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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Zeit für einen neuen, jungen, tatkräftigen Kämpfer für das Reich. Er malte sich seinen Platz an der Seite des Königs aus, während die Herzöge von Sachsen, Bayern, Lothringen und Zähringen sowie der Bruder des Österreichers mit all ihren Lehnsleuten ihre Wahl für Philipp erklärten. Dietrich sah sich bereits bei zukünftigen Turnieren und in Schlachten siegen, während die Bischöfe von Bamberg, Worms und Magdeburg desgleichen taten. Und er musste sich zusammenreißen, um sein eigenes »Ja« gemeinsam mit dem des Grafen Siegfried von Orlamünde nicht laut herauszuschmettern.
    Er war der zukünftige Mann des Reiches. Ja, nicht mehr und nicht weniger war er!
    * * *
    »Noch nie«, donnerte Adolf von Altena, »ist ein König anderswo als auf fränkischem Boden gewählt worden!« Was genau man darunter verstand, seit Karl der Große gelebt hatte, war zwar umstritten, doch für Adolf stand außer Frage, dass Thüringen nicht dazugehörte. Außerdem war es eine bessere Einleitung, als sich über den treulosen Zähringer zu empören. »Noch nie«, fuhr Adolf fort, »ist ein deutscher König ohne die Stimmen der Erzbischöfe von Köln, Mainz und Trier gewählt worden!« Für den Mainzer und den Trierer hatte er sich allerdings selbst bevollmächtigt. »Diese Wahl ist ungültig, also brauchen wir uns von nichts, was Philipp von Schwaben entscheidet, gebunden zu fühlen. Hier, und nur hier, findet die einzig gültige Wahl des nächsten deutschen Königs statt!«
    Seine Feste in Andernach hatte vielleicht bessere Tage gesehen, aber keinen glorreicheren. Selbst das Wetter stand auf seiner Seite: Die Sonne strahlte, während er am 9. Juni Reichsgeschichte schrieb. Gut, mit etwas Unterstützung gewisser Kaufmannskreise vielleicht, aber das war nun einmal nicht zu vermeiden gewesen. Wenn er es recht bedachte, so hatte er doch eigentlich von Anfang an dem Zähringer misstraut und das große Unrecht tilgen wollen, das dem Geschlecht Heinrichs des Löwen widerfahren war. Und man brauchte sich den jungen Grafen Otto nur anzuschauen, um zu wissen, dass Gottes Hand auf ihm lag. Er würde ihn innerhalb eines Monats in Aachen krönen, das hatte er geschworen. Mochte Philipp bei der Wahl schneller gewesen sein, bei der Krönung würde er sich nicht wieder abhängen lassen, selbst wenn er dafür die Reichsinsignien nachmachen lassen musste; der Auftrag dazu war bereits erteilt. Als wahrhaft milder Fürst hatte Otto sich jetzt schon gezeigt und die Kosten für die Unterbringung von Adolfs Gästen übernommen. Adolf war fest überzeugt, ihn auch noch bewegen zu können, den Kölner Domschatz wieder auszulösen, denn eigentlich war es eine Peinlichkeit, diesen in Trier zu wissen. Ja, Otto war der rechte König, und Adolf war Samuel, der David salbte, Prophet und Königsmacher zugleich. Er fühlte sich getragen von den Schwingen der Engel, während er mit den Stimmen von Trier und Mainz Otto wählte und hörte, wie die Bischöfe von Paderborn, Minden und den meisten Diözesen im Reich desgleichen taten. Zwar hatte er nur zwei weltliche Fürsten auf seiner Seite, den Grafen Balduin von Flandern und Herzog Heinrich von Brabant, wobei Letzterer nur durch einen Brief seiner Gemahlin vertreten war, doch was machte das schon! Der neue Papst hatte ganz klar und deutlich für alle Welt verkündet, dass die Einheit von Kirche und Reich blieb, aber die Autorität der Kirche über allem stand, und der erste Mann dieser Kirche im Reich, das konnte nur einer sein. Er, Adolf von Altena, war der Auserwählte des Reiches. Nicht mehr und nicht weniger.

IV. Krieg
    1199
    Kapitel 23
    N ur noch Aasfresser schienen am Leben, Krähen und Vagabunden, die sich auf die Leichen stürzen – die einen, um zu fressen, die anderen, um zu stehlen, was von den Siegern noch dagelassen worden war. Walther zügelte sein Pferd. Er hatte gehört, dass es um das Kölner Erzstift Kämpfe gegeben hatte, doch er hatte nicht erwartet, einen der Schauplätze in einem kleinen Dorf so kurz vor seinem Ziel zu durchqueren. Der Krieg zwischen Welfen und Staufen, zwischen Otto und Philipp, zwischen jedem ihrer Anhänger hatte ihn seit seiner Rückkehr aus Rom allerorts empfangen, und es gab auch nach über einem Jahr keine Anzeichen, dass er bald vorüber sein würde; er hörte selbst dann nicht auf, wenn jemand die Seiten wechselte, so wie der Landgraf von Thüringen es soeben wieder getan hatte.
    Im Frühjahr sah es einmal gut für Philipp aus, als König Richard von England

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