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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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bewegen. Du hast schließlich nichts zu verlieren, wenn du es versuchst, oder?
    Ein guter Punkt.
    Jessie rückte die Beine zur linken Seite des Betts und verlagerte dabei gleichzeitig Rücken und Schultern langsam und geduldig nach rechts. Als sie so weit gekommen war, wie es mit dieser Methode ging, drehte sie sich auf der linken Hüfte. Ihre Füße schwangen über die Seite … und plötzlich bewegten sich ihre Beine und der Oberkörper nicht nur nach links, sie rutschten nach links wie ein im Absturz begriffener Erdrutsch. Ein grässlicher Krampf raste zickzackförmig ihre linke Seite hinauf, als ihr Körper sich auf eine Weise dehnte, für die er nicht einmal unter günstigsten Bedingungen geschaffen gewesen wäre. Ihr war, als hätte ihr jemand schnell mit einem rauen, brandheißen Schürhaken darübergestrichen.
    Die kurze Kette der rechten Handschelle wurde straff gezogen, und einen Augenblick lang wurden die Nachrichten von der linken Seite durch erneute Schmerzen übertönt, die im rechten Arm und in der Schulter pochten. Es war, als versuchte jemand, diesen Arm ganz und gar abzudrehen. Jetzt weiß ich, wie einem Truthahnhals zumute sein muss, dachte sie.
    Ihr linker Absatz hämmerte auf den Boden; der rechte blieb sechs Zentimeter darüber hängen. Ihr Körper wurde unnatürlich nach links gedreht, der rechte Arm wie eine stehende Welle starr hinter ihr festgehalten. Die straffe Kette glänzte über ihrem Gummimantel unbarmherzig in der Frühmorgensonne.
    Jessie war plötzlich davon überzeugt, dass sie in dieser Haltung sterben würde, mit schreienden Schmerzen in ihrer linken Seite und dem rechten Arm. Sie würde hier liegen müssen und langsam absterben, während das rasende Herz den Kampf verlor, Blut in sämtliche Teile ihres unnatürlich überdehnten Körpers zu pumpen. Panik überwältigte sie wieder, und sie heulte nach Hilfe, ohne daran zu denken, dass niemand in der Gegend war, außer einem räudigen Streuner mit einem Bauchvoll Anwalt. Sie griff mit der rechten Hand hektisch nach dem Bettpfosten, war aber ein bisschen zu weit gerutscht; das dunkle Mahagoni blieb einen Zentimeter von den Spitzen ihrer greifenden Finger entfernt.
    »Hilfe! Bitte! Hilfe! Hilfe!«
    Keine Antwort. Die einzigen Geräusche in diesem stillen, sonnigen Schlafzimmer waren ihre eigenen Geräusche: heisere, schreiende Stimme, keuchender Atem, klopfendes Herz. Außer ihr war niemand hier, und wenn sie es nicht schaffte, wieder ins Bett zu kommen, würde sie wie eine Frau sterben, die an einem Fleischerhaken hing. Und die Situation hatte den Tiefpunkt noch lange nicht erreicht: Ihre Kehrseite rutschte immer noch in Richtung Bettkante und zog ihren rechten Arm konstant in einen Winkel zurück, der immer extremer wurde.
    Ohne nachzudenken oder es zu planen (es sei denn, der schmerzgeplagte Körper denkt manchmal für sich selbst), stemmte Jessie die bloße linke Ferse auf den Boden und stieß sich mit aller Gewalt ab. Es war der einzige Halt, den ihr schmerzhaft verkrümmter Körper noch hatte, und das Manöver funktionierte. Ihr Unterleib krümmte sich, die Kette zwischen der Handschelle und ihrer rechten Hand wurde schlaff, und sie packte den Bettpfosten so panisch wie eine Ertrinkende einen Rettungsring. Daran riss sie sich zurück, ohne auf die Qual in Rücken und Bizeps zu achten. Als sie die Füße wieder oben hatte, strampelte sie hektisch von der Bettkante zurück, als wäre sie in ein Schwimmbecken voller Babyhaie getaucht und hätte es gerade noch rechtzeitig bemerkt, um ihre Zehen zu retten.
    Schließlich hatte sie wieder ihre vorherige, zusammengesunkene Sitzhaltung inne, Arme ausgestreckt, der verlängerte Rücken auf den schweißgetränkten Kissen mit den völlig zerknitterten Bezügen. Sie ließ den Kopf gegen die Mahagonibretter sinken, atmete schwer, und ihre bloßen Brüste waren mit einem Schweißfilm überzogen, obwohl sie sich den Flüssigkeitsverlust nicht leisten konnte. Sie machte die Augen zu und lachte erschöpft.
    Also das war ziemlich aufregend, Jessie, was? Ich glaube, so schnell und fest hat dein Herz seit 1985 nicht mehr geschlagen, als du um Haaresbreite mit Tommy Delguidace ins Bett gegangen wärst. Du kannst bei dem Versuch nichts verlieren, hast du das nicht gedacht? Nun, jetzt weißt du es besser.
    Ja. Und sie wusste auch noch etwas anderes.
    Ach? Und das wäre, Süße?
    »Ich weiß, dass das Scheißtelefon außer Reichweite ist«, sagte sie.
    Ja, wahrhaftig. Als sie sich gerade eben mit der

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