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Das Silmarillion

Das Silmarillion

Titel: Das Silmarillion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien , Christopher Tolkien
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gegen die Orks erschlagen, und Haldar, der hinausstürzte, um seines Vaters Leichnam vor ihrem Schlächterwerk zu retten, wurde neben ihm niedergehauen. Nun hielt Haleth die Leute beisammen, obgleich keine Hoffnung mehr war; und manche stürzten sich in die Flüsse und ertranken. Doch sieben Tage später, als die Orks zum letzten Ansturm kamen und schon durch die Palisaden gebrochen waren, erschallten plötzlich Trompeten, und Caranthir kam mit seinem Heer von Norden und trieb die Orks in die Flüsse.
    Caranthir sah nun die Menschen freundlicher an und erwies Haleth hohe Ehren; und er bot ihr Entschädigung für ihren Vater und Bruder. Und da er nun allzu spät erkannte, welcher Mut in den Edain steckte, sagte er zu ihr: »Wenn ihr hier fortzieht und euch weiter im Norden ansiedelt, so habt ihr die Freundschaft und den Schutz der Eldar, und freies Land steht euch zur Verfügung.«
    Haleth aber war stolz und nicht geneigt, sich beschirmen oder regieren zu lassen, und die meisten der Haladin waren gleichen Sinnes. Daher dankte sie Caranthir, erwiderte jedoch: »Mein Entschluss, Herr, ist schon gefasst; ich will fort aus dem Schatten der Berge und nach Westen gehen, wohin schon andre aus unserem Geschlecht gegangen sind.« Nachdem daher die Haladin alle von ihrem Volk, die vor den Orks in die Wälder geflohen waren und noch lebten, versammelt und die Reste ihrer Habe aus ihren verbrannten Gehöftenhervorgesucht hatten, wählten sie Haleth zur Anführerin; und sie führte sie schließlich nach Estolad, und dort wohnten sie eine Weile.
    Doch sie blieben ein Volk für sich, und bei Elben und Menschen hießen sie fortan immer nur das Volk Haleths. Haleth blieb ihre Führerin, solange sie lebte, doch sie heiratete nicht, und die Führung ging später an Haldan über, den Sohn ihres Bruders Haldar. Bald wollte Haleth wieder nach Westen weiterziehen, und obwohl ihr Volk in der Mehrzahl gegen diesen Plan war, führte sie es erneut fort; und sie wanderten ohne Schutz oder Hilfe von Seiten der Eldar, und nachdem sie den Celon und Aros überschritten hatten, zogen sie durch das gefahrvolle Land zwischen den Bergen des Grauens und dem Gürtel Melians. Wenn auch dieses Land damals noch nicht so schlimm war wie später, so war es doch kein Weg für sterbliche Menschen, denen niemand half, und nur unter Mühen und Verlusten brachte Haleth ihr Volk hindurch, indem sie es mit der Kraft ihres Willens vorantrieb. Als sie zuletzt über die Brithiach kamen, reute so manchen diese Reise bitterlich; doch gab es nun kein Zurück mehr. In den neuen Ländern nahmen sie daher ihr altes Leben wieder auf, so gut es ging; und sie lebten in freien Gehöften in den Wäldern von Talath Dirnen südlich des Teiglin, und manche wanderten weiter bis in das Reich von Nargothrond. Doch viele waren unter ihnen, welche die Frau Haleth verehrten und ihr zu folgen wünschten, wohin sie auch ginge, um unter ihrer Hoheit zu leben; und mit diesen zog sie in den Wald von Brethil, zwischen Teiglin und Sirion. Dorthin folgten in den späteren schlimmen Zeiten viele aus ihrem verstreuten Volk.
    Nun galt Brethil als ein Teil von König Thingols Reich, obgleich es nicht im Gürtel Melians lag, und Thingol hätteHaleth den Zutritt verweigert; Felagund aber, der Thingols Freundschaft genoss und der erfuhr, was Haleths Volk alles erlitten hatte, erwirkte diese Erlaubnis für sie: Sie dürften frei in Brethil wohnen, doch unter der Bedingung, dass sie die Übergänge über den Teiglin gegen alle Feinde der Eldar schützten und den Orks keinen Eingang in ihre Wälder gewährten. Worauf Haleth erwiderte: »Wo sind Haldad, mein Vater, und mein Bruder Haldar? Wenn der König von Doriath Freundschaft zwischen Haleth und jenen befürchtet, die ihre Anverwandten gefressen, dann sind die Gedanken der Eldar den Menschen fremd.« Und Haleth blieb in Brethil bis zu ihrem Tode; und ihr Volk warf über ihrem Grab in den Anhöhen des Waldes einen grünen Hügel auf, Tûr Haretha, das Grab der Frau, Haudh-en-Arwen in der Sprache der Sindar.
    So geschah es, dass sich die Edain in den Ländern der Eldar niederließen, manche hier, manche da, manche umherschweifend, manche sesshaft, in Sippen oder kleinen Völkern; und die meisten lernten bald die Sprache der Grauelben, sowohl für den täglichen Gebrauch, wenn sie unter sich waren, als auch in dem Bemühen vieler von ihnen, die Wissenschaft der Elben zu erfahren. Nach einiger Zeit aber sahen die Elbenkönige, dass es Elben wie Menschen nicht

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