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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
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schlicht wie die eines Kindes. Für Yasammez war das die schlimmste Qual überhaupt.
    Gyir bringt es,
versprach sie.
Er ist jung und stark, und seine Gedanken sind klar. Er wird rechtzeitig zu dir finden.
    Aber ... wenn nicht ...?
    Denk nicht einmal daran.
Yasammez legte jedes bisschen Kraft, das sie aufbieten konnte, in diesen Gedanken.
Er wird kommen, und du wirst wieder stark sein. Ich werde die versengten Steine der Sonnländerstädte mitbringen, um dir eine Halskette daraus zu machen.
    Aber trotzdem ... trotzdem ...!
    Ruhig, mein Herz. Nicht einmal die Götter selbst können das rückgängig machen, was ist. Ruh dich aus. Ich werde bei dir bleiben, bis du schläfst — nicht den großen Schlaf, nur den kleineren. Fürchte dich nicht. Gyir wird kommen.
    Und sie hielt den schwachen Gedankenhauch fest und sprach ihm Trost zu, wenn er auch vor dem Dunkel flatterte wie ein sterbender Vogel, abwechselnd verängstigt und erschöpft. Wieder flackerten die Schatten im Saal, bewegten und dehnten sich durch das richtige Nachtdunkel, als sie erneut ihre Erscheinung annahm, aber diesmal war sie weicher — nicht Stacheln, sondern Ranken, nicht die schwarzen, ausfahrenden Krallen des Todes, sondern die Finger sanfter, fürsorglicher Hände, als Fürstin Stachelschwein sich bemühte, das einzige Lebewesen, das sie je wirklich geliebt hatte, zu beruhigen.
     
    Der Tag war kalt und grau, durchsetzt mit Regenschauern, und obwohl die Türen von Effir dan-Mozans formellem Empfangsraum wie üblich zum Hof hin offen standen, war doch ein großes Kohlebecken entzündet worden, um für Wärme zu sorgen. Als Briony hereinkam, saß der Kaufmann vorgebeugt da — kein Leichtes mit seinem Wohlstandsbauch — und wärmte seine kleinen, beringten Hände über den Kohlen.
    »Ah, Briony-
zisaya
«, sagte er. »Ihr habt Euer Mahl nicht vorzeitig verlassen? Ich wollte Euch nicht unterbrechen.«
    »Ich war schon fertig, Herr dan ... Effir. Danke. Der Diener sagte, Ihr und Shaso wünschtet mich zu sprechen.«
    »Ja, aber der Edle dan-Heza ist noch nicht hier. Bitte, macht es Euch bequem.« Er zeigte auf einen der Stühle, die im Halbkreis um das Kohlebecken angeordnet waren. »Ein scheußlicher Tag, aber ich kann es nicht ertragen, wenn die Türen geschlossen sind.« Er lachte. »Ich sehe gern den Himmel. Wenn ich ihn anschaue, fühle ich mich wie zu Hause.« Das Lächeln wurde ein wenig bitter. »Nun ja, heute nicht. In Tuan haben wir keinen solchen Himmel. Wenn der Regen kommt, gehen wir in unsere Tempel und sagen Dank. Hier würde ich annehmen, dass es genau umgekehrt ist.«
    Briony lächelte. »Ich habe noch nie ein Haus wie dieses gesehen, so niedrig und mit dem Garten in der Mitte. Wohnt man in Tuan so?«
    »Mehr oder weniger. In den besseren Häusern, ja. Aber ich wünschte, ich hätte Euch das Haus meiner Familie in Dagardar zeigen können. Viel größer, sehr viel schöner eingerichtet — bis es von den Soldaten des alten Autarchen geplündert und dann niedergebrannt wurde. Dennoch, ich kann nicht klagen. Die Markenlande waren gut zu einem Vertriebenen.«
    »Es ist aber doch ein sehr schönes Haus.«
    »Ihr seid liebenswürdig. Was Ihr höflicherweise nicht fragt, ist, warum ein reicher Mann in einem so unerquicklichen Teil von Landers Port wohnt.«
    Sie errötete ein wenig. Genau das hatte sie sich immer wieder gefragt. »Oben auf dem Hügel haben die Leute wohl ... eine bessere Aussicht.«
    »O ja, Prinzessin. Und sie wachen auch eifersüchtig darüber. Ein Mann wie ich kann sich ein schönes Haus hier bei den anderen Dunkelhäutigen bauen, und niemand regt sich allzu sehr darüber auf. Aber ich versichere Euch, wenn ich es irgendwo bauen ließe, wo ein Edelmann wie Iomer M'Sivon oder die einheimischen Kaufleute mich und mein Heim jeden Tag sehen müssten, würde ich jene Nachbarschaft bald noch unangenehmer finden als diese hier.« Sein Lächeln war jetzt ein wenig verzerrt. »In diesem Leben ist es nicht nur wichtig zu wissen, wer man ist, sondern auch, wo man hingehört.«
    Shaso kam herein, gekleidet, als wäre er draußen gewesen, das Gesicht unter einem Schal und einem Hut mit hängender Krempe verborgen. Er zog seinen Mantel aus und hängte ihn über einen Stuhl. Effir dan-Mozan schien nicht sonderlich erfreut darüber, dass seine Teppiche mit Wasser besprenkelt wurden.
    Shaso nahm den Hut ab und setzte sich. »Ein Schiff aus Hierosol ist eingelaufen«, sagte er zur Erklärung. »Die Seeleute haben getrunken. Und geredet. Ich

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