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Das soziale Tier

Das soziale Tier

Titel: Das soziale Tier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brooks
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können. Es ist respektlos ihnen gegenüber, einem selbst gegenüber und dem Baseball insgesamt, den wir alle von Kindesbeinen an spielten.
    Respekt. Viele Leute sagen, diese Ehre wäre eine Anerkennung meiner Karriere, aber ich habe nicht um der Anerkennung willen so hart trainiert. Ich habe nicht deshalb nach den Regeln gespielt, weil ich eine Belohnung vor Augen gehabt hätte. Ich habe fair gespielt, weil es sich so gehört, spiel nach den Regeln und mit Respekt. […] Wenn das irgendetwas bestätigt, dann das: Die Männer, die mir Baseball beibrachten, taten das, was ihre Pflicht war, und ich habe das getan, was meine Pflicht war.« 23
    Verantwortung
    Der intuitionistische Ansatz betont den Einfluss der Moral, die sich auf das Unbewusste auswirkt. Trotzdem ist er nicht deterministisch. Inmitten des Gewirrs unbewusster Kräfte lässt das intuitionistische Modell genügend Raum für Vernunft und Reflexion sowie persönliche Verantwortung.
    Diese neue Version persönlicher Verantwortung unterscheidet sich allerdings von den alten rationalistischen Konzeptionen moralischen Handelns mit ihrer starken Ausrichtung auf Logik und Willen. Verantwortung im intuitionistischen Verständnis lässt sich am besten durch zwei Metaphern veranschaulichen. Die erste ist die Muskel-Metapher: Wir kommen mit bestimmten Muskeln zur Welt, die wir aufbauen können, indem wir jeden Tag ins Fitnessstudio gehen. In ähnlicher Weise werden wir mit moralischen Muskeln geboren, die wir durch konsequente, stetige Übung guter Gewohnheiten stärken können.
    Die zweite Metapher ist die Kamera-Metapher: Joshua Greene von der Harvard University erklärt, dass seine Kamera automatische Einstellungen hat (»Porträt«, »Bewegung«, »Landschaft«), die die Verschlussgeschwindigkeit und den Brennpunkt verändern. Diese automatischen Einstellungen sind bequem und effizient, aber sie sind nicht sehr flexibel. Daher setzt sich Greene manchmal über die automatische Einstellung hinweg, indem er auf manuell umschaltet und die Verschlussgeschwindigkeit und die Brennweite von Hand einstellt. Der manuelle Modus ist langsamer, aber er ermöglicht ihm Dinge, die er mit der automatischen Einstellung nicht erreichen könnte. In der gleichen Weise wie die Kamera, so Greene, hätten auch wir automatische moralische Einstellungen. In entscheidenden Momenten könnten wir sie aber durch den langsameren Prozess bewusster Reflexion ersetzen. 24
    Anders gesagt: Obwohl unwillkürliche Reaktionen eine so wichtige Rolle spielen, haben wir Wahlmöglichkeiten. Wir können uns entscheiden, uns in Umgebungen aufzuhalten, in denen moralische Fähigkeiten gestärkt werden. Ein Mensch, der beschließt, Soldat oder Geistlicher zu werden, reagiert anders auf die Welt als ein Mensch, der beschließt, seine Zeit in Nachtklubs oder mit einer Straßengang zu verbringen.
    Wir können entscheiden, uns durch gezielte tägliche Übungen im Kleinen mental auf die Momente vorzubereiten, in denen uns große Opfer abverlangt werden.
    Wir können frei das Narrativ wählen, das wir über unser Leben erzählen. Wir werden in Kulturen, Nationen und Sprachen hineingeboren, die wir nicht frei gewählt haben. Wir werden mit gewissen biochemischen Stoffen im Gehirn und mit genetischen Anlagen geboren, die wir nicht kontrollieren können. Wir werden manchmal in soziale Situationen hineingestoßen, die wir verabscheuen. Aber auch wenn wir viele Dinge nicht kontrollieren können, haben wir doch eine gewisse Kontrolle über unsere Geschichten. Wir können uns für das Narrativ, mit dem wir unsere Wahrnehmungen strukturieren, bewusst entscheiden.
    Wir besitzen die Fähigkeit, Geschichten zu erzählen, die anderen das Menschsein teilweise absprechen, oder Geschichten, die das Menschsein erweitern. Renee Lindenberg war ein kleines jüdisches Mädchen in Polen während des Zweiten Weltkriegs. Eines Tages wurde sie von einer Gruppe von Dorfbewohnern gepackt, die sich anschickte, sie in einen Brunnen zu werfen. Doch eine Bäuerin, die sie zufällig hörte, ging auf sie zu und rief: »Sie ist doch kein Hund!« 25 Die Dorfbewohner ließen sofort von dem Mädchen ab. Lindenbergs Leben war gerettet. Dieser Vorfall war keine moralische Auseinandersetzung über den Wert oder Unwert der Tötung oder Nichttötung eines Menschen beziehungsweise eines Juden. Die Frau brachte die Dorfbewohner einfach dazu, Lindenberg auf eine andere Weise zu sehen.
    Wir besitzen die Fähigkeit, Narrative auszuwählen, in denen wir uns von

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