Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)
unermüdlicher Zuversicht, voller unsterblicher Hoffnung.
Wenn sie den Gegenstand jetzt anschaute, stellte sie fest, dass sie sich eingeengt fühlte, als würde sie auf irgendeine Weise sein Schicksal teilen. Aber sie konnte nicht für immer leuchten, oder? Nein, ihr Glanz würde verblassen, fing schon jetzt an zu verblassen. Und so besaß sie zwar dieses Symbol dessen, was sein könnte, aber das Gefühl, mit dem sie es ansah, war zu einer Art fasziniertem Unmut geworden, und allein schon, es anzusehen, wie sie es jetzt tat, bedeutete, seine brennende Berührung zu spüren, die ihren Geist mit einem Schmerz versengte, der beinahe köstlich war.
Und all das nur, weil es angefangen hatte, ein Verlangen zu schüren, und vielleicht war dies eine weitaus mächtigere Zauberei, als sie es sich anfangs vorgestellt hatte – fast schon ein Zauber, der am Rande eines Fluchs balancierte. Das goldbraune Licht strömte in sie hinein, erfüllte ihren Geist mit seltsamen Gedanken und Begierden, die immer verzweifelter danach verlangten, gestillt zu werden. Sie wurde in eine dunklere Welt gelockt, einen Ort hedonistischer Genüsse, einen Ort, der keine Rücksicht auf die Zukunft nahm und die Vergangenheit geringschätzig abtat.
Er winkte ihr zu, versprach die Glückseligkeit des allgegenwärtigen Augenblicks, und sie wusste, dass sie ihn irgendwo da draußen finden konnte.
Sie konnte ihren Ehemann auf der Treppe hören, der sich endlich dazu herabließ, sie mit seiner Gesellschaft zu beehren; allerdings würde er nach einer Nacht, in der er viel getrunken und sich den ganzen männlichen Ritualen wie Nackenhaaresträuben, Angeberei und Rumstolziererei hingegeben hatte, unerträglich sein. Sie hatte nicht gut geschlafen und war, um die Wahrheit zu sagen, nicht in der Stimmung für ihn (aber in dieser Stimmung war sie, wie sie feststellte, jetzt schon seit einiger Zeit nicht mehr gewesen – oh Schreck!), und daher stand sie rasch auf und ging in ihr persönliches Ankleidezimmer. Ein Ausflug in die Stadt, das würde jetzt zu ihrer Ruhelosigkeit passen. Ja, ohne Ziel dahinzuschlendern und die Abfälle der nächtlichen Feierlichkeiten anzustarren, sich über die trüben Augen und unrasierten Gesichter und das letzte Schnauben erschöpfter Diskussionen zu amüsieren.
Und sie würde ihr Frühstück auf der Terasse eines der eleganteren Restaurants einnehmen, vielleicht im Kathada oder der Länglichen Perle, die ihr die Aussicht auf den Platz und den Borthen-Park gewährten, wo Bedienstete Wachhunde ausführten und Ammen zweirädrige Kinderwagen schoben, in denen – wohlverpackt in Nestern aus feiner Baumwolle und Seide – eine neue Generation von Privilegierten schlummerte.
Dort würde sie bei frischen Früchten und einer Karaffe mit köstlichem Weißwein und vielleicht sogar einer Pfeife das Leben beobachten, das unter ihr dahinmäanderte, sowie den Hunden, die sie nicht wollte, und den Kindern, die sie nicht hatte und in Anbetracht von Gorlas’ Vorlieben wahrscheinlich auch niemals haben würde, einen Gedanken widmen (nur einen, und damit wäre es dann gut). Und dann einige Zeit lang über Gorlas’ Eltern und deren Abneigung ihr gegenüber sinnieren – sie waren zweifellos davon überzeugt, dass sie unfruchtbar war, aber noch nie war eine Frau auf diese Weise schwanger geworden, oder? – und über ihren eigenen Vater nachdenken, der jetzt Witwer war, und über seinen traurigen Blick und das Lächeln, um das er sich jedes Mal, wenn er sie ansah, so sehr bemühte. Und sie würde ein weiteres Mal die Idee erwägen, ihren Vater beiseitezunehmen und ihn zu warnen – vor was? Nun, zum einen vor ihrem Ehemann, und auch vor Hanut Orr und Shardan Lim, was das betraf. Die von einem großen tyrannischen Triumvirat träumten und zweifellos Pläne schmiedeten, es zustande zu bringen. Aber er würde einfach nur lachen, oder? Und sagen, dass die jungen Ratsmitglieder alle gleich waren, dass sie vor Ehrgeiz und festgefügten Überzeugungen nur so brannten und dass ihr Aufstieg einfach eine Frage der Zeit war, so unaufhaltsam wie die Gezeiten des Ozeans, und schon bald würde ihnen das selbst klar werden, und sie würden ihre endlosen Pläne, die Macht zu usurpieren, aufgeben. Geduld, würde er sagen, ist die letzte Tugend, die man erlernt. Ja, aber oft zu spät, um noch irgendeinen Nutzen daraus zu ziehen, lieber Vater. Schau dich an, du hast ein ganzes Leben mit einer Frau verbracht, die du niemals gemocht hast, und jetzt, wo du endlich
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