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Das Sonnentau-Kind

Das Sonnentau-Kind

Titel: Das Sonnentau-Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Luepkes
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Reise auf mich genommen. Es war nicht wegen Aurel, wenn ich ehrlich bin, natürlich habe ich ihn bewundert und meine ganze Hoffnung in ihn gesetzt, aber der wahre Grund, weshalb ich hier stehe und gegen meine Angst kämpfe, bist du, Ladislaus.
    Ich renne los. Mir bleiben nur wenige Sekunden, bevor die Männer zurückkehren. Das Scheunentor ist geöffnet, dahinter scheint es dunkel zu sein. Oder habe ich in dem Moment, in dem ich die Schwelle ins Innere passiert habe, instinktiv die Augen geschlossen?
    «Teresa!», höre ich eine Stimme, im selben Moment fühle ich eine schwere Hand, die sich von hinten auf meine Schulter legt. «Was machst du hier, Kind?»

Im Metallcontainer die Tür quietscht
    «Was haben wir dir denn getan? He, Jakob? Der Kleine und ich, wir … wir haben doch nichts getan!»
    Sie stemmte sich mit aller Gewalt von innen gegen die Tür. Obwohl er sie an Armen und Beinen gefesselt hatte, war es ihr gelungen, sich in den wenigen Sekunden, die er bis zum Ausgang gebraucht hatte, aufzurappeln und verschnürt wie eine Larvenpuppe hinter ihm herzuhüpfen. Er schob die Pforte zu. Ihre Kraft war zwar enorm, Angst machte stark, doch es würde ihr nicht reichen. Sie hatte keine Chance.
    Der rostige Riegel fand nur schwer den Weg in die Verankerung, da sich Tür und Zarge der alten Metallbehausung in den vielen Jahren verzogen hatten. Doch schließlich saß das Schloss so fest, dass Jakob fast Bedenken hatte, ob man es später wieder würde aufschieben können.
    Anivia pochte von innen gegen das Blech und brüllte in ihrer Muttersprache. Jetzt rastete sie aus.
    «Wenn du weiterhin so schreist, muss ich dir wohl was ins Maul stopfen. Und du willst doch nicht, dass ich mit deinem kleinen Schützling ebenso rabiat umgehen muss, damit er aufhört zu plärren, hm?»
    Die Drohung verfehlte ihre Wirkung nicht, Anivia verstummte endlich, bis auf ein klägliches Wimmern, nicht lauter als das Weinen des Kindes, das bewegungsunfähig in seinem Buggy festgeschnallt war. Aber ein bisschen Jammern wollte er ihr auch zugestehen. Immerhin musste es nun im Innern des alten Containers stockfinster sein. Die Fensterläden waren geschlossen, und die Stromversorgung war in diesem brachliegenden Lager schon seit Ewigkeiten gekappt. Ein scheußlicher Ort. Nicht zu vergleichen mit dem kunterbunten Kindergarten, den Sebastian Helliger nur wenige Kilometer entfernt eingerichtet hatte.
    Jakob rannte mit dem Kinderwagen los, die Handtasche seiner Gefangenen, die er ihr vor dem Fesseln gewaltsam hatte entreißen müssen, legte er dem verängstigten Kind in den Schoß. Vielleicht hatte sie neben dem ganzen Weiberkram auch etwas Wertvolles im Gepäck. Kohle, ein weiteres Handy, einen Fotoapparat, er konnte alles gut gebrauchen. Er hastete den versteckten Weg entlang, er musste sich beeilen. Es bestand die Gefahr, dass die Polizei auf der Suche nach dem Lager auch auf den alten Asylantenkasten hier stieß. Dann wäre seine kleine «Fluchtversicherung» hinfällig. Solange Anivia unentdeckt war und er diesen Jungen in seiner Gewalt hatte, blieb ihm die Chance, zu entkommen.
    Er war sich sicher, zuerst würden die Bullen sich heute den Schuppen des Moorkönigs vornehmen. Und was sie dort finden würden, wäre Grund genug für einen Riesenaufstand und die vorläufige Unterbrechung der Suche. Obwohl es sein konnte, dass es Holländer in der Zwischenzeit gelungen war, die Kinder zu evakuieren. Es war schon eine ganze Weile her, seit er Anivia in letzter Sekunde ins Gebüsch gezerrt hatte und der Lkw an ihnen vorbeigefahren war. Sie würden nicht alles mitnehmen können. Aber wie er Helliger einschätzte, würde dieser zuerst die Blagen entsorgen. Bis die Polizei eintraf, war vielleicht alles menschenleer, aber die Beamten würden mit Sicherheit eine ganze Weile suchen, nach Zurückgebliebenen, nach Hinweisen. Und dann würden sie sich erst auf den Weg zu den umliegenden, als Versteck tauglichen Gebäuden machen. Diese Zeit musste er nutzen, musste zur Bank nach Moordorf gelangen, sein Konto räumen und schließlich gemeinsam mit dem Kind zum Flieger rasen. Bremen war am nächsten. Aber er kannte sich besser im Osnabrücker Raum aus, vielleicht würde er zum Flugplatz nach Münster fahren. Und dann? Erst mal weg. Und wenn es nur Mallorca war. Den Jungen würde er im Boardingbereich zurücklassen. Scheißegal. Das Geld, das er für seine Kooperation bekommen hatte, reichte jedenfalls für ein paar Flüge, und vielleicht konnte er den alten

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