dauern, wenn ganz Mittelerde anders sein wird.«
Viele Menschen blieben jedoch in Estolad, und lange Jahre über lebte dort noch ein Mischvolk, bis es im Untergang von Beleriand überwältigt wurde oder zurück in den Osten floh. Denn abgesehen von den Alten, welche meinten, dass für sie die Zeit des Wanderns vorüber sei, gab es nicht wenige, die ihrer eigenen Wege zu gehen wünschten, und sie fürchteten die Eldar und das Licht ihrer Augen; und dann erwachten Zwistigkeiten unter den Edain, worin man den Schatten Morgoths erkennen mag, denn gewiss ist, dass er von der Einwanderung der Menschen nach Beleriand und ihrer wachsenden Freundschaft mit den Elben wusste.
Die Anführer der Unzufriedenen waren Bereg aus dem Hause Beors und Amlach, einer von Marachs Enkeln, und sie sagten unverhohlen: »Weit sind wir gewandert, um den Gefahren von Mittelerde und den dunklen Wesen, die dort leben, zu entkommen, denn wir hatten gehört, Licht sei im Westen. Nun aber hören wir, das Licht sei jenseits des Meeres. Dorthin können wir nicht gehen, wo die Götter in Glückseligkeit
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