Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Sonnentau-Kind

Das Sonnentau-Kind

Titel: Das Sonnentau-Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Luepkes
Vom Netzwerk:
Einmal war er mit seinen beiden Pflegekindern bei mir im Moor, ich habe eine Privatführung gemacht. Ich habe gesagt, dass ich den Heiliger-Hof sehr schön finde, da hat er mich eingeladen.» So, dabei wollte Jakob es lieber belassen. Er hatte die Wahrheit gesagt. Zwar hatte er das Wesentliche für sich behalten, doch niemand konnte ihm einen Strick daraus drehen. «Ob er nun Selbstmord begangen hat oder nicht, kann ich aufgrund unserer sehr beschränkten Bekanntschaft beim besten Willen nicht beurteilen. Verstehst du?»
    Sie nickte und schaute ihn durchdringend an. Er hatte den Eindruck, dass sie ihm nicht so recht glaubte. Was sollte das hier eigentlich werden? Ein Verhör?
    Das kleine Kind machte sich derweil an der nur angelehnten Tür zu schaffen. Auf und zu, auf und zu. Schließlich krabbelte der Junge aus dem Zimmer. Das Kindermädchen stellte sich wachsam in den Türrahmen und beobachtete ihren Schützling, der in Richtung Gemeinschaftsküche unterwegs war.
    «Warum willst du da eigentlich etwas herausfinden? Bist du Hobbydetektivin? Oder warst du … na ja, war dieser Aurel dir irgendwie wichtig?»
    «Ob wir ein Paar waren, meinst du?»
    «Keine Ahnung, was ich meine. Mir ist die ganze Sache im Grunde ziemlich egal. Du bist es schließlich, die hier auftaucht und mit mir über Aurel sprechen will.»
    Wieder schaute sie so komisch. Wie sollte er sie nur loswerden? Es passte Jakob ganz und gar nicht, dass sie ausgerechnet ihn als ihren Verbündeten ausgewählt zu haben schien.
    «Hat er dir mal irgendetwas über seine Familie erzählt?»
    Jakob schüttelte den Kopf.
    «Oder weißt du, ob er neben seinem Au-pair-Job noch einen anderen Grund hatte, um nach Deutschland zu kommen?»
    «Er war ständig mit dem Rad unterwegs. Das schien ihm sehr wichtig zu sein. Ich habe ihn meist im Gebiet des Marscher Tiefs getroffen, dort, wo das Heikeschloot als Verbindung zwischen dem Großen Meer und der Hieve fließt. Das ist am südwestlichen Seeufer, gut zwölf Kilometer vom Heiliger-Hof entfernt, er hat also ganz schöne Entfernungen zurückgelegt.»
    «Das meine ich nicht. Ich glaube, dass er irgendeinen Auftrag oder so hatte. Er sprach davon, etwas für seine Familie erledigen zu müssen. Ich dachte, dass du vielleicht …»
    «Nein», sagte Jakob knapp und versuchte, weiterhin einen desinteressierten Eindruck zu vermitteln.
    Anette kam mit genervtem Gesichtsausdruck aus der Küche. «Kann mal jemand den kleinen Meisterkoch bändigen? Er wollte mich gerade mit dem Nudelholz attackieren.»
    Sofort war Anivia zur Stelle und nahm das Kind auf den Arm. «Entschuldige, ich passe jetzt besser auf. Wir waren gerade im Gespräch …»
    «Beziehungskrise?», kam es schnippisch von Anette.
    «Nein, wir sind kein Paar.» Anivias Stimme klang geradezu erschreckt. «Ich frage ihn nach Aurel Pasat.»
    «Ach, der Tote vom Helliger-Hof?»
    «Du kennst ihn?»
    Jakob zog sich etwas zurück. Weiber unter sich, dachte er und wünschte fast, es wäre doch seine Mutter gewesen, die ihm einen Überraschungsbesuch abgestattet hätte.
    «Es stand in der Zeitung. Und ich kannte ihn vom Sehen. Ein süßer Kerl. Schade um ihn. War immer mit dem Fahrrad hier … Aber das hat Jakob ja sicher schon erzählt.»
    Die Besucherin nickte. Sie machte ihre Sache verdammt gut. Gleich würde Anette weiterplaudern, so viel stand fest.
    «Er hatte immer diesen großen Rucksack dabei, wenn ich ihn traf.»
    Anivia horchte auf. «Einen vollen Rucksack?»
    «Jein. Nur wenn er in Richtung Westen unterwegs war. Einmal traf ich ihn auf dem Rückweg, da war der Rucksack meines Erachtens leer. Und das war schon sonderbar. Ein unüblicher Ballast eigentlich, sollte es ihm beim Radfahren lediglich um sportliche Ertüchtigung gegangen sein.»
    Prompt lieferte seine Besucherin die Schlussfolgerung: «Dann wird er aus einem anderen Grund unterwegs gewesen sein.»
    Anette nickte. «Kam mir so vor. Vielleicht hat er gepicknickt?» Sie stoppte kurz und schaute erschreckt. «Meinst du, das ist irgendwie relevant?»
    Das Au-pair-Mädchen stutzte: «Relevant? Was ist das?»
    Jakob mischte sich ein: «Sie kommt aus Serbien. Ist auch ein Kindermädchen …»
    Anette formulierte um. «Glaubst du, es ist wichtig, dass ich ihn gesehen habe? Aber warum? Er hat sich doch umgebracht, stand jedenfalls auf Seite eins.»
    Anivia schüttelte energisch den Kopf: «Ich glaube das nicht. Wie oft hast du ihn getroffen?»
    «Viermal vielleicht.»
    «Du auch, Jakob?»
    Er nickte und zeigte mit den

Weitere Kostenlose Bücher