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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
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aus?« Die Miene der Göttin genügte, dass Briony die Augen niederschlug. »Trotzdem, es ist unwahrscheinlich, dass sich eine Platte, die so klein und offensichtlich doch so mächtig ist, in den Händen von Sterblichen befinden sollte, ohne dass es irgendjemand merkt, und dass sie einfach herumgereicht wird wie ein ganz normales Schönheitsutensil.«
    Jetzt wagte es Briony, wieder aufzublicken. Lisiya dachte offensichtlich nach, den Blick ins Leere gerichtet. Briony gab sich alle Mühe, Geduld zu haben. Sie wollte nicht, dass die Göttin wieder böse auf sie wurde. Sie wollte nicht — o barmherzige Zoria, nein! — wieder allein in diesem Wald sein. Doch als das Feuer halb heruntergebrannt war, konnte sie nicht länger an sich halten.
    »Ihr sagtet ›Platte‹ — was ist das? Meint Ihr so etwas wie die Steinplatten, aus denen der Fußboden unserer Kapelle besteht? Und wie ist Zoria? Sieht sie so aus wie auf den Bildern? Ist sie gütig?« Einmal, fiel ihr ein, war Rose Trelling, ihre Zofe, über das Waisentagsfest nach Hause gefahren, nach Landsend, und dort hatte ihr ihre Verwandtschaft ein Loch in den Bauch gefragt — über Briony und ihre Familie, über das Leben auf der Südmarksburg und alle möglichen Dinge.
Also wollen wir etwas über die wissen, die über uns stehen — die Berühmten, die Reichen oder Mächtigen. Sind sie so wie wir!
Es war eine komische Vorstellung, dass sie für das gemeine Volk so etwas Ähnliches war, wie es die Götter für sie waren. Wen beneideten die Götter? Wer ließ
sie
die Ohren spitzen und große Augen machen? Es gab so vieles, was Briony wissen wollte, und jetzt saß sie hier mit einer lebenden, atmenden Halbgöttin!
    Lisiya seufzte gequält. »Du hast also beschlossen, mich von dieser elenden Unsterblichkeit zu erlösen, was? Und deine tödliche Waffe wird ein endloser Strom von Fragen sein?«
    »Verzeiht. Es tut mir leid, aber ... wie könnte ich nicht fragen?«
    »Es ist nicht die Tatsache, dass du fragst, Kind, es ist das,
was
du fragst. Aber so ist das bei Sterblichen offenbar immer. Wenn sie einmal die Chance hätten, suchen sie kaum je wichtige Antworten.«
    »Na gut, was ist denn wichtig? Bitte, sagt es mir, Lisiya.«
    »Ich werde einige deiner Fragen beantworten — aber kurz, denn ich habe meine eigenen Probleme und muss ganz genau auf die Musik lauschen. Erstens, die Platten, aus denen die mächtigsten Wahrsagespiegel bestehen, sind Stücke von Khors' Turm, das, was in dem albernen Gedicht, das du durch den Wald gebrüllt hast, ›Eiskristalle‹ oder so ähnlich heißt — alles Quatsch. Sie wurden von Kupilas, dem Handfertigen, für ihn gemacht — von ›Krummling‹, wie ihn die Onyenai nennen ...«
    »Onyenai?«
    »Kind, lass deine Gedanken nicht umherflitzen wie Karnickel, pass auf! Onyenai, so wie Zmeos und Khors und ihre Schwester Zuriyal — die Götterkinder der Madi Onyena. Du kennst doch die Surazemai — Perin und seine Brüder, die Götterkinder der Madi Surazem. Die Onyenai und die Surazemai waren die beiden großen Göttersippen, die Krieg gegeneinander führten. Doch der alte Sveros war ihrer aller Vater.«
    Beschämt nickte Briony einfach nur.
    »Gut. Also dann. Krummling half Khors, sein großes Haus zu befestigen, und die Mittel, die er dazu verwandte, bewirkten, dass Khors' Haus nicht mehr nur im Himmel stand, aber auch nicht nur auf der Erde, sondern auf vielerlei Orte hinausging. Um das zu erreichen, verwandte Kupilas die Platten, wenn auch manchmal behauptet wird, sie tarnten nur die wahre Natur und den wahren Standort dieses Hauses durch einen falschen Schein. Aber wie auch immer, nach dem verheerenden Götterkrieg, nachdem Perin in seinem Zorn Khors' Türme eingerissen hatte, wurden einige dieser Platten geborgen. Das sind die Platten, von denen wir jetzt sprechen. Sie scheinen simple Spiegel zu sein, sind aber viel mehr — Wahrsagespiegel von größter Macht.«
    »Aber Ihr glaubt nicht, dass ich Barrick in einem solchen Spiegel gesehen habe ...?«
    »Ich bin alt, Kind, und nicht mehr so töricht zu glauben, ich wüsste irgendetwas mit Bestimmtheit. Aber ich habe meine Zweifel. Auf der ganzen Welt gibt es höchstens noch etwa zwanzig dieser Platten. Ich kann mir schwer vorstellen, dass eine davon nach diesen ewigen Zeiten im Schminkkästchen einer Frau gelandet sein sollte, in ... wo sagtest du? Landers Port?«
    Briony nickte.
    »Ich halte es für wahrscheinlicher, dass da bei dir und deinem Bruder noch etwas ganz anderes im Gange ist.

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