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Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Titel: Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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erlitten, aber niemals das Kind selbst, denn es verfügte über eine undeutliche, unaussprechliche Weisheit, die für ein absolutes Verständnis sorgte; die Lebensreise, die auf so tragische Weise kurz schien, konnte sehr wohl von vollkommener Dauer sein, die Erfahrung vollständig …
    Andere wiederum starben gewaltsam, und das war ein Verbrechen, ein Frevel am Leben selbst. Bei diesen Seelen spürte sie Wut, Schock, Leugnung. Da spürte sie Fluchen, Kämpfen, bitteren Trotz. Nein, manche Tode waren, wie sie sein sollten, aber andere waren es nicht. Von irgendwoher erklang eine Frauenstimme.
    »Segne sie, damit sie nicht genommen werden.
    Segne sie, damit sie in ihrer eigenen Zeit beginnen und gemäß ihrer eigenen Vollendung enden.
    Segne sie im Namen des Erlösers, zum Schutz vor den Grausamen, die Seelen ernten und Leben nehmen.
    Segne sie, Tochter des Todes, damit jedes Leben so wird, wie es geschrieben steht, denn Frieden wird aus Vollendung geboren, und wenn die Vollendung verweigert wird – die Vollendung des gesamten Potentials, all dessen, was im Leben versprochen wird –, ist das ein Verbrechen, eine Sünde, eine Verfrachtung in die ewige Verdammnis. Hüte dich vor den Lebensnehmern, den Benutzern! Dem Pesthauch von Mördern!
    Sie kommen! Wieder und wieder ernten sie die Seelen …«
    Die seltsame Stimme schrie jetzt gellend, und Salind wollte fliehen, aber jeglicher Wille war verschwunden. Sie war an diesem einen Ort gefangen, während Mutter um Mutter in sie hineinstürzte, die Augen schwarz und groß, die Münder zu einem Chor aus Schreien, aus heulendem Entsetzen, aus herzzerreißender Angst um ihre ungeborenen Kinder aufgerissen …
    Plötzlich hörte sie die leiernden Stimmen wieder, sie riefen sie herbei, luden sie ein … in … in was?
    Eine Zuflucht.
    Salind riss sich los, während sich ein Schrei ihrer Kehle entrang, und dann raste sie auf die Stimmen zu …
    Und öffnete die Augen. Schwaches Kerzenlicht umgab sie. Sie lag auf einem Bett. Die Stimmen umschlossen sie von allen Seiten, und blinzelnd versuchte sie, sich aufzusetzen.
    So schwach …
    Ein Arm glitt unter ihre Schultern, half ihr, sich aufzurichten, während ihr Kissen ins Kreuz gestopft wurden. Sie starrte nach oben in ein vetrautes, fremdes Gesicht. »Spinnock Durav.«
    Er nickte.
    Jetzt kamen noch andere in Sicht. Tiste-Andii-Frauen, alle in dunklen, formlosen Gewändern, den Blick abgewandt, als sie der Reihe nach das Zimmer verließen und dabei ihren skandierenden Gesang mitnahmen.
    Diese Stimmen – so schwer, so fest – gehörten tatsächlich diesen Frauen? Sie war erstaunt, halb ungläubig, und doch …
    »Du wärst beinahe gestorben«, sagte Spinnock Durav. »Die Heilerinnen haben dich zurückgerufen – die Priesterinnen.«
    »Aber – warum?«
    Sein Lächeln war schief. »Ich habe sie daran erinnert, dass sie mir noch die eine oder andere Gefälligkeit schulden. Aber nachdem sie angefangen hatten, sich um dich zu kümmern, war da mehr. Vielleicht eine Verpflichtung. Du bist schließlich eine Schwesterpriesterin – oh, mit einem anderen Aufgestiegenen vermählt, das stimmt, aber das spielte keine Rolle. Zumindest«, und er lächelte wieder, »hat es sich so herausgestellt.«
    Ja, aber warum? Warum hast du mich zurückgebracht? Ich will nicht … oh, sie konnte diesen Gedanken nicht zu Ende denken. Da sie jetzt, endlich, verstand, wie ungeheuer groß die Sünde namens Selbstmord war – aber natürlich wäre es das nicht gewesen, oder? Wenn sie einfach nur weggedämmert, der Krankheit zum Opfer gefallen wäre, die ihr so zugesetzt hatte – was für eine es auch immer gewesen sein mochte. Lag nicht auch eine Art Weisheit darin aufzugeben?
    »Nein«, murmelte sie, »das ist es nicht.«
    »Salind?«
    »Zu segnen«, sagte sie, »bedeutet, Hoffnung weiterzugeben. Reicht das? Den Wunsch auf eine glückliche Zukunft, auf ein erfülltes Leben zu heiligen? Was kann es bewirken?«
    Er musterte ihr Gesicht. »Hohepriesterin«, sagte er jetzt stockend, als würde er sich tatsächlich an einer Antwort versuchen, »wenn du jemanden segnest, erwirkst du einen Augenblick des Friedens in demjenigen, der gesegnet wird, in demjenigen, um dessen Segnung gebeten wird. Vielleicht dauert er nicht an, aber das Geschenk, das du gibst, nun ja, dessen Wert verblasst niemals.«
    Sie wandte den Kopf, schaute weg. Hinter den Kerzen sah sie eine Mauer, die mit Hieroglyphen der Andii übersät war, und eine Prozession gemalter Gestalten, die alle in

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