Das Spiel beginnt - Lost Souls ; Band 1
Peter, was denkst du dir eigentlich dabei?«
» Ich habe eine Bestattungsurne in meinem Arbeitszimmer.« Sein Vater stellte die Tasse zur Seite und wandte sich seinem Frühstück zu.»Und denken tue ich, dass ich dieses Artefakt hier einordnen, authentifizieren und für das Museum dokumentieren muss, damit wir es auch angemessen ausstellen können.«
Nathan wurde aufmerksam, denn das Field Museum liebte er. Seit sein Vater dort arbeitete, war Nathan oft durch seine Räume und Ausstellungsbereiche gestreift. Die dort ausgestellten historischen Stücke fand er megacool, was die meisten Kinder, die er kannte, gar nicht nachvollziehen konnten. Aber fantasievoll wie er nun mal war, kam es ihm bei jedem einzelnen Besuch so vor, als steige er in eine Zeitmaschine ein. Nathan fasste umgehend den Entschluss, sich die mesoamerikanische Ausstellung anzusehen und zu überprüfen, ob er dort Hinweise auf das Spiel oder auch auf Kukulkan fand, die vielleicht einige seiner Fragen beantworten konnten. Wenn er nicht gerade damit beschäftigt war, Detektiv zu spielen, würde sich das ganz sicher lohnen.
Nathan hatte sein Frühstück beendet, nahm seinen Teller und ging zum Spülbecken hinüber.
»Noch mal zu der Bestattungsurne.« Onkel William wollte dieses Thema nicht so einfach fallen lassen. »Die sterblichen Überreste befinden sich aber nicht mehr darin, oder?«
»Nein, obwohl mir das lieber gewesen wäre.« Sein Vater sah enttäuscht aus. »Dann hätten wir nämlich wahrscheinlich mehr Besucher. Irgendwie fühlen sich die Leute doch durch Leichen immer angezogen.«
Da hat er recht. Johns Stimme war voller Abscheu. Bei jedem Leichenfund oder Verkehrsunfall stehen schon die Gaffer um den ganzen Block rum Schlange, damit sie einen Blick darauf ergattern können.
Nathan fielen die Filmaufnahmen über den Fund von John Montoyas Leiche wieder ein, die er sich angesehen hatte. Dort hatten auch überall Leute herumgestanden.
Sein Dad trank seinen Kaffee in kleinen Schlucken. »Aber dann hätten wir natürlich einen Maya-Geist im Haus gehabt und das hätte dir bestimmt nicht gefallen.«
Onkel William sah nicht so aus, als ob er sich sehr wohl in seiner Haut fühlen würde. »Du weißt doch, dass ich nicht an Geister glaube.«
Du hättest gestern mal mit mir zusammen sein sollen. Dann wärst du sehr schnell gläubig geworden, dachte Nathan, trocknete sich die Hände ab und hievte sich den Rucksack auf den Rücken. Er warf einen Blick in die Speisekammer und fand dort eine Schachtel Pop-Tarts mit Erdbeergeschmack. Zwei von den Päckchen, die darin waren, stopfte er sich in den Rucksack.
Alyssa lachte ihren Vater aus. »Seit wann glaubst du denn nicht an Geister? Du magst bis heute keine Horrorfilme und die Geräusche hier im Haus machen dir auch zu schaffen.«
Die Vorstellung, dass Geister in ihrem Haus herumspukten, fand auch Nathan nicht mehr witzig. Er sah zu Johns Spiegelbild in einem der Küchenfenster hinüber und war sich plötzlich sicher, dass der Polizist das Haus so lange nicht verlassen würde, bis er die Antworten bekam, auf die er wartete, oder zumindest bis er wusste, dass er sie irgendwann bekommen würde. Faktisch waren sie hier längst von Geistern heimgesucht.
Und wenn John Montoya irgendwann nicht mehr da wäre, würden dann andere Verlorene Seelen seinen Platz einnehmen, sobald die Spielregeln sie nicht mehr daran hinderten? Der bloße Gedanke daran erschöpfte Nathan.
Er räusperte sich. »Kannst du mir ein paar Dollar geben?«
Sein Vater sah zu ihm auf. »Wofür?«
»Ich würd’ gern raus. Ins Kino oder ein paar Comics kaufen. Vielleicht auch irgendwo was Kleines essen.«
Sein Vater zog die Brieftasche hervor und hielt ihm zwanzig Dollar hin. »Ist denn dein Handy aufgeladen?«
Nathan nahm sein Handy aus der Hosentasche und zeigte es seinem Vater. »Jep. Und das Ladegerät hab ich auch dabei.«
Er streckte die Hand nach dem Geld aus.
Onkel William räusperte sich. »Gestern war doch sein Geburtstag, Peter. Und du hast ihm kein Geschenk gekauft. Ein bisschen großzügiger könntest du schon sein.«
»Oh ja, stimmt. Dein Geburtstag.«
Alyssa und Onkel William schienen überrascht zu sein, dass sein Vater ihn so schnell vergessen hatte, aber Nathan nicht. Sein Vater griff noch einmal in die Tasche, holte einen weiteren Zwanziger heraus und sah Onkel William fragend an.
Der rollte mit den Augen. »Comics sind teuer heutzutage.«
»Stimmt. Dann sagen wir, einen glatten Hunderter?« Sein Vater
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