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Das Skript

Das Skript

Titel: Das Skript Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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stellen, um das bedrohliche Gefühl, nicht atmen zu können, zumindest ein wenig zu lindern. Ebenso wie beim ersten Mal war es ihr unmöglich, sich zu bewegen. Allerdings hatte sie die Mauer nun im Rücken und konnte den Raum überblicken, soweit es das wenige Licht zuließ. Vielmehr
musste
sie den Raum überblicken, denn das Monster hatte ihre Lider hochgezogen und so festgeklebt, dass ihre Augen nun übernatürlich weit geöffnet in den Raum starrten. Was immer passieren sollte – sie würde es sich ansehen müssen. Sie konnte nicht einmal mehr blinzeln.
    Als das Monster auf die Stelle zuging, an der sie kurz zuvor eine Bewegung wahrgenommen hatte, vergaß sie für einen Moment ihre Schmerzen. Denn von dort kam ein seltsam dumpfes Stöhnen. Sie konnte nichts erkennen, konnte die Bewegungen mehr erahnen als sehen. Schabende, schleifende Geräusche, ein erneutes Aufstöhnen, dann taumelte eine Gestalt in den Raum hinein. Wie sie selbst war die Frau nackt, und ihr schoss der Gedanke durch den Kopf, dass sie ihren Rücken gar nicht sehen, dass sie in einer Art Selbstschutz des Verstandes gar nicht wissen wollte, was man auch ihr angetan hatte. Die Arme der Frau waren so nach hinten gebogen, dass ihre Hände gefesselt sein mussten, sie zitterte am ganzen Körper, Mund und Augen hatte das Monster ihr mit breiten Streifen Klebeband zugeklebt. Sie hatte den Kopf in den Nacken gelegt, vielleicht ein Versuch, unter dem Klebeband hindurch etwas sehen zu können. Ihre kurzen Haare klebten ihr am Kopf, die sichtbaren Stellen ihrer Gesichtshaut waren wie der Rest des Körpers schmutzig und mit Blutergüssen und Schürfwunden übersät. Erst als die Frau noch weiter auf sie zugeschoben wurde, erkannte sie die dünne Drahtschlinge um deren Hals, eine Art Garotte, deren Enden das Monster fest in der Hand hielt. Als der Draht sich in ihr Fleisch drückte, blieb die Frau stehen und gab einen Laut wie ein verwundetes Tier von sich. Eine Hand tauchte seitlich neben ihrem Kopf auf, packte ein Ende des Streifens über ihren Augen und riss ihn mit einem Ruck ab. Die Frau schrie dumpf gegen die geschlossenen Lippen ihres verklebten Mundes an, blinzelte verstört mit verkniffenen, geschwollenen Augen, während ihr Tränen über die Wangen rannen. Dann starrten sie sich an, und die Panik stand deutlich in den nun weit aufgerissenen Augen ihres Gegenübers.
    »Sieh her«, sagte das Monster und machte eine abrupte Bewegung mit den Armen. Die Frau vor ihr bäumte sich ruckartig auf, als die Schlinge tief in ihren Hals schnitt. Innerhalb von Sekunden verfärbte sich ihr Gesicht dunkelrot. Sie lehnte den Oberkörper zurück, und das Monster lockerte sogleich die Spannung. Die Frau verlor das Gleichgewicht und stolperte rückwärts, schwankte, prallte mit dem nackten Gesäß auf den Boden. Sofort zog das Monster sie jedoch an der Schlinge wieder ein Stück nach oben. Ihr ganzes Gewicht hing nun in dem Draht um ihren Hals, Blut quoll rundum aus der Stelle, wo das dünne Material in ihr Fleisch eingedrungen war, und bildete innerhalb von Sekunden einen dunkelroten, glänzenden Kragen. Die Augen der Frau wurden auf grauenvolle Weise größer und runder, schienen aus den Höhlen zu treten.
    Sie konnte den furchtbaren Anblick nicht mehr ertragen, sie wollte die Augen schließen, doch die Klebestreifen hielten sie gnadenlos offen. Sie blickte zur Seite, so weit es ging, doch die Bewegungen waren noch immer am Rand ihres Gesichtsfeldes zu erkennen, und etwas in ihr zwang ihren Blick immer wieder zurück zu der Frau, als würde er von einem grausamen Magneten angezogen. Sie weinte, sie schrie, sie flehte das Monster an, damit aufzuhören – und musste jedes fürchterliche Detail des Todeskampfes der Frau mit ansehen. Sie sah, wie das Monster mit aller Kraft zog, wie der Körper der Frau vollends in der Schlinge hing und sie anfing, mit den Beinen um sich zu treten. Ihre Fersen knallten mit knirschenden Geräuschen auf den Steinboden. Immer hektischer, immer unkontrollierter und zuckender wurden ihre Bewegungen. Die Augen waren nun blutrot unterlaufen, die Zunge hing ihr aus dem Mund, an den Mundwinkeln drang schaumiger Speichel hervor. Sie starrte die Szene mit nackten Augen an und hatte nur noch den Wunsch, es möge vorbei sein und der Tod würde diese arme Frau endlich erlösen. Endlich, endlich wurden ihre Bewegungen langsamer, abgehackter.
    Noch einmal bog die Frau den Oberkörper durch, ein letztes Mal zuckten ihre Beine, dann gab sie ein

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