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Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Titel: Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Bengel!«
    Roland presste die Lippen zusammen und sah zu Boden.
    »Leider gibt es derzeit nicht mehr viele Lords in England, denen ich einen Knappen schicken könnte«, fuhr Julian fort. »Aber es ließe sich bestimmt etwas arrangieren. Also: Ist es das, was du möchtest?«
    Roland schien einen Moment nachzudenken. Dann zuckte er mit den Schultern. »Ist mir egal.«
    Julian stieß verächtlich die Luft aus. »Verstehe. Und gibt es auch irgendetwas, das dir nicht egal ist?«
    »Ich glaube nicht, dass Ihr das hören wollt.« Zornestränen schimmerten in den blauen Augen.
    »Ich bestehe darauf.«
    »Na schön«, grollte Roland und trat einen Schritt auf ihn zu. »Mir ist nicht egal, was mit meinem Vater und Bruder beiTowton passiert ist! Und mit Tausenden weiterer Lancastrianer. Mir ist nicht egal, dass Ihr sie einfach vergessen habt und Euer Mäntelchen nach dem Wind hängt und Edward of March die Stiefel leckt …«
    Julian sprang auf und packte den Jungen mit der linken Faust am Kragen. Im letzten Moment fiel ihm ein, dass er seinem Knappen befohlen hatte, zu sagen, was er dachte. Also beherrschte er sich. Er hatte nicht die Absicht, einem vierzehnjährigen Rotzbengel in die Falle zu gehen und sich selbst ins Unrecht zu setzen.
    Julian ließ ihn los und stieß ihn von sich. »Sag das nie wieder«, riet er. »Denn es ist eine Lüge. Ich habe keinen von ihnen vergessen. Ich war nämlich dabei, als sie starben, weißt du. Im Gegensatz zu dir. Innerhalb vernünftiger Grenzen habe ich Verständnis für deine Trauer und deine Wut, Roland. Aber die Schlacht von Towton liegt ein dreiviertel Jahr zurück. Es ist Sünde, sich in Trauer zu suhlen, wie du es tust. Und unmännlich. Ich verlange, dass du damit aufhörst.«
    Roland schnaubte unüberhörbar. Er war offensichtlich nicht beeindruckt.
    Julian hatte genug. Er trat an den Tisch, trank einen Schluck und sah einen Moment zum Fenster. Regen prasselte gegen die bernsteinfarbenen Butzenscheiben, und die beiden Flügel bewegten sich im eisigen Luftzug. Nicht gerade ein Anblick, der einen mit Langmut und Zuversicht erfüllte. Julian dachte mit den schlimmsten Befürchtungen an den morgigen Tag. Ganz abgesehen davon, welchen Schaden diese Heimsuchung seinem Ansehen zufügen würde, waren jeder Mann, jede Frau und jedes Kind in Waringham in Gefahr, bis die Yorkisten wieder verschwanden. Und in einer solchen Situation war ein hitziger Wirrkopf wie Roland ein unkalkulierbares Risiko.
    Natürlich gab es Mittel und Wege, ihn kleinzukriegen. Man konnte jeden brechen, wenn man ihn nur weit genug erniedrigte. Aber diesen Weg wollte Julian nicht noch einmal beschreiten. Er bereute, was er damals nach Edmunds Tod mit Rhys getan hatte. Nicht weil er sich damit einen Feind geschaffenhatte – davon hatte er reichlich, und er konnte ganz gut damit leben –, sondern weil es ihm seine dunkle Seite gezeigt hatte. Und je weniger er davon sah, desto glücklicher war er. Er wollte wenigstens glauben können, dass er seither ein bisschen klüger geworden war.
    »Hör zu, Roland«, sagte er leise. »Morgen beehrt uns der Thronräuber mit einem Besuch.«
    Hass flackerte in Rolands Augen, aber er sagte nichts.
    Julian nickte. »Ja, ich weiß. Du meinst, ich lecke Edward of March die Stiefel, aber du täuschst dich. Nur ist es vertrackterweise so, dass ich im Augenblick nicht viel gegen ihn tun kann, gerade weil ich Lancastrianer bin.«
    Und er erzählte ihm von dem kleinen Earl of Richmond, der in Wales als Geisel gehalten wurde, als Unterpfand für seine – Julians – und Jasper Tudors Duldung des neuen Regimes. »Ich weiß, dass es in deinem Alter schwer zu verstehen und noch schwerer zu akzeptieren ist, dass man manchmal wie ein Feigling dastehen muss, um das Richtige zu tun. Glaub mir, ich halte das selbst kaum aus. Aber ich bin bereit, dieses Opfer zu bringen, weil es nun einmal nicht anders geht. Und wenn du morgen irgendetwas Unüberlegtes sagst oder tust, was den Jungen in Gefahr bringt und mein Opfer sinnlos macht, dann …« Er unterbrach sich und atmete tief durch. »Um ehrlich zu sein, ich weiß nicht, was dann passiert. Aber ich kann dir nur raten, es nicht darauf ankommen zu lassen.« Er hob den Kopf. »Hast du verstanden?«
    »Ja, Mylord.« Es klang grantig, aber aufrichtig.
    »Gut. Dann geh hinunter und sieh zu, wie du dich nützlich machen kannst. Sag Sir Frederic, ich komme gleich nach.«
     
    König Edward kam nicht mit zwei, sondern mit vier Dutzend Begleitern nach Waringham,

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