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Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Titel: Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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hübsches, weiß getünchtes Fachwerkhaus, viel schöner als die alte. In der Kate nebenan, wo Vater Michael wohnte, schimmerte Licht im Fenster; auch ein paar der Häuser entlang der Gasse waren erleuchtet. Das Laub der alten Buchen flüsterte in der warmen Abendbrise, und in Julians Rücken plätscherte der Tain. Ein friedvoller Abend, ein schönes Dorf. Trotzdem musste Julian gegen den heftigen Drang ankämpfen, kehrtzumachen und im gestreckten Galopp zur Straße zurückzureiten.
    Er wendete Dädalus in genau die entgegengesetzte Richtung und schnalzte ihm zu. »Nur noch ein kleines Stück, mein ausdauernder Freund«, versprach er und klopfte den muskulösen Pferdehals. »Über den Mönchkopf und den Burghügel hinauf. Dann kriegst du den besten Hafer, der in England zu haben ist, du hast mein Wort.«
    Doch als sie oben am Burggraben ankamen, musste er feststellen, dass die Zugbrücke geschlossen war.
    »Oh, das ist großartig«, knurrte Julian vor sich hin. »Ihr wollt mich nicht reinlassen? Ist mir nur recht, dann kann ich ja wieder verschwinden …« Stattdessen steckte er zwei Finger in den Mund und pfiff durchdringend.
    »Wer ist da?«, rief eine barsche Stimme aus dem Fenster des Torhauses.
    »Julian of Waringham!«
    Nach einem kurzen Schweigen fragte der Wächter: »Welcher Name steht auf dem zweiten Grabstein von rechts, wenn man hinter der Burgkapelle auf den Kirchhof kommt?«
    Ungläubig starrte Julian zum Tor hinüber, dann runzelte er konzentriert die Stirn. »Gar keiner!«, rief er endlich, erleichtert, dass es ihm eingefallen war. »Es ist das Grab eines pestkranken Spielmanns, der tot zusammenbrach, als er ans Tor kam. Niemand wusste, wie er hieß.«
    Unter vernehmlichem Kettenrasseln begann die Zugbrücke, sich herabzusenken. Als Julian endlich über den Graben reiten konnte, stellte er fest, dass ihn nun das Fallgitter daran hinderte, seine Burg zu betreten.
    »Denkt ihr nicht, ihr übertreibt ein wenig?«, fragte er die beiden Torwachen, die, jeder mit einer Fackel in der Linken und der gezückten Waffe in der Rechten, auf der anderen Seite des Gitters standen.
    »Schaden macht klug«, brummte der alte Piers, der hier schon das Tor gehütet hatte, als Julian und Blanche laufen lernten. »Miles war mein Schwiegersohn.«
    »Ich weiß. Es tut mir leid, Piers.«
    Der Torwächter machte irgendwem in der Wachkammer ein Zeichen, und die Winde des Fallgitters setzte sich quietschend in Gang. Ehe es noch ganz oben war, glitt Julian aus dem Sattel und führte Dädalus in das tunnelartige Torhaus.
    »Willkommen zu Hause, Mylord«, sagte der alte Piers feierlich.
    Julian nickte, ohne anzuhalten. Er hatte versucht, sich für den Moment zu wappnen, da irgendwer in Waringham ihn mit dem Titel anredete, der bislang Robert vorbehalten gewesenwar, aber trotzdem überlief es ihn eiskalt. »Danke, Piers. Wurd auch Zeit.«
    »Ja. Ihr wart drei Jahre nicht hier. Eine Schande ist das«, bekundete der alte Soldat und ging neben ihm her Richtung Pferdestall.
    Julian wandte grinsend den Kopf. »Ich meinte eigentlich, dass der Gaul todmüde ist. Und mir tut der Hintern weh. Im Übrigen waren es nur zwei Jahre.«
    Piers enthüllte ein paar Zahnlücken, als er das Lächeln erwiderte. »Unter manchen Lords wird einem die Zeit lang, scheint mir.«
    Julian nickte.
    Piers nahm ihm die Zügel ab. »Ich kümmere mich um Euren wackeren Freund, Mylord. Geht nur. Eure Mutter wird froh sein, Euch zu sehen.«
    »Ist sie oben?« Julian wies auf den hässlichen, viergeschossigen Kasten, der der Bergfried von Waringham Castle war.
    Aber Piers schüttelte den Kopf. »Bei Eurem alten Herrn. Da ist sie jeden Abend um diese Zeit, wenn’s nicht gerade gießt.«
    Julians Herz sank. Es erschütterte ihn, wieder in Waringham zu sein. Erinnerungen flammten vor seinem geistigen Auge auf wie Sternschnuppen, eine abscheulicher als die andere, alle mit diesem Ort verknüpft, der nun sein Eigen war, ob er wollte oder nicht. Das Letzte, was ihm jetzt noch fehlte, war die Trauer seiner Mutter. Aber natürlich blieb ihm nichts anderes übrig, als zu ihr zu gehen. Nicht nur, weil der Anstand es gebot, sondern weil Piers ihn beobachtete, und Julian wollte nicht, dass der alte Haudegen schlecht von ihm dachte.
    Doch als er auf die kleine Burgkapelle zuging, hinter welcher der Friedhof der Waringham gelegen war, kam seine Mutter mit einer Fackel in der Linken hinter dem Gotteshaus zum Vorschein.
    »Julian?« Sie war stehen geblieben, hielt ihr Licht von sich

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