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Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Titel: Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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lächelte, und es war verblüffend, wie vollkommen dieses Lächeln ihr Gesicht veränderte. Es betonte das Grübchen in ihrem Kinn, brachte Lebhaftigkeit in ihre Züge und Wärme in ihre blauen Augen. Julian erinnerte sich erst mit geraumer Verspätung daran, dasses ihm nicht anstand, die Königin so lange anzustarren, und er senkte hastig den Blick.
    »Und Ihr sprecht Französisch, welch eine Freude«, fügte sie hinzu und erlaubte ihm mit einer Geste, sich zu erheben.
    Julian stand auf und fuhr sich verlegen mit der Hand über den Hals. »Nun ja. Ich habe mich gegen den Großteil meiner Schulbildung erfolgreich zur Wehr gesetzt, aber meine Schwester hat eines Tages begonnen, nur noch Französisch mit mir zu reden. Da blieb mir nichts anderes übrig.«
    »Das klingt, als sei Eure Schwester eine Dame, die weiß, was sie will und wie sie es bekommt.«
    »Das könnt Ihr in Stein meißeln, Madame.«
    »Wie bitte?«
    »Ähm … Ich wollte sagen, Ihr habt völlig Recht. Meine Schwester sorgt in erfinderischer Weise immer dafür, dass sie und ihre Wünsche nicht zu kurz kommen.«
    »Und Ihr vergöttert sie«, bemerkte Marguerite.
    »Nur manchmal und nur ein bisschen«, schränkte er mit einem scheuen Lächeln ein.
    Die Königin streckte ihm die Rechte entgegen. »Ich glaube, wir werden uns gut verstehen, Waringham.«
    Behutsam nahm er die Hand mit Daumen und Mittelfinger, beugte sich darüber und küsste sie.
     
    Der König hatte sich geschlagene zwei Stunden mit Edmund Tudor beraten, ehe der Sergeant-at-Arms – ein Angehöriger der königlichen Leibwache − Megan vorließ.
    »Komm mit mir, Blanche«, bat das junge Mädchen.
    Blanche, die ihr in der kühlen, schmucklosen Vorhalle Gesellschaft geleistet hatte, erhob sich willig, wandte jedoch ein: »Warum? Sag nicht, du fürchtest dich vor unserem königlichen Lämmchen.«
    »Nein. Aber er wird es unschicklich finden, wenn ich allein zu ihm komme.«
    Die beiden jungen Damen betraten das königliche Privatgemach und versanken in einem tiefen Knicks.
    Henry stand leicht gebeugt am Fenster. Trotz des herrlichen Sonnenscheins draußen war es geschlossen, die Luft im Raum ein wenig stickig.
    »Mesdames.« Er trat zu Megan, hob sie auf und küsste ihr die Stirn. Mit einer Geste gestattete er auch Blanche, sich zu erheben. »In Euren Augen sehe ich, was ich in denen Eures Bruders vermisst habe, Lady Blanche: Trauer um Euren Vater.«
    »Oh, er trauert, Sire, das ist gewiss. Nur anders als Ihr und ich.« Dann besann sie sich etwas verspätet dessen, was ihre Mutter ihr über Hofetikette beizubringen versucht hatte, und biss sich auf die Lippen. »Vergebt mir, mein König. Ich wollte Euch nicht widersprechen. Habt Dank für Eure gütige Anteilnahme.«
    »Euer Vater ist uns in eine bessere Welt vorausgegangen, mein Kind«, erinnerte er sie.
    »Ich weiß, Sire.« Blanche rang um Haltung. Sie fand es widerwärtig, ständig in Tränen auszubrechen. »Es ist nur … Er fehlt mir so schrecklich.«
    Plötzlich lag die warme, trockene Hand des Königs auf ihrer Wange. Sie duftete gut, diese Hand. Nach Büchern und nach Äpfeln. »So geht es mir auch«, räumte Henry ein. »Aber Gott wird uns Trost spenden.«
    Blanche nickte.
    »Nun, Megan?«, wandte der König sich bemüht fröhlich an seine Cousine. »Du wünschtest mich zu sprechen?«
    Das Mädchen senkte den Blick. »So ist es, Sire. Und ich wäre dankbar, wenn wir unsere Unterhaltung in der Kapelle fortsetzen könnten.«
    Es war eine ungewöhnliche Bitte, und Henry runzelte verwundert die Stirn, erhob aber keine Einwände. Ihm war jeder Grund recht, ein Gotteshaus zu betreten. Es war der einzige Ort, wo er Zuversicht verspüren konnte, sagte er gern. Manchmal verbrachte er ganze Tage in seiner Privatkapelle, hatte Blanche gehört, mal allein, mal in Begleitung seines Beichtvaters oder eines befreundeten Bischofs. Mit ihnen las der König in der Bibel und den Schriften der Kirchenväter, sie betetengemeinsam, und Henry lauschte ihren Predigten, freilich ohne zu ahnen, dass deren Inhalt zuvor immer genauestens mit seinem Lord Chamberlain abgestimmt wurde, denn Predigten über weltliche Belange und die Missstände im Land könnten, so fürchtete man, die angeschlagene Gesundheit des Königs gefährden.
    Nun ging Henry voraus, verließ die Flucht seiner Privatgemächer und führte Megan und Blanche durch einen kleinen, geschützten Garten voll sorgsam beschnittener Obstbäume zum Eingang der Kapelle. Sie war nicht so groß wie die

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