Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
trifft sich gut. Ich wollte dich unter vier Augen sprechen.«
Julian nickte. »Das hat sie gemerkt. Ihr entgeht niemals etwas.«
Sein Cousin betrachtete ihn mit zur Seite geneigtem Kopf. »Du hast deine kleine yorkistische Kratzbürste also zu schätzen gelernt.«
Julian sagte weder ja noch nein. »Welche Schlüsse du aus meinen Worten ziehst, ist allein deine Sache, Richard.« Mit einer Geste lud er ihn ein, Platz zu nehmen, und sie setzten sich nebeneinander auf die sonnenwarme Steinbank.
»Weißt du, wo Marguerite und ihr Sohn sind?«, fragte der Gast unvermittelt.
»Ist sie es, die deinen Zorn erregt hat?«, wollte Julian wissen.
»Nein.«
»Wer dann?«
Warwick antwortete nicht sofort. Schließlich verschränkte er die Arme vor der Brust, stieß hörbar die Luft aus und sagte: »Der König.«
Julian fiel aus allen Wolken. » Dein König? Edward of March?«
»Er ist ebenso dein König, du Flegel, auch wenn du dich noch so störrisch weigerst, das anzuerkennen.«
»Lass uns nicht immer wieder die gleichen Dinge zueinander sagen, Cousin. Das führt zu nichts und ist obendrein langweilig. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du dafür hergekommen bist.«
»Nein.«
»Sondern wozu?«
»Ich bin ehrlich nicht ganz sicher. Vielleicht war mir nach der Gesellschaft eines Mannes, der nicht entrüstet die Klinge zieht, wenn man ein paar unschöne Wahrheiten über König Edward ausspricht.«
»Dann bist du hier zweifellos richtig«, gab Julian mit einem freudlosen Lächeln zurück. »Also? Was hat er verbrochen?«
»Es … es ist eine Katastrophe, Julian. Und er tut, als sei es nur ein Lausebengelstreich.« Warwick schüttelte den Kopf, als sei er immer noch fassungslos. »Das ist vielleicht das Schlimmste. Er begreift überhaupt nicht, was er angerichtet hat. Wie er sich selbst und mich und ganz England zum Gespött gemacht hat …«
Julian wandte den Kopf und sah ihn an. »Wenn es deine Absicht war, meine Neugier zu wecken, dann warst du erfolgreich. Komm schon. Raus damit.«
Und Warwick berichtete. Seit Edwards Krönung hatte er in dessen Namen mit dem französischen König verhandelt, um ein Abkommen zu schließen und Marguerite und dem lancastrianischen Widerstand damit jeglichen Rückhalt auf demKontinent zu entziehen. Zeitgleich hatte Black Will Herbert für Edward mit Burgund geheime Verhandlungen mit demselben Ziel geführt. Seit Beginn dieser diplomatischen Missionen hatte Warwick seinen König zu einer Heirat mit einer französischen Prinzessin gedrängt, Herbert zu einer ehelichen Verbindung mit dem Hause Burgund. »Die Situation wurde unhaltbar«, erklärte Warwick mit unterdrückter Heftigkeit. »Edward wich uns immer nur aus und drückte sich vor der Entscheidung, bis wir ihm gestern Morgen im Kronrat gesagt haben, so gehe es nicht weiter. Beide Seiten, sowohl Frankreich als auch Burgund, sind verstimmt und misstrauisch. Wir haben uns bemüht, ihm vor Augen zu führen, dass er eine Wahl treffen müsse, und zwar sofort. Ich gebe zu, es hätte mich gegrämt, wenn Black Will Herbert sich durchgesetzt hätte, denn er hat Unrecht und ist obendrein ein durchtriebener, selbstsüchtiger, speichelleckender Parvenü, aber ich wäre bereit gewesen, die Niederlage hinzunehmen, wenn der König nur endlich eine der beiden Kandidatinnen geheiratet hätte. Und als wir ihm so zugesetzt hatten, dass ihm gar nichts anderes mehr übrig blieb, als eine Entscheidung zu fällen, was sagt er da, dieser närrische, verantwortungslose Bengel ?«
»Aber, aber, Richard«, spöttelte Julian. »Vergiss nicht, dass er dein König ist. Also? Was sagte er?«
»Er lächelt uns an wie ein ertappter Eierdieb und sagt, er könne weder Bona von Savoyen noch die liebreizende burgundische Prinzessin zur Frau nehmen, da er bereits verheiratet sei .«
Julian riss die Augen auf. »Mit wem?«
Der Earl of Warwick presste den Namen hinter zusammengebissenen Zähnen hervor: »Mit Elizabeth Woodville.«
» Was ?«
»Du kennst sie, nicht wahr?«
»Natürlich.« Sie war eine von Marguerites treusten Hofdamen gewesen. Und als sie in Edwards Gefolge nach Waringham gekommen war, hatte sie Julian anvertraut, dass der junge König ihr ein inakzeptables Angebot gemacht habe, welches sieausgeschlagen hatte. Julian legte die Linke über den Mund, um sein unpassendes Grinsen zu verbergen, und fragte: »Er hat sie geheiratet, weil es der einzige Weg in ihr Bett war?«
Warwick nickte grimmig. »Der König von England denkt neuerdings offenbar mit
Weitere Kostenlose Bücher