Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
Penny, um nächstes Frühjahr zusätzliche Schafe zu kaufen.«
»Ja, das täte ich auch gern«, vertraute Julian ihm seufzend an. »Sei dankbar, dass dir niemand einen Schuldenberg vererbt hat …«
Ein Mistelzweig mit einer Schleife aus Stroh hing an der Tür. Es sah hübsch aus.
Adam öffnete und ließ Julian den Vortritt.
Der nahm den eleganten Samthut ab. »Alys. Emily. Ich will nicht lange stören …«
Stürmisch begrüßten die beiden Frauen den kleinen Melvin, überschütteten ihn mit Vorwürfen ebenso wie mit Küssen.
Derweil sah Julian sich diskret um. Er stand in einer geräumigen Küche. Es war ein behaglicher Raum mit einem guten Rauchabzug über dem Herd. Ein schmiedeeiserner Kessel hing über dem Feuer, und ein verführerischer Duft nach Hammelfleisch und Kräutern erfüllte die Küche.
Alys wandte sich ihm zu, und ein Lächeln erhellte ihr feistes Gesicht. »Gott zum Gruße, mein Ju… Mylord.«
Emily nickte scheu in seine Richtung und zündete die Weihnachtskerze auf dem Tisch an. Sie trug ein neues, hellbraunes Kleid, bemerkte Julian. Kein Zweifel, Adam hatte es in nur einem Jahr in der Tat schon zu allerhand gebracht. Und seiner Schwester trotz seiner ehrgeizigen Pläne ein Kleid spendiert.Julian musste lächeln. Er wusste, er hätte vermutlich das Gleiche getan.
Sie wünschten einander ein frohes Christfest, und der junge Herr des Hauses brachte Julian einen Zinnkrug mit Wassail – einem Würzbier, das die kleinen Leute zu Weihnachten aus Ale, Honig und Kräutern zusammenbrauten.
Nachdem die Frauen gehört hatten, was Julian an diesem hohen Feiertag ins Dorf verschlagen hatte, sagte Alys: »Es war so gut von Euch, unseren Melvin heimzubringen. Ich kann mir denken, dass Ihr lieber in Eurer Halle am Julfeuer säßet.«
Es war Julian peinlich, dass sie ihn so mühelos durchschaut hatte. Er trank einen Schluck, um nicht antworten zu müssen. Der Wassail war warm und süß. Es durchrieselte ihn wohlig. »Hm! Gut.«
Seine Gastgeber lachten verschmitzt.
»Essen ist gleich so weit«, verkündete Alys. »Wollt Ihr vielleicht …?«
Julian hob abwehrend die Linke. »Danke, Alys. Aber meine Mutter weiß noch nicht einmal, dass ich zurück bin. Ich muss mich gleich auf den Weg machen.«
Alys und Emily wechselten einen Blick. »Natürlich, Mylord«, sagte die ältere der Frauen. »Sie wird so froh sein, Euch zu sehen.«
Er stellte den Becher ab und sah zu ihr hoch. »Gibt es etwas, das ich wissen sollte?«
Alys schüttelte den Kopf, rührte in ihrem Topf und ließ den Sud vom Löffel tropfen, um festzustellen, wie sämig er war. Dann sah sie Julian wieder an. »Sie ist im Herbst krank geworden. Es geht ihr besser, aber so richtig will sie mir nicht gefallen. Sie vergeht, Mylord. Sie vermisst Euren Vater zu sehr.«
Ich weiß, dachte er. Er erhob sich. »Habt Dank für den Wassail. Und nun will ich euch nicht länger von eurem Julschmaus abhalten.«
Auf dem Weg zur Tür zwickte er Melvin in die Nase. »Denk das nächste Mal an die Schaufel, Bübchen.«
Melvin kicherte.
Adam begleitete Julian hinaus. »Ihr solltet nicht auf das hören, was meine Mutter sagt«, murmelte er, als sie bei Dädalus ankamen. »Seit sie sie aufgeknüpft haben, erscheint ihr die Welt noch düsterer als zuvor. Wenn Ihr mich fragt: Lady Juliana hat sich tadellos erholt.«
Julian nickte. »Danke, Adam.« Er saß auf.
Seine Mutter kam ihm am Eingang zur Halle entgegen. Lächelnd streckte sie die Hände aus. »Willkommen zu Hause, mein Sohn.«
»Mutter. Gesegnetes Christfest.« Er nahm ihre Hände, die sich heiß und trocken anfühlten. Fast erschrocken ließ er sie los. Ihre Hände erinnerten ihn an Edmunds.
»Du bist gewachsen«, bemerkte Lady Juliana.
Julian verdrehte die Augen. »Wann wirst du aufhören, das zu mir zu sagen?«
»Wenn du aufhörst zu wachsen, natürlich.«
Er reichte ihr den Arm und führte sie zur hohen Tafel. Die Halle war festlich mit Mistel- und Stechpalmzweigen geschmückt, in beiden Kaminen prasselten Feuer, und die Luft war erfüllt von Weihnachtsdüften: Bratäpfel, Zimt und Schwanenbraten.
Julians Magen grummelte. »Ich sterbe vor Hunger …«
»Dann lass uns zu Tisch gehen. Wir haben nur auf dich gewartet.«
Julians Cousin Daniel und seine Ritter Lucas Durham, Algernon Fitzroy und Frederic of Harley sorgten wie üblich für Trubel und Heiterkeit in der Halle: Sie überfielen die Mägde, sobald diese unachtsam genug waren, unter einem Mistelzweig stehen zu bleiben, und gaben
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