Das Spiel
wobei sein Schwert beinahe im Staub schleifte. Erst als sie gegen einen dichten Menschenstrom die gewundene Hügelstraße hinaufgingen, fand er die Sprache wieder.
»Ihr habt kein Recht, so etwas zu tun,
Kuraion!
Wir werden beide den Tod finden. Dass ich nur ein einfacher Diener bin, heißt noch lange nicht, dass ich für nichts und wieder nichts sterben will.«
Sie war erstaunt über seine Heftigkeit und Selbstsucht. »Ich kann es nicht schaffen, wenn mir niemand hilft.« Das erschien ihr so offensichtlich, dass er es doch inzwischen auch eingesehen haben musste. Was wollte er denn von ihr, eine Entschuldigung? »Der arme König braucht unsere Hilfe — er ist ein
König,
Eril.«
Der Diener ließ ihr einen Blick zukommen, den sie unter normalen Umständen ihrer Mutter gemeldet hätte. Pelaya war bestürzt — alter Eril, dummer alter Eril, benahm sich, als ob er sie hasste!
»Und sowieso«, setzte sie etwas nervös hinzu, »wird es nicht lange dauern. Wir werden noch vor dem Abendessen zurück sein. Und dann kannst du den Göttern beim Abendgebet berichten, dass du heute eine gute Tat vollbracht hast.«
Nach dem Laut zu urteilen, den ihr Eril zur Antwort gab, war ihm das kein großer Trost.
Obwohl noch viele Menschen auf dem Palastgelände und in der Festung herumliefen, hauptsächlich Diener und Soldaten, merkte Pelaya schnell, dass Olin Eddon nicht darunter war. Seine Zelle war leer, die Tür stand offen. »Aber wo ist er denn?«, fragte sie. Sie war so weit gegangen und hatte solche Risiken auf sich genommen — für nichts und wieder nichts!
»Fort, edles Fräulein«, sagte einer der Soldaten, die sich versammelt hatten, um dieses ungewöhnliche Schauspiel zu verfolgen. »Der Protektor hat ihn woanders hinbringen lassen.«
»Wohin? Sagt es mir bitte!« Sie wedelte mit ihrem gefälschten Schreiben. »Mein Vater ist der Graf Perivos!«
»Das ist uns bekannt, edles Fräulein«, erklärte der Soldat. »Aber wir können es Euch trotzdem nicht sagen, weil wir es selbst nicht wissen. Die Widdergarden haben ihn mitgenommen. Ihr müsst den Protektor schon selbst fragen.«
»Du redest zu viel«, wies ihn ein anderer Soldat zurecht. »Sie dürfte gar nicht hier sein — das ist viel zu gefährlich. Kannst du dir vorstellen, was los ist, wenn ihr etwas passiert? Dann rollen unsere Köpfe.«
Sie führte Eril aus der Festung und über die Echopromenade zum Kossope-Haus und stellte sich taub für seine Jammerei. Wenn die Bediensteten noch in ihrem Schlafquartier waren, vor allem die dunkelhaarige Wäschemagd, dann würde sie dort vielleicht erfahren, wo Olin war. Pelaya hatte längst gemerkt, dass Bedienstete gewöhnlich alles mitbekamen, was sich in einem großen Haus abspielte.
Während der Donner der fernen Kanonen in den Kolonnaden widerhallte, bemerkte Pelaya, dass auf jeden Fall noch viele Bedienstete hier waren, wenn sie auch nicht besonders glücklich wirkten. Tatsächlich wurden ihr böse Blicke zuteil, als ob es ihre Schuld wäre, dass diese Leute hier zurückgelassen worden waren. Sie war froh um Erils Schwert. Pelaya konnte sich fast schon vorstellen, wie die Bediensteten, wenn sie lange genug sich selbst und ihrem Schicksal überlassen blieben, verwildern würden wie die Hunde, die nachts über die Abfallhaufen und Friedhöfe der Stadt streunten.
»Die, mit der ich sprechen will, muss dort sein«, erklärte Pelaya und deutete auf das lang gestreckte Gebäude am entlegenen Ende des Palastgeländes. »Armes Ding, muss jeden Tag so weit laufen.«
Eril murmelte etwas, das Pelaya nicht verstand.
Als sie das Schlafquartier erreichten, stellten sie fest, dass es von den Bewohnerinnen selbst bewacht wurde: Drei kräftig aussehende Frauen standen, mit Wäschepfosten bewaffnet, vor der Tür und musterten Eril streng, ehe sie ihm erlaubten, Pelaya nach drinnen zu begleiten.
Zu ihrer Freude und Erleichterung fand sie die Wäschemagd gleich. Sie saß trübselig auf ihrem Bett, als wartete sie nur darauf, dass eine Kanonenkugel durch das Dach schlug und sie tötete. Doch das dunkelhaarige Mädchen zeigte nicht nur keinerlei Freude über den hohen Besuch, es schien sich vor Eril zu fürchten.
»Mir folgt!«, rief sie, auf Eril deutend. »Er folgt!«
Eril zog die Augenbrauen zusammen. »Sie hat mich nie entdeckt,
Kuraion.
Ich bin sicher, dass sie mich nicht gesehen hat. Jemand muss es ihr gesagt haben.«
»Er ist dir gefolgt, weil ich wissen musste, wo du wohnst«, erklärte ihr Pelaya ruhig. »Er ist mein
Weitere Kostenlose Bücher