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Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Titel: Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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prachtvolle St.-Georgs-Kapelle im oberen Burghof, aber sein bevorzugtes Refugium.
    Blanche zögerte an der Schwelle und sah fragend zu Megan. Ihre junge Freundin deutete ein Nicken an, fasste Blanche am Handgelenk und zog sie mit sich ins dämmrige Innere. Sie ist nervös, erkannte Blanche erstaunt. Das war höchst untypisch. Megan Beaufort mochte jung und weltfremd sein, doch egal, was passierte, sie ruhte immer in sich selbst. Sie war beim Tod ihres Vaters erst ein Jahr alt gewesen – zu jung, um sich an die mysteriösen Umstände oder die Feindseligkeiten mit dem Duke of York und die Verbannung vom Hof zu erinnern, die seinem Tod vorausgegangen waren. Aber der große Schmerz ihrer Mutter hatte ihre frühen Jahre verdüstert wie ein Schatten. Abgeschieden hatten Mutter und Tochter in Bletsoe gelebt, oft einsam. Zu den wenigen Freunden, die sie nicht im Stich gelassen hatten, zählte Blanches Vater. Er hatte sie in Bletsoe besucht, so oft es ihm möglich war. Nicht selten hatte er Blanche und Julian mitgenommen, damit sie ein Band mit der einzigen Tochter seines toten Freundes knüpfen konnten. Und wenngleich ein Altersunterschied von sechs Jahren Megan und Blanche trennte und ihr Temperament kaum unterschiedlicher hätte sein können, waren sie einander doch innig verbunden. Zu den Dingen, die Blanche an ihrer jungen Freundin immer bewundert hatte, gehörten Megans Ausgeglichenheit und Heiterkeit, die offenbar von den vielen Büchern genährt wurden, die sie las.
    Aber heute war Megan nervös. »Vergebt mir, wenn ich Eure Zeit über Gebühr beanspruche, Sire, aber wäret Ihr wohl bereit, ein Weilchen mit mir zu beten?«, fragte sie.
    »Nur zu gern, mein Kind«, willigte ihr Cousin ein, und sie knieten Seite an Seite auf der gepolsterten Gebetsbank vor dem schlichten Altar nieder und senkten die Köpfe.
    Blanche blieb nicht viel anderes übrig, als sich auf die zweite Bank weiter rechts zu knien und wenigstens so zu tun, als ob sie auch in fromme Betrachtungen vertieft sei. Dabei waren Einkehr und Stille nicht ihre Sache, und sie setzte außerhalb der täglichen Messe und wöchentlichen Beichte freiwillig keinen Fuß in eine Kirche.
    Schließlich hörte sie das Rascheln von edlem Stoff und des Königs Stimme: »Also, was bedrückt dich, Cousine? Wenn es in meiner Macht steht, deinen Kummer zu lindern, dann soll es geschehen.«
    »Es steht in Eurer Macht, Sire«, bestätigte Megan. Sie wisperte beinah, doch selbst ihre gesenkte Stimme hallte ein wenig in der leeren Kapelle, und Blanche – die versunken tat, aber eifrig lauschte – hörte jedes Wort.
    »Es steht in Eurer Macht«, wiederholte das junge Mädchen, »aber ich weiß nicht, wie Ihr meine Bitte aufnehmen werdet, mein König.«
    »Die da lautet?«
    »Ich … ich wollte Euch ersuchen, mein Verlöbnis mit John de la Pole zu lösen, Sire.« Es klang ein wenig atemlos. »Denkt nicht, ich wüsste nicht, dass Ihr mir einen guten Mann gewählt habt, aber ich kann ihn nicht heiraten.«
    »Warum nicht?«, fragte der König. »Fühlst du dich berufen? Willst du den Schleier nehmen?«
    »Eine Weile habe ich geglaubt, das sei mein Weg. Aber es war ein Irrtum. Seit einigen Wochen sehe ich meinen Weg klar vor mir. Mein König, ich … ich hatte eine Vision.«
    Henry starrte sie einen Moment mit weit geöffneten Augen an. Dann bekreuzigte er sich langsam, ohne den Blick abzuwenden. »Sprich weiter«, forderte er sie auf.
    »Nach der Messe am Palmsonntag war ich von einer seltsamen Unrast erfüllt«, erzählte Megan. »Wisst Ihr noch, welch ein kalter, regnerischer Tag es war? Ich ging zurück in die Kirche und betete. Der Regen trommelte aufs Dach, und es war kalt. Lange konnte ich keine Ruhe finden. Aber mit einem Mal legte sich Wärme wie eine Decke um meine Schultern. Mein Geist wurde klar und ruhig. Vor dem Altar erschien ein helles Schimmern, das mich zuerst blendete. Doch schließlich erkannte ich eine lichtumflutete Gestalt: einen Bischof mit einem Buch und … drei Goldkugeln.«
    Der König zog ergriffen die Luft ein. »Der heilige Nikolaus.«
    Megan nickte. »Und er sprach zu mir, Sire. Er … sprach zu mir.« Es klang, als könne sie dieses Wunder selbst heute noch nicht fassen. »Er trug mir auf, zu Euch zu gehen und Euch zu bitten, mein Verlöbnis mit John de la Pole zu lösen. ›Aber heiliger Nikloaus‹, sagte ich zu ihm, ›er wird mir niemals glauben, dass du mir erschienen bist. Kein Mensch wird mir glauben.‹ Da hat er geantwortet: ›Der König lebt

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