Das Spiel beginnt - Lost Souls ; Band 1
ließ, wenn er auf beide Symbole neunmal hintereinander nach einem gestaffelten Vor-Zurück-Schema drückte, das in immer höher klingenden Klicktönen mündete.
Beim letzten Klicken wichen die beiden Hälften des steinernen Kästchens auseinander und ein schmaler Spalt wurde sichtbar. Das Kästchen ließ sich allerdings noch immer nicht ganz öffnen und Nathan musste noch ein bisschen länger damit herumspielen, bevor es sein allerletztes Geheimnis preisgab. Er entdeckte, dass er die beiden Hälften in entgegengesetzte Richtungen drehen musste, wobei die obere Hälfte in die gleiche Richtung zu bewegen war, in der sich auch die Schlange ringelte.
Im Kästchen befanden sich elf winzige Skulpturen, von denen fünfaus weißem Stein und fünf aus Obsidian gemeißelt waren, zusätzlich eine, die einen eher gelblichen Farbton besaß. In dem Symbol auf einem der Figürchen erkannte er einen Jaguar, die anderen Symbole auf den übrigen Figuren sagten ihm nichts.
Außerdem lag da noch ein gefaltetes Blatt Papier mit einer kreisförmigen Struktur darauf. Als Nathan es herausnahm und auseinanderfaltete, war sein erster Gedanke, dass es sehr, sehr alt war – vielleicht sogar aus Papyrus. Dann sah er sich die Zeichnung darauf genauer an: Sie bestand aus konzentrischen Kreisen, von denen jeder ein sich wiederholendes Symbol enthielt.
Außerdem befanden sich einige Würfel in dem Kästchen, die aussahen, als seien sie aus Knochen geschnitzt worden und mit den Jahren vergilbt. Vielleicht sind sie aus Menschenknochen hergestellt. Ziemlich eklig, aber irgendwie auch cool.
Gut, es handelte sich ganz offensichtlich um ein Spiel. Das war ein Vorteil für ihn, da er ein guter Spieler war. So wie das Spielbrett angelegt war, musste es entweder ein Zwei-Personen-Spiel oder eines für zwei Teams sein, doch es glich keinem, das er kannte.
Er legte das Spielbrett auf ein Fernsehtischchen neben seinem Bett und setzte die Figuren behutsam auf die Spielfläche, aber außerhalb des äußersten Kreises und schwarze und weiße voneinander getrennt. Wie bei einem Schachspiel besaß die schwarze Gruppe die gleichen Spielfiguren wie die weiße. Jetzt musste er nur herausfinden, wie man das Spiel zu spielen hatte – denn natürlich lag keine jahrhundertealte Spielanweisung bei. Typisch. Als Erstes verliert man bei Spielen immer die Spielregeln. Höchstwahrscheinlich musste sich jeder Spieler auf irgendeine Weise durch die verschiedenen Kreise auf das Ziel zubewegen, aber natürlich musste es Regeln für die einzelnen Züge geben.
Nathan nahm an, dass über ein Spiel, das es schon so lange gab, längst recherchiert und geschrieben worden war, und loggte sich deshalb ins Internet ein, um zu sehen, ob er etwas darüber fand – aber ohne Erfolg. Wegen der Herkunft seiner Mutter und der Büchertitel in ihremKoffer ging er davon aus, dass es sich um ein altes Artefakt der Maya handelte.
Im Allgemeinen versuchte Nathan angestrengt wegzuhören, wenn sein Vater zu seinen langatmigen Geschichten über die Forschungsmethoden ansetzte, die er anwandte, wenn er die Geschichte eines Artefakts ergründen wollte. Jetzt wusste Nathan die Ironie zu schätzen, die darin lag, dass er genau dieselben Techniken plötzlich selbst brauchte. Ganz sicher würde er heute Nacht nicht noch einmal ins untere Stockwerk laufen und sich ins Arbeitszimmer seines Vaters schleichen, um sich Literatur über die Brettspiele der Maya zu holen.
Dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als das gute alte Lexikon heranzuziehen. Hätte nie gedacht, dass das bescheuertste Geburtstagsgeschenk, das ich je bekommen habe, mir irgendwann nützlich sein könnte.
Während er den Staub von dem Band mit dem Buchstaben M wegpustete, entdeckte er ein Buch über die Mayakultur wieder: Das Geschenk einer wohlmeinenden Tante, die ihm die Chance geben wollte, »die Kultur seiner Mutter kennenzulernen«, wie es in der Widmung hieß. Er überflog den Lexikoneintrag über die Maya und fand ihn ganz interessant, vor allem, weil er Verweise auf einige Spiele enthielt. Gerüstet mit den Namen, die die Historiker den diversen Spielen zugeschrieben hatten, wandte er sich dem Buch über die Mayakultur zu. Darin wurde ein Spiel beschrieben, das dem Damespiel ähnelte und Bezüge zur Mathematik hatte.
Nathan sah sich die gemeißelten Figuren seines Spiels einen Moment lang an und befand, dass es rein gar nichts mit Mathematik zu tun hatte. Er mochte Mathematik, hasste aber gleichzeitig den
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