Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Titel: Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
Vom Netzwerk:
Mönchskopf lag zwei Ellen hoch. »Nein, ich glaube, das ist keine gute Idee, Melvin. Komm, ich bring dich.«
    Jetzt war es an Melvin, unsicher zu ihm aufzuschauen. Doch die Furcht war aus seinem Blick verschwunden. Julian packte ihn kurzerhand unter den Achseln und setzte Melvin – mitsamt Eimer – in Dädalus’ Sattel. Dann saß er hinter ihm auf und ritt hinaus in den Burghof.
    »Mylord?«, fragte eine der Torwachen ungläubig. »Wo wollt Ihr denn …«
    »Bin gleich zurück. Es dauert nicht lange. Schickt jemanden in die Halle, sagt, dass ich zurück bin und es ausgesprochen erfreulich fände, wenn ich meinen Gaul nicht selbst absatteln müsste.«
    Sogar hoch zu Ross war der Weg über den Mönchskopf tückisch. Julian ließ Dädalus im Schritt gehen und legte einen Arm um Melvins magere Brust, damit der Junge nicht herunterfiel, sollte das Pferd ins Schlittern geraten.
    Noch bevor sie die Holzbrücke über den Tain erreichten, kam ihnen ein halbes Dutzend Männer aus dem Dorf entgegen, Adam vorneweg. Sie blieben stehen, als sie Julian kommen sahen, und zogen höflich die Kappen.
    Dann entdeckte Adam seinen kleinen Bruder vor Julian im Sattel. »Mel!« Er stieß hörbar die Luft aus und fluchte leise.
    Der Earl lachte. »Habt ihr ihn etwa schon vermisst?«
    Adam nickte. »Wir suchen seit über einer Stunde nach ihm, statt uns am Feuer zu wärmen und über den Weihnachtsschmaus herzumachen. Emily und Mutter sind außer sich vor Sorge. Na warte, Brüderchen. Komm du mir nach Hause …«
    »Nichts da«, widersprach Julian entschieden, hob Melvin hoch und reichte ihn Adam herunter. »Er hat nur getan, was seine Schwester ihm aufgetragen hat.«
    Adam sah seinen kleinen Bruder skeptisch an. »Was hast du getrieben?«
    »Pferdeäpfel sammeln«, antwortete Melvin und lächelte ihn treuherzig an. »Burg.«
    Adam stieß eine gewaltige weiße Dampfwolke aus. »Das war vorgestern, Mel. Vorgestern hat Emily gesagt, du sollst Mist sammeln gehen, und zwar in unserem Stall.«
    Die Männer aus dem Dorf lachten und machten ein paar derbe Witze über Melvins Verstandesleistung. Adam winkte grinsend ab und schien es nicht übel zu nehmen, so als wisse er, dass sie es nicht böse meinten. Dann besann er sich der Regeln der Höflichkeit. »Habt Dank, Mylord. Wir waren wirklich in Sorge. Willkommen daheim und gesegnete Weihnachten.«
    »Gesegnete Weihnachten«, wünschte auch Julian, nickte in die Runde und fügte hinzu: »Euch und den Euren ebenfalls.«
    Die Männer murmelten Segenswünsche und traten von einem Fuß auf den anderen. Es war kalt, und sie wollten nach Hause.
    »Ein Schluck Wassail, Mylord?«, schlug Adam vor. »Etwas Heißes, eh Ihr Euch auf den Heimweg macht?«
    Auch Julian wollte nach Hause. Er hatte die halbe Nacht bei der Christmette in der Kapelle des königlichen Palastes zu Eltham verbracht und den halben Tag im Sattel. Er war müde, durchfroren und hungrig, und das Letzte, wonach ihm der Sinn stand, war eine Bauernweihnacht. Aber er lächelte. »Danke, Adam. Sehr gern.« Er staunte, wie überzeugend das geklungen hatte. Offenbar lernte er allmählich, was sein Vater ihm immer vergeblich beizubringen versucht hatte: standesgemäße Höflichkeit. »Wie steht es, Melvin, möchtest du bis nach Hause reiten?«
    Der kleine Junge nickte mit leuchtenden Augen. Lachend reichte Adam ihn wieder nach oben und folgte notgedrungen mit dem Misteimer.
    Adam hatte sich ein neues Haus in Waringham gebaut, und er war nicht der Einzige, stellte Julian auf dem Ritt durch das tief verschneite Dorf fest. Seine Bodenreform, erkannte er zufrieden, trug erste Früchte. Die Wheelers – früher immer die ärmsten und kinderreichsten Bauern von Waringham – hatten sich gegenüber der Kirche eine Wohnstatt errichtet, so groß wie anderer Leute Scheune. Adams neues Heim lag unweit derSchmiede am Tain, ein Fachwerkhaus mit reichlich Platz für Mensch und Vieh und umgeben von einem Garten, der groß genug war, um im Sommer Obst, Gemüse und Kräuter anzubauen.
    »Ich muss schon sagen, Adam …«, bemerkte Julian anerkennend.
    Der junge Bauer lächelte stolz. »Stimmt, Ihr habt es ja noch gar nicht gesehen.« Er hob seinen Bruder vom Pferd und setzte ihn auf seinen Arm. Dann wartete er, bis Julian abgesessen war und ihm zur Tür folgte. »Ich hatte kein übles Jahr, Mylord. Es ist … Es kommt mir immer noch wie ein Wunder vor. Was alles möglich ist, wenn man nur eine Chance bekommt. Na ja, alle hatten eine gute Ernte. Und ich spare jeden

Weitere Kostenlose Bücher