Das Silmarillion
sein.
Daher schickte er einen Wolf auf die Brücke. Doch den tötete Huan lautlos. Sauron sandte die nächsten, einen nach dem andern, und einen nach dem andern packte Huan an der Kehle und tötete ihn. Dann schickte Sauron Draugluin, ein furchtbares Geschöpf, alt geworden im Unheil, Fürst und Stammvater der Werwölfe von Angband. Groß war seine Kraft, und lang und heiß der Kampf zwischen Huan und Draugluin. Zuletzt aber floh Draugluin in den Turm zurück und starb zu Saurons Füßen, und im Sterben sagte er zu seinem Herrn: »Huan ist da.« Nun wusste Sauron wie alle in jenem Lande wohl, welches Schicksal dem Jagdhund von Valinor bestimmt war, und es kam ihm in den Sinn, ob nicht er selbst es erfüllen könnte. Daher nahm er die Gestalt eines Werwolfes an, des mächtigsten, der je die Erde betreten. Und er kam hervor, den Übergang über die Brücke zu erkämpfen.
So grauenvoll war sein Nahen, dass Huan beiseitewich. Nun sprang Sauron Lúthien an, und sie fiel in Ohnmacht bei dem Funkeln seiner gierigen Augen und dem heißen Gestank seines Atems. Doch als er sie packte, warf sie im Fallen noch eine Falte ihres dunklen Mantels vor seine Augen; under taumelte, denn für einen Augenblick kam Schläfrigkeit über ihn. Da sprang ihn Huan an. Dort kam es zu dem Kampf zwischen Huan und dem Sauronswolf, und das Geheul und Gebell hallte in den Bergen wider, und die Späher an den Hängen der Ered Wethrin, jenseits des Tales, hörten es und fürchteten sich.
Doch kein Zauberbiss noch Hexenvers, nicht Gift noch Klaue noch Teufelskunst oder Unholdsstärke vermochten Huan aus Valinor zu besiegen; und er griff sich den Feind bei der Kehle und drückte ihn nieder. Nun wechselte Sauron die Gestalt, vom Wolf zur Schlange und vom Ungetüm zu seiner gewohnten Gestalt; doch nichts entzog ihn Huans Griff, es sei denn, er hätte seinen Leib ganz aufgeben wollen. Und ehe sein schwarzer Geist seine dunkle Hülle verließ, trat Lúthien herbei und drohte ihm, seines Gewandes Fleisch solle er entkleidet und, nur noch jammernder Geist, zu Morgoth heimgeschickt werden. »Auf ewig sei dort dein nacktes Selbst der Folter seines Hohns preisgegeben«, sagte sie, »durchlöchert von seinen Blicken, wenn du mir nicht deinen Turm auslieferst.«
Da ergab sich Sauron, und Lúthien bemächtigte sich der Insel mit allem, was darauf war; und Huan ließ ihn los. Und sogleich nahm er die Gestalt eines Vampirs an, groß wie eine dunkle Wolke vor dem Mond, und entfloh, während Blut aus seiner Kehle auf die Bäume tropfte, und er flog nach Taur-nu-Fuin und hauste da, das Land mit Greueln erfüllend.
Nun trat Lúthien auf die Brücke und erklärte ihre Macht: und der Zauber wurde gelöst, der Stein an Stein band, und die Tore fielen ein, und die Mauern öffneten sich, und die Verliese wurden freigelegt; und viele Knechte und Gefangene kamen heraus, voll Furcht und Staunens, die Augen gegen das blasse Mondlicht abschirmend, denn sie hatten lange in Saurons Dunkel gelegen. Beren aber kam nicht. Daher suchten ihn Huan und Lúthien auf der ganzen Insel, und Lúthien fand ihn, wie er bei Felagund trauerte. So tief war sein Schmerz, dass er still dalag und ihre Schritte nicht hörte. Da glaubte sie ihn tot und warf die Arme über ihn und fiel in ein Dunkel des Vergessens. Doch Beren, als er aus der Grube der Verzweiflung wieder ans Licht kam, hob sie auf, und wieder sahen sie einander; und der Tag, der über den dunklen Hügeln anbrach, schien auf sie herab.
Felagunds Leichnam begruben sie auf dem höchsten Hügel seiner Insel, die nun wieder rein war; und das grüne Grab, wo Finrod, Finarfins Sohn, ruhte, der schönste aller Elbenprinzen, blieb unangetastet, bis das Land verwandelt und zerbrochen wurde und in vernichtenden Meeren unterging. Finrod aber wandelt mit Finarfin, seinem Vater, unter den Bäumen von Eldamar.
Nun waren Beren und Lúthien Tinúviel wieder frei, und zusammen zogen sie durch die Wälder, Liebesfreuden erneuernd. Zwar kam der Winter, doch ihnen tat er nicht weh, denn die Blumen welkten nicht, wo Lúthien ging, und die Vögel sangen unter den schneeweißen Hügeln. Der getreue Huan aber kehrte zu Celegorm, seinem Herrn, zurück, wenn auch die Liebe zwischen ihnen gemindert war.
Aufruhr herrschte in Nargothrond. Denn viele Elben kehrten nun dorthin zurück, die auf Saurons Insel gefangen gesessen hatten; und ein Schelten wurde laut, das keine Rede Celegorms beschwichtigen konnte. Bitter beklagten sie das Ende Felagunds, ihres
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