Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
sein, wenn das Kind kommt, und da hab ich gedacht …« Sie wies vage auf ihr Machwerk.
Julian lächelte flüchtig. Dann sagte er: »Nur gut, dass du nicht schwanger geworden bist.«
»Ja.« Sie schnitt eine kleine Grimasse. »Das einzige Schnippchen, das ich Devereux geschlagen habe.«
»Hm. Wenn wir mal von seiner Hand absehen.«
Blanche sah auf, und sie tauschten ein schuldbewusstes Verschwörerlächeln. Genau wie früher.
»Warum hast du mir in deinen Briefen nicht die Wahrheit geschrieben?«, fragte er. »Hat Devereux sie kontrolliert?«
»Natürlich. Er hat sie sich zeigen lassen, ehe ich sie versiegelte. Einmal habe ich versucht, den Brief, den er genehmigt hatte, gegen einen anderen auszutauschen, den ich heimlich nachts vorbereitet hatte. Aber er hat mich an seiner Satteltasche erwischt und … Na ja. Ich hab es kein zweites Mal versucht.«
Julian reichte ihr den Becher. »Und was soll nun aus dir werden?«
Sie trank, und als sie ihm den Pokal zurückgab, antwortetesie: »Ich bleibe hier. Ich kann von Glück sagen, dass ich Jasper in die Arme gelaufen bin. Er hat mir Asyl gewährt, und hier bin ich gut aufgehoben.«
»Ja, aber das kann doch keine Dauerlösung sein. Du willst doch nicht den Rest deiner Tage in der walisischen Wildnis verbringen.«
»Ich möchte den Rest meiner Tage vor allem in Freiheit verbringen, Julian. So weit weg wie möglich von Thomas Devereux.«
»Hm.« Er brummte. »Wenn ich nach Hause reite, rede ich mit dem König. Mal sehen, ob sich nicht mit der Zeit die Wogen glätten.«
Sie nahm ihre Nadeln wieder auf. »Bist du überhaupt nicht wütend auf mich? Ich hatte mit Vorwürfen gerechnet.«
»Ah. Das zeigt mir wieder einmal, welch hohe Meinung du von mir hast.«
»Du hättest jedes Recht dazu. Ich mache dir das Leben mal wieder schwer. Wie üblich.«
Er winkte ab. »Ich bin sicher, du hast getan, was du tun musstest. Und es tut mir leid, Blanche.«
»Was?«
Er hob ratlos die Schultern. »Dass ich deine Heirat mit Thomas Devereux nicht verhindert habe.«
»Wenn ich Devereux nicht gewollt hätte, wäre ich zu dir gekommen und hätte dich um Hilfe gebeten. Du bist nicht verantwortlich für das, was passiert ist, sondern ich allein.«
»Ich würde sagen, er ist dafür verantwortlich«, sagte Julian. Mit einiger Verspätung verspürte er Zorn auf Devereux, der seine Schwester unglücklich gemacht hatte. »Was … was hat er dir getan, dass du keinen anderen Ausweg gesehen hast?«, fragte er zaghaft.
»Wenn du erlaubst, würde ich darüber lieber nicht sprechen.«
»Natürlich«, sagte er hastig. Er glaubte ohnehin, er könne es sich vorstellen, und er war keineswegs sicher, dass er es hören wollte. Er ergriff die Hand seiner Schwester und führte sie andie Lippen. »Ich hoffe, das Schwein ist elend an Wundbrand krepiert.«
Sie sah auf und lächelte ihn an. Eine so große Erleichterung war in diesem Lächeln, dass ihm klar wurde: Blanche hatte sich vor seiner Reaktion gefürchtet. Die Erkenntnis beschämte ihn.
»Das wäre die einfachste Lösung«, räumte sie ein. »Aber genau darum habe ich Mühe, daran zu glauben.«
Rhys blieb verschwunden, bis Jasper und Megan nach vier Tagen aus Carmarthen zurückkehrten. Blanche und Julian hatten es genossen, ungestört zu sein. Sie hatten Schach gespielt, sich gegenseitig aus Megans dickem Buch mit Artus-Geschichten vorgelesen, und auf Blanches Drängen hatte Julian ihr ausführlich erzählt, was im Laufe des vergangenen Jahres in Waringham geschehen war und wie viel sich dort verändert hatte.
Doch sie waren beide erleichtert, als Jasper ihre junge Cousine wohlbehalten zurück nach Pembroke brachte. Megans Augen waren rot verweint, doch sie wirkte gefasst, beinah versöhnt.
»Du hattest Recht, Julian, die Fratres in Carmarthen sind ein Segen. Sie waren so gütig zu mir. Und ich bin froh, dass Edmund bei ihnen begraben liegt. Sie werden sich um ihn kümmern, wie es sich gehört.«
Blanche brachte ihr einen kleinen Becher erhitzten Rotwein, in den ein rohes Ei geschlagen war. »Hier, trink das.«
Megan rümpfte angewidert die Nase. »Nein, lieber nicht.«
Blanche hielt ihr den Becher unbeirrt hin. »Aber die Hebamme hat es gesagt.«
»Die Hebamme spricht walisisch, folglich kannst du sie überhaupt nicht verstehen.«
Blanche lebte seit zwei Monaten in Pembroke und hatte das eine oder andere Wort inzwischen aufgeschnappt. Außerdem beherrschte die Hebamme beredte Gesten. »Sie hat auf den Becher gezeigt und einen
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