Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
sind als Pächter nach Waringham gekommen. Die züchten jetzt natürlich auch Schafe.«
Blanche war stehen geblieben und sah ihren Zwillingsbruder lächelnd an. »Das klingt, als käme Waringham allmählich wieder zu Wohlstand.«
»Na ja, die Bauern schneller als ich. Wegen all der Schulden, weißt du. Aber wir hatten eine gute Auktion, also will ichmich nicht beklagen. Und natürlich haben wir gute Pachteinnahmen, viel besser als zu Roberts Zeiten, weil es den Bauern besser geht und wir neue Pächter gewonnen haben. Auch das hilft uns weiter. Nur leider stellt die Königin sich vor, dass ich jeden Penny, den ich verdiene, in die Ausrüstung und den Sold für immer noch mehr Soldaten stecke, und darum werde ich vorläufig todsicher kein reicher Mann.«
»Sie tut es für Henry, und es ist deine Vasallenpflicht, Bruder«, rief sie ihm ins Gedächtnis.
»Sie tut es für sich selbst und vielleicht für Edouard«, widersprach er. »Aber du hast trotzdem Recht. Es ist meine Pflicht, das ist der Grund, warum ich ihr folge. Nicht aus Liebe zu meinem König, wie du weißt.«
Er breitete seinen Mantel im Gras aus, und sie setzten sich nebeneinander darauf.
Blanche zog ihr allgegenwärtiges Strickzeug aus dem Beutel, der mit dem großen Schlüsselbund an ihrem Gürtel hing. »Der arme Henry, was er wohl aussteht.«
»Ich bin überzeugt, er findet Trost im Gebet.«
»Julian …«, schalt sie, obwohl sie in ihrem Brief an Megan das Gleiche gesagt hatte. Nur nicht so höhnisch.
Julian wechselte das Thema. »Ich höre, du bist schwanger?«
»Wie untypisch indiskret von Megan«, bemerkte Blanche.
»Du wolltest nicht, dass ich es erfahre? Warum nicht?« Es klang verwundert.
Blanche hob unbehaglich die Schultern. »Ich weiß nicht. Ein bisschen peinlich ist es schon, einen Bastard zu kriegen. Ich meine, ich bin immerhin eine Waringham, keine liederliche Gänsemagd. Ich schäme mich, dass ich unseren Namen in Verruf bringe.«
Julian dachte einen Moment darüber nach und kam zu dem Schluss, dass er sich nicht schämte, solange in England niemand davon erfuhr. Was die Leute in Wales dachten, war ihm gleich.
Als könne sie seine Gedanken lesen, sagte Blanche: »Hoffe lieber nicht darauf, dass es ein Geheimnis bleibt. Früher oder später erfahren die Marcher Lords alles, was in Wales vor sichgeht, und was die Marcher Lords wissen, weiß bald darauf ganz England.«
»Wenn das wirklich stimmt, werden wir ganz andere Sorgen haben als einen Skandal. Es war Thomas Devereux, der die Königin von Northampton bis nach Stratford verfolgt hat, Blanche. Wie so viele Marcher Lords steht er in Yorks Diensten. Und wenn er wirklich weiß, wo du steckst, und York zurückkehrt und die Macht an sich reißt …«
»Bedeutet das noch lange nicht, dass Jasper Tudor die Herrschaft über Wales verliert.«
»Nein«, musste er einräumen. Trotzdem beunruhigte ihn die Vorstellung, dass Blanches geschmähter, rachsüchtiger Gemahl durch den Duke of York zu mehr Macht und Einfluss kommen könnte, als er bislang besessen hatte. »Wenn Devereux erfahren sollte, dass du ein Kind von Jasper bekommst …« Er brach ab und schüttelte den Kopf. »Es war ein verdammt ungünstiger Zeitpunkt, um schwanger zu werden.«
Sie nickte. »Aber wir sind dreiundzwanzig Jahre alt, Julian. Ich konnte nicht mehr ewig warten, verstehst du. Es ist mir eine große Freude, Mutterstelle an dem kleinen Richmond zu vertreten, er ist so ein goldiges Kerlchen. Aber es reicht mir nicht. Ich wollte ein eigenes Kind. Also habe ich aufgehört, diesen widerlichen Petersilienwurzeltee zu trinken.«
»Herrgott noch mal, Blanche, du bist absichtlich …«
»Ja. Und ich wäre dir dankbar, wenn du die Stimme gesenkt hieltest, denn ich hab es ohne Jaspers Wissen getan, und ich habe das Gefühl, heute ist nicht der allerbeste Tag, es ihm zu beichten.«
»Kaum«, räumte er ein. Jasper Tudor war ihm seit jeher ein bisschen unheimlich gewesen mit seinen düsteren Launen und dem Zorn auf die Welt, der immer unter der Oberfläche zu schwelen schien. »Ich kann nicht behaupten, dass ich dich verstehe, aber auf meine Verschwiegenheit kannst du dich verlassen.«
»Wie eh und je«, gab sie mit einem Lächeln zurück. Als Kinder hatten sie zusammengehalten wie Pech und Schwefel, jedenUnfug gedeckt, den der andere anstellte, und oft eine undurchdringliche Front gegen Eltern, Lehrer und Amme gebildet. Als ihr Vater einmal vorgeschlagen hatte, sie für ein Jahr in die Klosterschule zu stecken –
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