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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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reinstecken, wenn er draußen war.
    Und wenn du das alles machst, und das Telefon funktioniert trotzdem nicht?, jammerte Goody. Dann wirst du noch etwas wissen, oder nicht?
    Ruth: Hör auf zu zaudern – du brauchst Hilfe, und zwar schnell.
    Das stimmte, aber der Gedanke, den Stuhl wegzuziehen, erfüllte sie mit erschöpfter Niedergeschlagenheit. Sie konnte es wahrscheinlich machen – der Stuhl war groß, aber er konnte trotzdem nicht ein Fünftel des Betts wiegen, und das hatte sie schließlich ganz durch das Zimmer schieben können -, aber allein die Vorstellung wog schwer genug. Und wenn sie den Stuhl vorzog, wäre das erst der Anfang. Wenn sie ihn weggerückt hatte, musste sie auf die Knie … in die düstere staubige Ecke dahinter kriechen, bis sie den Stecker gefunden hatte …
    Himmel, Süße!, schrie Ruth. Sie klang erschrocken. Du hast keine andere Wahl! Ich dachte, wir hätten uns endlich alle mindestens auf eins geeinigt, nämlich dass du Hilfe brauchst, und zwar s…
    Plötzlich schlug Jessie Ruths Stimme die Tür vor der Nase zu, und zwar fest. Anstatt den Stuhl zu verschieben, bückte sie sich darüber, nahm den Hosenrock und zog ihn vorsichtig an den Beinen hoch. Blutstropfen vom durchnässten Verband am Handgelenk besudelten augenblicklich die Vorderseite, aber sie sah sie kaum. Sie war emsig damit beschäftigt, das Murmeln der erbosten, perplexen Stimmen zu ignorieren und sich zu fragen, wer diese unheimlichen Leute überhaupt alle in ihren Kopf gelassen hatte. Es war, als würde man eines Morgens aufwachen und feststellen, dass das eigene Haus über Nacht zum Hotel geworden war. Alle Stimmen äußerten schockierte Fassungslosigkeit über ihr Vorhaben, aber Jessie stellte plötzlich fest, dass ihr das ziemlich scheißegal war. Es war ihr Leben. Ihres.
    Sie hob die Bluse auf und schlüpfte mit dem Kopf hinein. Für ihren verwirrten, unter Schock stehenden Verstand schien die Tatsache, dass es gestern warm genug für dieses leichte, ärmellose Oberteil gewesen war, unwiderlegbar die Existenz Gottes zu beweisen. Sie glaubte nicht, dass sie imstande gewesen wäre, die abgezogene rechte Hand durch einen langen Ärmel zu schieben.
    Vergiss das, dachte sie, es ist ein Wahnsinn, und ich brauche keine erfundenen Stimmen, um mir das zu sagen. Ich denke daran, von hier wegzufahren – es jedenfalls zu versuchen -, dabei müsste ich nur den Stuhl wegrücken und das Telefon wieder einstecken. Muss der Blutverlust sein – der hat mir vorübergehend den Verstand geraubt. Ein irrer Einfall. Herrgott, dieser Stuhl kann keine zwanzig Kilo wiegen … ich bin so gut wie in Sicherheit!
    Ja, aber es war nicht der Stuhl und nicht der Gedanke, die Typen vom Rettungsdienst könnten sie im selben Zimmer wie ihren nackten, angenagten Mann finden. Jessie war davon überzeugt, sie hätte auch dann versucht, mit dem Mercedes wegzufahren, wenn das Telefon perfekt funktioniert und sie Polizei, Notarzt und die Marschkapelle der Deering High School verständigt hätte. Denn das Telefon war nicht das Wichtige – überhaupt nicht. Das Wichtige war … nun …
    Das Wichtige ist, dass ich schleunigst hier abhauen sollte, dachte sie und erschauerte plötzlich. Sie bekam Gänsehaut auf den bloßen Armen. Weil dieses Ding zurückkommen wird.
    Bockmist. Das Problem war nicht Gerald oder der Stuhl oder was die Typen vom Rettungsdienst denken mochten, wenn sie herkamen und die Situation sahen. Es war nicht einmal die Frage des Telefons. Das Problem war der Space Cowboy; ihr alter Freund Dr. Doom. Darum zog sie die Kleidung an und spritzte noch ein bisschen mehr Blut herum, statt zu versuchen, Verbindung mit der Außenwelt aufzunehmen. Der Fremde war ganz in der Nähe; da war sie sich vollkommen sicher. Er wartete nur auf die Dunkelheit, und die Dunkelheit war nicht mehr fern. Wenn sie bewusstlos wurde, während sie versuchte, den Stuhl von der Wand zu rücken oder munter in Staub und Spinnweben dahinter herumkroch, war sie vielleicht immer noch allein hier, wenn das Ding mit dem Musterkoffer voll Knochen kam. Schlimmer, sie war vielleicht immer noch am Leben.
    Außerdem hatte ihr Besucher die Leitung durchgeschnitten. Sie konnte es unmöglich wissen … aber im Grunde ihres Herzens wusste sie es doch. Wenn sie die Mühe auf sich nahm, den Stuhl zu verschieben und den Stecker wieder einzustecken, dann wäre das Telefon immer noch tot, genau wie das in der Küche und das in der Diele.
    Und was ist schon dabei?, fragte sie ihre Stimmen. Ich

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