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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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linken Ferse abgestoßen hatte, hatte sie ihre ganzen hundertzwanzig Pfund hineingelegt – sie hatte mit dem Nachdruck völliger, kopfloser Panik gedrückt. Das Bett hatte sich kein Jota bewegt, und jetzt, wo sie genauer darüber nachdenken konnte, war sie froh darum. Wäre es nach rechts gerutscht, würde sie immer noch herunterhängen. Und selbst wenn sie es auf diese Weise bis zum Telefontischchen hätte schieben können, nun …
    »Ich würde auf der falschen Seite gehangen haben«, sagte sie halb lachend und halb weinend. »Herrgott, warum erschießt mich denn keiner?!«
    Sieht nicht gut aus, sagte eine der UFO-Stimmen – auf die sie gerne hätte verzichten können – zu ihr. Sieht ganz so aus, als wäre die Jessie Burlingame Show gerade abgesetzt worden.
    »Such nach’ner anderen Möglichkeit«, sagte sie heiser. »Die hier gefällt mir überhaupt nicht.«
    Es gibt keine anderen. Es waren von Anfang an nicht eben viele, und du hast sie alle ausprobiert.
    Sie machte die Augen wieder zu und sah zum zweiten Mal, seit dieser Alptraum angefangen hatte, den Spielplatz hinter der Grundschule von Falmouth in der Central Avenue. Aber dieses Mal sah sie im Geiste nicht zwei Mädchen, die auf einer Wippe balancierten; stattdessen sah sie einen kleinen Jungen – ihren Bruder Will -, der am Klettergerüst hing und einen Aufschwung machte.
    Sie machte die Augen auf, sank nach unten und legte den Kopf in den Nacken, damit sie das Kopfteil genauer in Augenschein nehmen konnte. Ein Aufschwung bedeutete, dass man an einer Stange hing und die Beine hoch und über die Schultern zog. Man beendete das Manöver mit einer kleinen Drehung, die einem ermöglichte, wieder auf den Füßen zu landen. Will hatte diese behände und ökonomische Bewegung so gut beherrscht, dass es für Jessie manchmal ausgesehen hatte, als würde er Purzelbäume in den eigenen Armen schlagen.
    Und wenn ich das könnte? Einfach einen Aufschwung über dieses verdammte Kopfteil machen? Über die Oberkante schwingen und …
    »Und auf den Füßen landen«, flüsterte sie.
    Ein paar Augenblicke schien das gefährlich, aber machbar zu sein. Sie musste das Bett selbstverständlich von der Wand wegrücken – man konnte keinen Aufschwung machen, wenn man keinen Platz zum Landen hatte -, aber sie hatte eine Vorstellung, wie sie das bewerkstelligen könnte. Wenn das Regal über dem Bett weg war (was kein Problem sein durfte, es war ja nicht fest verankert), würde sie eine Rolle rückwärts machen und die bloßen Füße über dem Kopfteil an die Wand drücken. Sie hatte das Bett nicht seitwärts bewegen können, aber wenn sie sich an der Wand abstoßen konnte …
    »Dasselbe Gewicht, aber zehnfache Hebelwirkung«, murmelte sie. »Moderne Physik im praktischen Hausgebrauch.«
    Sie streckte die linke Hand nach dem Regalbrett aus und wollte es von den L-Haken stoßen, als sie sich Geralds verfluchte Polizeihandschellen mit den selbstmörderisch kurzen Ketten noch einmal genauer ansah. Wenn er sie ein bisschen höher an den Bettpfosten festgemacht hätte – sagen wir zwischen dem ersten und zweiten Querbrett -, wäre sie das Risiko vielleicht eingegangen; das Manöver hätte wahrscheinlich zu zwei gebrochenen Handgelenken geführt, aber sie war in einem Zustand, wo ihr zwei gebrochene Handgelenke als akzeptabler Preis für die Freiheit erschienen … schließlich würden sie heilen, oder nicht? Aber statt zwischen dem ersten und zweiten Querbrett waren die Handschellen zwischen dem zweiten und dritten angebracht, und das war ein kleines bisschen zu weit unten. Ein Versuch, über das Kopfteil hinweg einen Aufschwung zu machen, würde mehr als nur zwei gebrochene Handgelenke bewirken; es würde zu zwei Schultern führen, die nicht nur verrenkt, sondern vom Gewicht des Körpers regelrecht aus den Gelenkpfannen gerissen wurden.
    Und dann versuch mal, dieses gottverdammte Bett mit zwei gebrochenen Handgelenken und zwei ausgerenkten Schultern irgendwohin zu schieben. Wäre das nicht ein Mordsspaß?
    »Nein«, sagte sie heiser. »Nicht besonders.«
    Geben wir es doch zu, Jess – du sitzt hier fest. Du kannst mich die Stimme der Verzweiflung nennen, wenn es dir dann bessergeht oder dir hilft, die geistige Gesundheit noch eine Weile zu erhalten – Gott weiß, ich bin sehr für geistige Gesundheit -, aber in Wirklichkeit bin ich die Stimme der Wahrheit, und die Wahrheit ist, dass du hier festsitzt.
    Jessie drehte den Kopf ruckartig auf die Seite, weil sie diese selbst

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