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Das soziale Tier

Das soziale Tier

Titel: Das soziale Tier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brooks
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der fiskalischen Gestaltungsinstrumente: Ausgabenprogramme. Sie versuchten mehr Dollars in die Renovierung heruntergekommener Schulen zu stecken und erweiterten finanzielle Hilfsangebote für Studenten, um die College-Abschlussquoten zu erhöhen. Beide Lager nahmen an, dass ein direkter Zusammenhang zwischen der Verbesserung der materiellen Verhältnisse und der Lösung der Probleme bestehe, und beide ließen Aspekte wie Charakter, Kultur und Moral außer Acht.
    Mit anderen Worten: Sie spalteten Adam Smith in der Mitte. Smith hat ein Buch mit dem Titel Der Wohlstand der Nationen verfasst, in dem er die wirtschaftliche Aktivität und die unsichtbare Hand beschreibt. Er hat aber noch ein weiteres Buch geschrieben, die Theorie der ethischen Gefühle, in dem er darstellt, wie Mitgefühl und der unbewusste Wunsch nach Wertschätzung den Einzelnen prägen. Smith war überzeugt davon, dass die wirtschaftlichen Aktivitäten, die er in Der Wohlstand der Nationen beschreibt, auf dem Fundament ruhten, das er in der Theorie der ethischen Gefühle dargestellt hat. In den letzten Jahrzehnten wurde allerdings nur ersteres Buch berühmt, während Letzteres zwar zitiert, aber nie angewandt wurde. Die vorherrschende Mentalität schätzte das eine hoch, wusste mit dem anderen aber nicht so recht etwas anzufangen.
    Harold erkannte, dass in Washington diejenigen das höchste Ansehen genießen, die sich mit Themen wie Waffen und Banken befassen. Leute, die über Kriege, Budgets und das Weltfinanzsystem schrieben, stolzierten wie Titane durch die Gegend, wohingegen solche, die über Familienpolitik, frühkindliche Erziehung und Beziehungen zwischen Bevölkerungsgruppen publizierten, wie pummelige Trottel auf der Party einer Studentenverbindung behandelt wurden. Versuchte man, einen Senator zur Seite zu nehmen und mit ihm über die Bedeutung mütterlicher Bindungen für die zukünftige menschliche Entwicklung zu sprechen, sah dieser einen nur nachsichtig an, so als würde man um eine Spende für eine gruppentherapeutische Farm für ausgesetzte, einsame Welpen bitten. Dann machte er sich aus dem Staub, um über etwas Ernsthaftes zu reden – ein Steuergesetz oder einen Rüstungsauftrag.
    Politiker selbst waren äußerst gesellige Geschöpfe. Sie hatten nur dank ihres ausgezeichneten emotionalen Gespürs Karriere gemacht. Ging es aber darum, gründlich über politische Zusammenhänge nachzudenken, ließen sie diese Fähigkeit völlig vermissen. Sie dachten mechanistisch und nahmen nur die Faktoren ernst, die exakt quantifiziert werden und in Haushaltsvorlagen zusammenaddiert werden konnten.
    Die oberflächliche Sichtweise
    Harold war der festen Überzeugung, dass diese Mentalität zu einer Reihe verheerender politischer Fehlentscheidungen geführt hatte. Seiner Ansicht nach gingen die negativen Auswirkungen dieser politischen Beschlüsse alle auf ein und dieselbe Ursache zurück: Zwar veränderten sie die materiellen Verhältnisse zum Positiven, doch sie untergruben – ungewollt, doch nicht weniger destruktiv – die sozialen Beziehungen.
    Einige der Fehler gingen auf das Konto der Linken. In den 1950er und 1960er Jahren hatten wohlmeinende Reformer heruntergekommene Stadtviertel mit verfallenden Mietshäusern ins Auge gefasst und gelobt, diese durch glänzende neue Wohnsiedlungen zu ersetzen. Die alten Viertel waren vielleicht verfallen gewesen, doch sie hatten Systeme wechselseitiger sozialer Unterstützung und eine hohe soziale Integration besessen. Als sie zerstört und durch neue Bauprojekte ersetzt wurden, verbesserten sich zwar die materiellen Lebensbedingungen der Menschen, doch psychisch ging es ihnen schlechter. Die Projekte erwiesen sich als soziales Brachland, das kein menschenwürdiges Wohnumfeld bot.
    Die Sozialpolitik der 1970er untergrub die Institution Familie. Staatliche Unterstützungsleistungen verbesserten zwar die materielle Lebenslage der Empfänger, aber mitten in einer Zeit der kulturellen Zerrüttung ermöglichten sie auch, dass einsame junge Frauen uneheliche Kinder zur Welt zu brachten, wodurch sie die Gewohnheiten und Rituale schwächten, die intakte Familien ausmachen.
    Andere politische Fehler gingen auf das Konto der Rechten. Im Zeitalter der Deregulierung verdrängten Einzelhandelsgiganten wie Walmart die kleinen Tante-Emma-Läden und mit ihnen die sozialen Netzwerke, die über diese informellen »Kontaktbörsen« entstanden waren. Die Weltfinanzmärkte übernahmen kleine Banken, womit auch das Wissen des

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