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Das Sonnentau-Kind

Das Sonnentau-Kind

Titel: Das Sonnentau-Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Luepkes
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Information war. Sie schlug die Beine übereinander, legte sich einen Finger unter das Kinn und schaute ausdruckslos aus dem Fenster. Und innerlich – dies wusste Axel Sanders, er kannte sie so gut –, innerlich sprudelte sie vor Wissbegierde und hätte Britzke das Protokoll wahrscheinlich zu gern aus den Händen gerissen.
    «Und?», fragte Axel Sanders nach, weil alle anderen schwiegen. Es war klar, der ganze Kollegenkreis hatte von dem Disput zwischen Wencke und ihm erfahren, sie waren ja auch nicht eben leise gewesen. Und nun knisterte es gewaltig, nun standen sie unter Beobachtung, jeder in diesem Raum wusste, was zwischen ihnen beiden, den altbekannten Kontrahenten, in diesem Moment passierte.
    «Und, was hat Rieger in seinem Institut herausgefunden?»
    «Er bestätigt unsere Selbstmordtheorie. Tod durch Unterbrechung von Sauerstoff- und Blutzufuhr zum Gehirn, eindeutig aufgrund der Strangulation mit dem Strick.» Britzke blätterte um und klopfte mit dem Kugelschreiber auf das nächste Blatt, als bekäme der Inhalt dieses Schreibens dadurch noch mehr Gewicht. «Die Strangulationsfurche ist nicht ganz eindeutig, sie zeichnet sich weiter unten am Hals mit starken Unterblutungen ab, die höheren Male sind später entstanden und waren wahrscheinlich tödlich, denn hier zeigen sich keine Hämatome mehr. Der Strick scheint also verrutscht zu sein, so zirka um zwei bis drei Zentimeter. Sein Zungenbein ist ebenfalls nicht gebrochen.»
    «Und worauf lässt das schließen?»
    «Rieger meint, der Junge hat es nicht richtig angestellt. Der Knoten war ungünstig, er zog sich nicht richtig zusammen. Außerdem hat er sich wohl nicht hart genug in die Schlinge fallen lassen, deswegen kein Bruch. Der arme Kerl hat wahrscheinlich ziemlich lange gelitten.»
    Niemand sagte etwas. So erfahren diese Mannschaft in Tötungsdelikten auch war, wenn die Obduktionsberichte die Sache beim Namen nannten, waren alle immer irgendwie sprachlos. Zum Glück beherrschte Britzke die Kunst, es beim Vorlesen sachlich klingen zu lassen.
    «An Aurel Pasats Leiche wurden keinerlei Gewalteinwirkungen festgestellt. Keine Drogen, Beruhigungsmittel oder sonstige Dinge, die ihn so hätten benebeln können, dass er sich nicht wehren konnte. Fest steht also: Wäre er von jemandem gegen seinen Willen dort aufgehängt worden, dann hätte er sich mit Sicherheit gewehrt. Und das hätte Spuren hinterlassen. Aber in diesem Fall ist da nichts.»
    «Gar nichts?», hakte Sanders noch einmal nach und kassierte dafür ein genervtes Augenrollen von Wencke.
    «Nichts.» Britzke klappte die Mappe zu und lehnte sich zurück. Doch gerade als Axel das Gespräch auf das Penny- Fundament lenken wollte, schnellte Meint Britzke wieder nach vorn und schüttelte den Kopf. «Ach doch, eine Kleinigkeit war da noch.» Flink fanden seine Finger eine Seite im letzten Drittel der rechtsmedizinischen Ausführungen. «Unter Allgemeinzustand steht da was.»
    Jetzt gab Wencke ihr zur Schau gestelltes Desinteresse auf und beugte sich nach vorn, die Augenbrauen sehr weit nach oben gezogen. Doch sie sagte nichts. Brauchte sie auch nicht. Jeder wusste, sie würde nicht lockerlassen in diesem Fall. Egal, was Britzke nun doch noch berichtete, sie würde es wieder als ein Indiz zu ihren Gunsten auswerten. Weil sie sich in den Kopf gesetzt hatte, diesen Fall hier zu verkomplizieren.
    «Rieger schreibt, der Körper des Jungen litt zur Zeit des Todes unter Elektrolyt-Mangel.»
    «Was heißt das?», fragte Sanders.
    «Mangel an Calcium, Magnesium und anderen Mineralien. Er wird sich etwas schwindelig gefühlt haben, vielleicht hatte er auch leichte Krämpfe in der Muskulatur.»
    «Und wodurch kann es ausgelöst worden sein?»
    «Vielleicht hat er kurz vorher Sport getrieben, Rieger nennt es in seiner Abhandlung etwas antiquarisch Er ist vermutlich vor seinem Tod einer körperlichen Ertüchtigung nachgegangen. Also ich vermute mal, er ist gerannt, gejoggt oder …»
    «… Fahrrad gefahren …», warf Wencke lässig ein und schaute durchdringend in Axel Sanders’ Richtung. Na also, da hatte sie ihr Indiz. Das war ja klar gewesen.
    Britzke las unbeirrt weiter. «Und wenn man dann nicht genug trinkt oder sonst irgendwie den Elektrolyt-Haushalt ausgleicht, kann es zu Mangelerscheinungen kommen. Diese waren aber – und das betont Rieger mehrfach und ausdrücklich – nicht lebensgefährlich, sie kommen auf keinen Fall als Todesursache infrage.»
    Axel Sanders atmete auf. «Ich werte das als

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