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Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Titel: Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Schritt.
    Irgendwo über diesem üblen Tempel tanzten Krähen mit Funken über der Öffnung eines Kamins, in der Dunkelheit praktisch unsichtbar. Jede Krähe trug ein Wort, doch die Funken waren taub. Waren zu beschäftigt mit der Ekstase ihres eigenen hellen, blendenden Feuers. Zumindest bis sie erloschen.
    Gaz stürmte früh nach draußen, sobald ihm klar wurde, dass die Einnahmen des Tages nicht für ein lohnenswertes nächtliches Besäufnis ausreichen würden. Thordy schaute ihrem Mann hinterher, als er – jämmerlich nach vorn gebeugt, wie immer, wenn er wütend war – mit ruckartigen Schritten in die Nacht hinausstapfte. Sie hatte keine Ahnung, wo er hinging, und um ehrlich zu sein, war ihr das auch vollkommen egal.
    In der letzten Woche hatte dieses dünne Würmchen von einem Gassenbengel jetzt doch tatsächlich zweimal ihren Gemüsestand geplündert. Bei den Göttern, was war heutzutage bloß mit Eltern los? Der Knirps war vermutlich gerade mal fünf, nicht älter, das war sicher, und bereits so schnell wie ein Aal in den Untiefen – und warum war er nicht angeleint, wie ein Kind es eigentlich sein sollte? Vor allem in diesem Alter, wo es doch jede Menge Leute gab, die sich ein solches Kind schnappen würden, es benutzen oder so schnell wie möglich verkaufen würden. Und wenn sie ihn auf diese üble Weise benutzten, dann würden sie ihm hinterher den Hals umdrehen, was Thordy jetzt nicht sonderlich bekümmerte, außer dass es ein grausamer Gedanke und ein grausames Bild und insgesamt eher etwas war, woran ihr Mann denken würde und nicht sie. Obwohl er nur daran gedacht hatte, wie viel Geld sie verdienen würde, wenn die Diebstähle aufhörten. Und vielleicht auch daran, was er tun würde, wenn er den Knirps jemals zu fassen bekam.
    Bei diesem Gedanken schauderte sie, doch dann lenkte Nou sie ab, der Wachhund im Garten nebenan, der plötzlich – und ganz ungewohnt – wild zu bellen anfing, aber dann erinnerte sie sich an ihren Mann und daran, dass er weggegangen war und wie sehr Nou Gaz hasste, vor allem, wenn er so ging. Wenn Gaz nach Hause gestolpert kam, betrunken und nutzlos, gab der räudige Hund keinen Mucks von sich, nein, dann beachtete er Gaz schlicht überhaupt nicht.
    Hunde konnten, wie sie wusste, böse Absichten riechen. Andere Tiere konnten das auch, aber Hunde konnten es besonders gut.
    Gaz rührte Thordy grundsätzlich nicht an, nicht einmal den leichtesten Schubs oder Klaps gab er ihr, denn ohne sie und den Garten, um den sie sich kümmerte, wäre er in Schwierigkeiten, und das wusste er nur allzu gut. Er war mehrere Male kurz davor gewesen, oh ja, doch dann war da schlagartig ein Schimmern in seinen Augen gewesen, eine überraschende, flackernde Erleuchtung. Und er hatte gelächelt und sich abgewandt und die verstümmelte Faust und alles, was dahinter war, für irgendjemand anderen aufgespart. Gaz mochte eine ordentliche Schlägerei, in irgendeiner Gasse hinter einer Schenke. Es gefiel ihm, Gesichter einzutreten, solange das Opfer kleiner war als er – und betrunkener. Und keine Freunde hatte, die sich vielleicht einmischen oder hinter seinem Rücken auftauchen könnten. Das war seine Art, mit dem Elend seines Lebens umzugehen, zumindest sagte er das oft genug.
    Thordy wusste nicht so recht, was er mit dem Elend meinte, obwohl sie ein paar Vorstellungen hatte. Sie zum Beispiel. Den armseligen Flecken Erde, den sie für ihr Gemüse hatte. Ihren unfruchtbaren Leib. Die Art und Weise, wie das Alter und die harte Arbeit sie zermürbten und ihr das Feuer stahlen, das sie einst besessen hatte. Oh, es gab vieles, das mit ihr zu tun hatte und dafür sorgte, dass er sich elend fühlte. Und wenn man alles in Betracht zog, musste sie eigentlich froh sein, dass sie ihn so lange gehabt hatte, vor allem, als er sich auf dem Fischerboot um die Netze gekümmert hatte – jene Netze, die ihn bedauerlicherweise alle Finger gekostet hatten; damals, in jener Nacht, als etwas Großes unten im Wasser gewartet hatte – reglos und so unbemerkt, dass die Mannschaft das Netz an Bord gehievt hatte –, etwas Großes, das dann in wilder Kraft explodiert und wie ein Rammbock dem Fluss entgegengestürmt war. Gaz’ Finger, die sich alle in den Maschen des Netzes verfangen hatten, waren wie gekappte Karotten weggerissen worden, und jetzt hatte er nur noch Daumen und Knöchel und sonst nichts mehr.
    Fäuste, die fürs Kämpfen gemacht waren, pflegte er zu sagen und dabei die Zähne zu blecken, ohne es zu bemerken.

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