Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
nicht versessen darauf zu heiraten.«
»Aber wenn du dich nicht beeilst, bleibst du sitzen«, gab Megan zu bedenken.
»Dann verführe ich meinen Cousin Geoffrey auf dem Heuboden, sodass er mich heiraten muss.«
»Blanche!« Megan schlug beide Hände vor Mund und Nase.Ihre dunklen Augen oberhalb der Fingerspitzen wirkten riesig. Dann fing sie an zu kichern, und schließlich brachen sie beide in Gelächter aus.
Julian machte sich die Sache nicht einfach. Die Nacht von Sonnabend auf Sonntag verbrachte er in der St.-Georgs-Kapelle, um zu beten und zu fasten. Er betete, weil er wusste, dass er Beistand und Führung brauchte. Und in Windsor hatte er bislang niemanden getroffen, der ihm einen uneigennützigen Rat hätte geben können. Jeder hier kochte irgendein Süppchen. Die einen für York, die anderen für den König, manche nur für sich selbst. Alte Bande, in Kriegszeiten geknüpft, schufen ein solches Gewirr aus Loyalitäten, Verpflichtungen und Abhängigkeiten, dass der Unachtsame sich leicht darin verstricken und straucheln konnte.
Julian musste eine Entscheidung treffen, aber er fühlte sich außerstande. Jeder Weg, der ihm offenstand, war voller Tücken.
Er sah zu dem wundervollen Wandgemälde auf, das den heiligen Ritter auf einem gewaltigen weißen Pferd zeigte, den erschlagenen Drachen zu seinen Füßen. »Heiliger Georg«, murmelte der junge Mann, »es heißt, du seiest ein Nothelfer. Also hilf mir. Denn ich bin in Nöten, weiß Gott …«
»Das ist ja nichts Neues«, bemerkte eine vertraute Stimme hinter ihm.
Julian wandte mit einem etwas gequälten Lächeln den Kopf. »Was treibt dich zu so später Stunde noch um, Mylord of Richmond?«
Edmund Tudor kniete sich neben ihn auf die Steinfliesen. »Es wird bald Tag. Ich war wach und dachte, dann könnte ich ebenso gut herkommen und dafür sorgen, dass sie dich hier nicht selig schlummernd vorfinden. Das würde keinen besonders guten Eindruck auf den König machen.«
»Wie du siehst, war deine Sorge unbegründet«, gab Julian ein wenig gereizt zurück, aber in Wahrheit war er dankbar für die Gesellschaft. »Um ehrlich zu sein, habe ich wenig Hoffnung,die Freundschaft des Königs erwecken zu können, ganz gleich, wie eifrig ich hier heute Nacht bete. Er kann mich nicht ausstehen.«
Tudor warf ihm einen langen Blick zu. »Hättest du seine Freundschaft denn verdient?«, wollte er schließlich wissen.
»Du zweifelst daran?«
Edmund Tudor ließ sich durch den gekränkten Tonfall nicht vom Kurs abbringen. »Du bist mit Warwick gesehen worden.«
»Ah, verstehe. Hier kann man keinen Schritt tun, ohne dass irgendwer es sieht und finstere Machenschaften unterstellt, nicht wahr?«
»Ich unterstelle dir gar nichts«, widersprach Edmund. »Und ich zweifle auch nicht an dir. Aber ich weiß, wie es in dir aussieht.«
»Nein, Edmund. Du hast keine Ahnung, wie es in mir aussieht. Ich habe drei Jahre in Warwicks Haushalt gelebt, und er war immer großzügig und anständig zu mir. Ich stehe in exakt dem gleichen verwandtschaftlichen Verhältnis zu ihm wie zu König Henry, nur dass Warwick das nicht verleugnet. Dennoch ist der König der König, und ich weiß, was das bedeutet und was ich ihm schuldig bin. Glaub mir. Ich weiß das genau.«
Edmund nickte und wandte den Blick zu dem St.-Georgs-Bildnis. »Ja. Mir ist klar, dass es nicht einfach für dich ist. Für niemanden. Außer für Jasper und mich, denn der König ist unser Bruder. Aber ich weiß ehrlich nicht, wo ich stünde, wäre das nicht der Fall.« Dieses Eingeständnis war ein so ungeheurer Vertrauensbeweis, dass Julian einen Moment sprachlos war. Ehe er noch entschieden hatte, wie er darauf angemessen reagieren könnte, fuhr sein Freund fort: »Reite nach Hause, Julian. Kümmere dich um deine Angelegenheiten in Waringham und denk in Ruhe nach.«
Julian nickte. Er wusste, es war ein guter Rat. »Ich hoffe nur, mein Vormund wird mich nicht an die kurze Leine nehmen.«
»Bestimmt nicht. Ich kann mir kaum vorstellen, dass er große Lust verspürt, seine Zeit im öden Kent zu vertun.«
»Kent ist nicht öde. Weißt du, wer es ist?«
Tudors schwarze Augen glommen. »Oh ja.«
»Du?« , brachte Julian fassungslos hervor.
Sein Freund lachte leise. »Überleg dir lieber gut, ob du Einwände vorbringen willst.«
»Woher denn.« Julian hatte keine Einwände, im Gegenteil. Er fühlte sich geschmeichelt. »Aber gib dich keinen falschen Hoffnungen hin, Mann: Mich kriegst du mit dieser fürsorglichen
Weitere Kostenlose Bücher