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Das Spiel Der Götter 13. Im Sturm Des Verderbens

Das Spiel Der Götter 13. Im Sturm Des Verderbens

Titel: Das Spiel Der Götter 13. Im Sturm Des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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ausgestreckt hatten - die karmesinrote Berührung des Glaubens mit all seinen Forderungen an unsere Zeit, unser Leben, unsere Liebe und unsere Ängste -, war jetzt nichts weiter als ein Geheimnis, jede Erkenntnis vergessen, aufgegeben im Vorankriechen unbarmherziger Veränderungen. Sind ihre verlorenen Stimmen in diesem verzweifelten Wind erklungen? Habe ich beim Echo von Blutopfern gezittert, beim Zerreißen von jungfräulichem Fleisch und dem Wunder eines entblößten Herzens, den verwirrten letzten Schlägen beharrlicher Wut? Bin ich vor dieser grässlichen Abfolge heiliger Tyrannei auf die Knie gefallen, wie irgendein Unwissender, der sich im gedrängten Schatten duckt?
    Die Armeen der Gläubigen waren fort. Sie sind in aufgewirbelten Staub- und Aschewolken davonmarschiert. Priester und Priesterinnen, die einer Hoffnung erlegen sind, die ihre Überzeugungen mit dem verzweifelten Durst von Dämonen vermittelt haben, die angesichts ihrer persönlichen Einschätzung von Reichtum furchterfüllte Seelen gehortet haben, sie blieben in den Spalten ihrer Götzen hocken, Stückchen von bröckelnden Knochen, in der Schwäche des Steins untergebracht, das und nichts weiter.
    Die Aussicht, die also gewährt wird, ist der Fluch des Historikers. Endlose Lektionen über die sinnlosen Spiele von Intellekt, Emotion und Glaube.
    Die einzigen interessanten Historiker, finde ich, sind die, die ihr Leben kurz und bündig durch Selbstmord beenden.
    Sechste Notiz, Band II
    Gesammelte Selbstmord-Notizen
    Historiker Brevos (der Unentschlossene)
     
    S eine Mutter hatte seine Hände geliebt. Die Hände eines Musikers. Die Hände eines Bildhauers. Die Hände eines Künstlers. Leider gehörten sie zu jemand anderem, denn Kanzler Triban Gnol verfügte über keine dieser Begabungen. Doch seine Zuneigung zu seinen Händen - mochte sie auch von dem Spott befleckt sein, der mit einem körperlichen Geschenk einherging, das sich nicht auszudrücken vermochte, - war über die Jahre gewachsen. In gewisser Hinsicht waren sie zu seinen eigenen Kunstwerken geworden. Wenn er in Gedanken war, pflegte er sie anzusehen, ihre anmutigen, geschmeidigen Bewegungen. Kein Künstler konnte die wahre Schönheit dieser nutzlosen Werkzeuge einfangen, und obwohl dies ein düsteres Urteil war, hatte er schon lange seinen Frieden damit geschlossen.
    Doch jetzt war die Vollkommenheit dahin. Die Heiler hatten getan, was sie konnten, doch Triban Gnol konnte die missgestalteten, ruinierten, einstmals fehlerlosen Linien deutlich erkennen. Er konnte noch immer das Knacken hören, mit dem seine Fingerknochen gebrochen worden waren, mit dem all das preisgegeben worden war, was seine Mutter geliebt hatte, was sie beide heimlich bewundert hatten.
    Sein Vater hätte darüber natürlich gelacht. Auch wenn dieses Lachen einem bitteren Knurren geglichen hätte. Nun, allerdings war er auch nicht sein richtiger Vater gewesen. Sondern einfach nur der Mann, der mit der schmutzigen Grausamkeit eines Dummkopfs über den Haushalt geherrscht hatte. Er hatte gewusst, dass der von seiner Frau geschätzte Sohn nicht von ihm stammte. Seine Hände waren derb und plump - was eine um so grausamere Ironie war, da in ihnen eine künstlerische Begabung gesteckt hatte. Nein, Triban Gnol verdankte seine einst perfekten Hände dem Liebhaber seiner Mutter, dem jungen (damals so jungen) Galan Turudal Brizad, einem Mann, der alles war - nur nicht das, was er zu sein schien. Alles, ja, und doch auch wieder nichts.
    Sie hätte es gebilligt, das wusste er, dass ihr Sohn im Galan - seinem Vater - einen perfekten Liebhaber gefunden hatte.
    Solcherart waren die verkommenen Launen des Palastlebens in König Ezgara Diskanars hochgeschätztem Königreich, die jetzt alle gealtert schienen, erschöpft und so bitter wie Asche in Triban Gnols Mund. Der Galan war fort - und doch nicht fort. Er hatte sich der Berührung entzogen, dieses Mal vermutlich für immer, ein Galan, dessen Existenz so flüchtig geworden war wie seine zeitlose Schönheit.
    Flüchtig, ja. Wie all die Dinge, die diese Hände einst gehalten hatten; wie all die Dinge, die durch diese langen, schlanken Finger geglitten waren. Er wusste, dass er sich selbst bemitleidete. Ein alter Mann, ohne jede Hoffnung, noch jemals auf irgendjemanden attraktiv wirken zu können. Geister bedrängten ihn, die Abfolge jener befleckten Farben, die einst Schicht um Schicht seine geschätzten Kunstwerke gefärbt hatten - oh, sie waren nur ein einziges Mal tatsächlich in

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