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Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Titel: Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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davon. Fast augenblicklich verschmolz das dunkle Fell mit den Schatten.
    Als Blanche sich umwandte, hörte sie Waffenklirren.
    Sie rannte los, war sich vage bewusst, dass sie erschrocken, aber keineswegs überrascht war, und sobald sie sich der Furt näherte, verlangsamte sie ihre Schritte und senkte den Kopf, damit die Helligkeit ihrer Gesichtshaut keine unwillkommene Aufmerksamkeit erregte. Dann spähte sie angstvoll zwischen dem dicht belaubten Unterholz zum Ufer hinüber.
    Rhys war zurückgekehrt, und wie es aussah, hatte dieser Unglücksrabe die Yorkisten geradewegs zu ihnen geführt. Eine Patrouille von einem Dutzend Reitern hatte Jasper, Madog, Rhys und Richmond umringt. Vier von ihnen lagen erschlagen im langen Ufergras oder im Wasser, aber mehr hatten Jasper und Madog nicht ausrichten können, ehe sie überwältigt und entwaffnet wurden. Genau wie Rhys und Richmond standen sie nun mit gebundenen Händen vor ihren Häschern, anscheinend unverletzt, mit grimmigen, bleichen Gesichtern.
    Der Anführer der Yorkisten war abgesessen, schritt gemächlich an den vier Gefangenen entlang und blieb schließlich vor Richmond stehen. »Henry Tudor«, grüßte er mit einem zufriedenen Lächeln in der Stimme. »Du ahnst ja nicht, wie ich mich freue, dich wiederzusehen.«
    »Ich hoffe, du vergibst mir, wenn ich nicht das Gleiche behaupte«, entgegnete Richmond bissig.
    Der Yorkist lachte leise, legte ihm scheinbar freundschaftlich die Linke auf die Schulter, ehe er ihm die Rechte in den Magen rammte.
    Ohne einen Laut, verblüffend langsam sank Richmond auf die Knie und fiel zur Seite, wo er reglos liegen blieb, starr in die Baumkronen hinaufsah und offenbar geduldig darauf wartete, dass Luft in seine Lungen zurückkehrte.
    »Setzt ihn und die anderen auf ihre Gäule und fesselt sie an die Steigbügel«, befahl der Yorkist, und als er sich umwandte, fiel ein Sonnenstrahl auf sein Gesicht.
    Es war Malachy Devereux.

London, Juni 1471
    »Die Yorkisten haben
     den Earl of Oxford und Erzbischof Neville auf der Flucht nach Frankreich geschnappt und in Calais eingesperrt«, berichtete Lucas, als er eintrat.
    »Schsch«, mahnte Mortimer gedämpft. »Ich schätze, dass er gleich aufwacht. Und das Letzte, was ihm fehlt, sind schlechte Neuigkeiten, Sir Lucas.«
    »Da hast du vermutlich Recht. Aber derzeit gibt es leider nie andere.«
    Tatsächlich war Julian schon eine ganze Weile wach. Aber noch hielt er die Augen geschlossen und rührte sich nicht. Er zögerte es immer so lange wie möglich hinaus, in die Wirklichkeit zurückzukehren, denn sie war ihm unerträglich.
    Seine Träume waren allerdings kaum besser. Und sie wiederholten sich mit qualvoller Regelmäßigkeit: Prinz Edouard, der in seiner blanken Rüstung niedergemetzelt wurde. Marguerite, die trommelnd und kreischend am Boden lag und ihn einen Mörder nannte. Ned Beauforts rollender Kopf. Der alte König Henry in einer Blutlache vor dem Altar. Und schließlich Gloucester, Devereux und Exeters Tochter.
    Gnädigerweise hatte Julian nur bruchstückhafte Erinnerungen daran. Gloucester hatte noch einen Apfel verspeist, daran entsann er sich. Und Devereux hatte irgendwann die Nerven verloren und gedrängt: Lasst uns aufhören, eh er uns wie eine abgestochene Sau verblutet, Euer Gnaden . Julian hatte nicht verstanden, was er meinte. Inzwischen war ihm klar, dass es die aufgebrochene Schulterwunde gewesen sein musste, die seinen Schwager in so grotesker Weise reagieren ließ. In dem Moment hatte Julian sie kaum gespürt – zu überwältigt von der Atemnot und dem kreischenden Protest, den Arme, Schultern, Brustkorb, Bauch und vor allem seine Beine aussandten. Aber die Erinnerung an den Schmerz war vage und barg keinen Schrecken. Manchmal kam es ihm vor, als habe ein anderer diesen Schmerz erlitten. Und er wusste, dass er weder Chepstow noch Pembroke noch Red Rose gesagt hatte. Dieser kleine Sieg, sobedeutungslos er vermutlich auch war, machte ihn ein bisschen stolz. Alles andere, was ihn je mit Stolz erfüllt hatte – sei es zu Recht oder zu Unrecht – hatten die Yorkisten ihm genommen, darum war er dankbar für diesen kleinen Triumph. Julian war bescheiden geworden.
    »Was gibt es sonst Neues?«, fragte Mortimer leise.
    »Nicht viel«, musste Lucas einräumen. »Die Sieger raufen um ihre Beute. Edward will Warwicks märchenhaftes Vermögen zu gleichen Teilen an seine Brüder geben: Clarence die Ländereien im Süden, Gloucester die im Norden. Aber sie fühlen sich beide

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