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Das Sonnentau-Kind

Das Sonnentau-Kind

Titel: Das Sonnentau-Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Luepkes
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hm, könnte einem schon zusetzen … Aber nähere Details kann dir wohl eher die Rechtsmedizin liefern.»
    In diesem Moment beobachtete Wencke durch die offene Scheunentür den Hausmeister, er ging die Treppe hinauf, beladen mit irgendwelchen Leitern, Farbeimern und Werkzeugen. Es sah aus, als mache er sich an die Renovierung der oberen Etage. War Aurels Zimmer eigentlich noch versiegelt?
    «Warte einen Moment, Kerstin», sagte sie hastig ins Telefon, dann rief sie in Richtung Hausmeister: «Halt! Herr … hießen Sie nicht Holländer?»
    Der kräftige Glatzkopf blieb stehen und schaute mürrisch zu ihr hinüber. «Was gibt’s denn? Ich krieg lange Arme, wenn ich hier noch lange stehen muss …»
    «Ich hoffe, Sie gehen nicht in Aurels Zimmer.»
    «Hatte ich eigentlich vor. Der Chef hat gesagt, ich soll neu streichen.»
    «Sie werden heute etwas anderes machen müssen. Sie dürfen noch nicht dort hinein.»
    «Die Polizei hat’s erlaubt, der Kleber ist ab.»
    «Ich bin die Polizei, und ich sage: Finger weg, Herr Holländer!»
    Er zögerte kurz, dann wendete er auf der schmalen Holztreppe und ging langsam wieder hinab. Sein Blick sprach Bände. Er hielt nicht viel davon, hin- und hergeschickt zu werden. Wencke verzog keine Miene, als er so dicht an ihr vorbeiging, dass sie den Geruch von Schweiß und Wandfarbe in die Nase bekam. Als er außer Hörweite war, nahm sie wieder das Handy zum Ohr.
    «Kerstin, bist du noch da? Ich habe eine weitere Bitte.»
    «Für dich doch immer.»
    «In Aurel Pasats Zimmer habe ich einen Kasten Mineralwasser stehen sehen. Ich nehme mal an, ihr habt den Inhalt der Plastikflaschen nicht untersucht …»
    «Du meinst, jemand hat dem Jungen destilliertes Wasser in den Getränkevorrat gemischt? Na, das wäre ja ein Ding. Ich hab zwar noch was auf meinem Tisch liegen und dann auch irgendwann mal Feierabend, damit ich heim zum Töchterlein gehe und hoffe, dass sie mich noch erkennt, aber ich schicke gleich noch jemanden vorbei. Bist du vor Ort?»
    «Ja, ich warte im Innenhof. Von der Familie ist ohnehin niemand da und das Zimmer noch so gut wie versiegelt. Ist doch komisch, dass Helliger schon einen Tag nach dem Todesfall die Bude renovieren lassen will.»
    «In der Tat.»
    Wencke war zum Jubeln zumute. «Ich danke dir, Kerstin. Ich glaube, damit hast du mir den Fall gerettet.»
    Doch diese winkte ab. «Immerhin war es deine Eingebung, der ich gefolgt bin.»
    «Egal. Du hättest dir Ärger einfangen können, weil du meinem etwas zu kurzen Dienstweg gefolgt bist. Axel Sanders hätte dir sicher die Ohren lang gezogen. Ich werde mich bei Gelegenheit mal mit einem Essen revanchieren, wenn du magst.»
    Kerstin zögerte kurz, dann hörte man sie angestrengt durchs Telefon atmen: «Apropos Axel Sanders.»
    «Was ist mit ihm? Hat er schon Probleme gemacht?»
    «Nein, es ist … Na ja, du wohnst doch mit ihm zusammen.»
    «Ja, aber das ist rein privat. Wir halten die dienstlichen Sachen sauber aus unserer kleinen WG raus. Er wird von mir nichts erfahren. Versprochen!»
    «Ja, das habe ich mir auch schon gedacht. Ich wollte eigentlich etwas von dir erfahren.»
    «Ja?»
    «Ist Axel Sanders eigentlich … Single?»
    «Was?»
    «Na, ob er noch zu haben ist …»
    Wencke war kurz sprachlos. War Kerstins unbürokratisches Entgegenkommen etwa nur ein Annäherungsmanöver gewesen? Um mehr über Axel zu erfahren? Über ihren Axel? Das war doch wohl die Höhe. Wencke musste sich zusammenreißen, um ihre Wut nicht direkt in den Telefonhörer zu zischen. Kurz überlegte sie, hatte diese Kerstin nicht ein Kind? Sie war auch alleinerziehend, daran konnte Wencke sich erinnern. Und an ihre langen schwarzen Haare, die schlanken Beine, die überaus klugen braunen Augen. Sie würde einfach phantastisch zu Axel Sanders passen. Optisch und überhaupt. Und Axel Sanders war solo. Seit Jahren schon.
    «Nein, tut mit leid. Axel hat eine Freundin, Fernbeziehung, er hängt sehr an ihr, spricht aber selten darüber.»
    «Ach so …», kam es verlegen aus dem Telefonhörer. Und dann wieder in anderem Tonfall: «Aber ich fände es auch nett, wenn wir mal essen könnten. Nur nicht so gern im Restaurant, mit dem Kind ist es so stressig … Vielleicht bei dir?»
    «Ich kann überhaupt nicht kochen», log Wencke, nuschelte irgendwas von « Twardokus ist doch nett, vielleicht besser da» und legte schließlich auf.
    Sie musste sich erst einmal wieder fangen und setzte sich auf die blaue Holzbank, die roten Rankblumen auf der Fensterbank

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