Das Spiel beginnt - Lost Souls ; Band 1
Druckschlauch zerlegt. Wird wohl ’ne Stunde dauern, bis wir den ersetzt haben.«
Einer der Bauarbeiter, der ein Klemmbrett in der Hand hielt, ging hinüber und begutachtete den Bagger. Er fluchte und machte einen Vermerk auf seinem Klemmbrett.
»Mach ihn aus, Pete. Bis wir den Schlauch repariert haben, ist Feierabend.«
Der Baggerführer nickte und kletterte wieder in seine Kabine zurück. Der Dieselmotor starb einen Augenblick später ab und Nathan war ungeheuer dankbar für die eintretende Stille.
Kukulkan betrat die Ausgrabungsstätte, einen Wartungstunnel für die Kanalisation sowie Elektrizitäts-, Telefon-, Kabel- und Gasleitungen, in dem überall Lampen hingen. Nathan fand, dass das Areal wie das Set eines primitiven Science-Fiction-Films mit niedrigem Budget aussah. Er hatte früher schon mal ein paar Tunnel erkundet und es nicht so aufregend gefunden, wie er gehofft hatte.
Ein lausiger Ort jedenfalls, um zu sterben.
»Ja, nicht wahr?« Kukulkan schüttelte den Kopf. »Ich mache mir nichts aus unterirdischen Orten. Da lobe ich mir die Offenheit eines Waldes oder Strandes. Selbst Städte sind schwer zu ertragen, weil dort alles so verschlossen und voneinander abgeschottet ist.« Sie gingen nebeneinander den Tunnel entlang und Kukulkan sah Nathan von der Seite an. »Warum war John Montoya hier unten?«
»Wahrscheinlich hat er Hehlerwaren von den Typen in Empfang genommen, die ihn umgebracht haben.« Leichtfüßig lief Nathan neben Kukulkan her. Er versuchte sogar zu fliegen, hob tatsächlich auch ein paar Zentimeter vom Boden ab und schwebte ein wenig, was ihm allerdings selber merkwürdig und irgendwie auch schaurig vorkam. Es erinnerte ihn an die Episode mit den schwebenden Männern in ›Buffy – Im Bann der Dämonen‹,die alle stumm waren.
»Hat er das denn behauptet?«
»Er nicht, aber die Zeitungen.«
»Was hat er selbst dazu gesagt?«
»Ich habe ihn nicht gefragt«, räumte Nathan ein. »Er will ja nur, dass ich ihm helfe. Ich wette, er würde mir sonst was erzählen.«
»Meinst du?« Kukulkan sah sich um. »Führt die Polizei denn nicht Protokoll darüber, wo sich ihre Beamten aufhalten? Die Protokolle werden kaum falsch sein, oder?«
Erinnerungssplitter von Polizeiserien schossen Nathan durch denKopf. Immer wenn ein Polizist aus seinem Wagen stieg, gab er über Funk an die Zentrale durch, wo er sich gerade befand. Was sie in der Zentrale im Grunde ohnehin wissen sollten, da jedes Polizeiauto mit GPS ausgestattet ist. Aber John Montoya konnte über Funk durchgegeben haben, warum er sich an einem bestimmten Ort aufhielt.
»Ja, Protokolle müsste es geben.« Nathan schob die Hände in die Taschen, was schwierig war, weil er noch immer das Skateboard unter dem Arm trug. Es kam ihm inzwischen hier im Tunnel kälter vor, aber er wusste nicht, ob er es sich nur einbildete.
»Vielleicht könntest du dich ja danach erkundigen.«
»Klar. Weil die solche Informationen gern an Teenies rausrücken, sozusagen als Belohnung dafür, dass sie nachgefragt haben.«
»Es gibt auch Archive. Außerdem haben sich zum gleichen Zeitpunkt noch andere Leute im Tunnel aufgehalten.«
»Ich trete aber nicht als Sherlock Holmes hier an.«
Kukulkan grinste. »Was mir an Sherlock Holmes schon immer gut gefallen hat, ist …«
»Jetzt nehmen Sie mich aber auf den Arm, oder? Sie wollen mir doch nicht weismachen, Sie lesen Sherlock Holmes?«
»Ich tue vieles, was du nicht vermuten würdest, Nathan.«
»Natürlich. Natürlich tun Sie das.«
»Sherlock hat die Aufklärung eines Verbrechens immer als Herausforderung betrachtet. Als Teil eines Spiels.«
»Das stimmt.« Nathan brachte sein Skateboard in eine andere Position. »Ist klar. Ich hab ja auch nur so gemeint.« Er machte eine Pause. »Ist das hier auch ein Teil des Spiels? Wenn ja, kann ich es auf dem Spielbrett oder an den Spielfiguren jedenfalls nicht erkennen.«
»Die Figuren und das Spielbrett sind symbolisch zu verstehen. Im Spiel geht es nur darum, welche Entscheidungen du triffst, Nathan, und aus welchem Grund. Du kannst es nicht ohne Risiko spielen.«
»Okay. Nur – was gewinne ich dabei?«
»Was du gewinnst?«
»Ja.« Nathan zuckte mit den Schultern. »Wo ein Risiko ist, muss es auch einen Gewinn geben. Wenn ich spiele und gewinne, was gewinne ich dann?«
Kukulkan lächelte. »Die Chance, wieder gegen mich zu spielen.«
»Und wenn ich verliere?«
»Das wirst du nicht wollen.«
Panik stieg in Nathan hoch. Er verlor nicht gerne, aber in
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