Das Spiel
dunkelhäutigen Frauen um sie herum leise ihre Arbeit verrichteten. »Ist ... ich möchte mit Shaso reden.« Ihr fiel wieder ein, wie ehrfürchtig die Frauen von ihm gesprochen hatten, so als ob sie, Prinzessin Briony, seine Dienerin sein müsste und nicht umgekehrt, was sie gründlicher irritierte, als sie sich eingestehen mochte. »Dem Edlen Shaso. Könnt Ihr mich zu ihm bringen?«
»Er weiß sicher schon, dass Ihr wach seid, und wird Euch erwarten«, sagte die Frau und lächelte wieder. Briony zählte ein halbes Dutzend weiterer Frauen in dem großen Raum und meinte sich zu erinnern, dass es am Vorabend noch mehr gewesen waren. »Lasst Euch beim Ankleiden helfen.«
Es ging alles sehr flink und war sogar angenehm. Was die Frauen sagten, war ihr größtenteils unverständlich, ein stetes, sanftes Gemurmel, das sie trotz der zunehmenden Helligkeit wieder schläfrig machte. Wie seltsam das alles war, diese Frauen mit ihren exotischen Gemächern und Sitten und ihrer fremden Sprache — als ob das ganze Haus von einem zu Streichen aufgelegten Gott oder einer Göttin aus den sandigen Gassen einer fernen, südländischen Stadt geklaubt und durch die Luft geschleudert worden wäre, um hier, mitten im kalten, schlammigen, spätwinterlichen Eion zu landen.
Jemand
war hier eindeutig auf dem falschen Kontinent.
Die ältere Frau erriet wohl, dass Briony ihren Namen wieder vergessen hatte, und stellte sich noch einmal höflich als Idite vor. Sie steckte Briony nicht wieder in die zerschlissenen Sachen des Skimmermädchens, sondern kleidete sie in ein wunderschönes, weites Gewand aus einem blassrosa Stoff, der so dünn und durchscheinend war, dass sie ein enger anliegendes Unterkleid aus dickerem, weißem Stoff tragen musste, mit Ärmeln, die bis zu den Fingerspitzen reichten. Die Tuanifrauen kämmten sie, bestaunten kichernd die gelbblonde Farbe ihres Haars, steckten es dann hoch und legten ihr ein Perlendiadem um den Kopf. Idite brachte Briony einen Spiegel, ein kleines, kostbares Ding von der Form eines Lotusblatts, damit sie das Ergebnis all der Mühen betrachten konnte. Briony fand es schmeichelhaft und bestürzend zugleich, dass ein paar Kleidungs- und Schmuckstücke sie so gründlich zu verändern vermochten — dass sich aus ihr so leicht jenes sanfte, hübsche Geschöpf (ja, sie sah wirklich hübsch aus, das musste sie zugeben) machen ließ, das sie nach Meinung so ziemlich aller Männer in Südmark eines Tages hatte werden sollen. Es war schwer, nicht ein wenig kratzbürstig zu reagieren. Aber das hier war ein Akt der Freundlichkeit gewesen, kein Akt der Zähmung und Zurichtung, also lächelte sie und dankte Idite und den anderen Frauen und lächelte immer weiter, während sie sie mit Komplimenten überschütteten, stockend in Brionys Sprache und wortreich in ihrer eigenen.
»Kommt«, sagte die Hausherrin schließlich. »Jetzt sollt Ihr dan-Heza und meinen guten Gemahl sehen.«
Idite und eine der jüngeren Frauen, ein scheues, schlankes Geschöpf kaum älter als Briony selbst, mit einem nervösen Lächeln, das so verkrampft war, dass schon der Anblick wehtat, geleiteten sie aus den Frauengemächern. Der Gang führte um so viele Ecken, dass das Haus noch größer schien, aber schließlich gelangten sie in eine Art formellen Empfangsraum, der allerdings nicht vorn zur Gasse hin lag, sondern durch Türen auf einen regennassen Innenhof hinausging. Shaso stand wartend neben drei Stühlen, von denen zwei frei waren, während auf dem dritten ein kleiner, glatzköpfiger Mann in einem schlichten weißen Gewand saß. Er schien etwas älter als Brionys Vater, und seine Haut war eine winzige Nuance heller als die von Shaso. An den kurzen Fingern des Mannes funkelten prächtige Ringe.
»Dank dir, Idite, meine Blume«, sagte er. Im Gegensatz zu seiner Frau sprach er fast akzentfrei. »Du kannst jetzt gehen.«
Idite und das Mädchen knicksten und zogen sich zurück, während der kleine Mann sich von seinem Stuhl erhob und vor Briony verbeugte. »Ich bin Effir dan-Mozan«, sagte er. »Willkommen in meinem Haus, Prinzessin. Ihr erweist uns eine große Ehre.«
Briony nickte und setzte sich auf den Stuhl, auf den er deutete. »Ich danke Euch. Alle waren sehr freundlich zu mir.«
Shaso räusperte sich. »Verzeiht, dass ich Euch so plötzlich allein gelassen habe, Hoheit, aber ich hatte eine Menge mit Effir zu besprechen.«
»Ich hatte ja keine Ahnung, dass es in Marrinswalk so etwas gibt!« Briony musste selbst ein bisschen
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