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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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und Neid bei den anderen Damen am Hof täglich neu formt.«
    »Ihr bringt Eure Huldigungen einem Grabmal dar.«
    Walther fand, dass Martha übertrieb, und konnte nicht umhin, sie mit Mathilde zu vergleichen, die das Ableben ihres Schankwirts gewiss nicht als Anlass gesehen hatte, sich ebenfalls für tot zu halten. »Es sind andere, die Euch beerdigen wollen, und Ihr solltet nicht auf sie hören. Ihr atmet, Ihr lebt, Ihr verzaubert die Welt durch Euer Dasein, und Ihr würdet sie noch schöner machen, wäret Ihr noch mehr ein Teil von ihr.«
    Unter anderen Umständen wären diese Worte das Ende ihrer Unterhaltung gewesen: Martha hatte sich nie mehr als schöne Redensarten von ihm angehört, ehe sie in ihre glasklare Starre zurückfiel. Doch heute überraschte sie ihn. »Ein Teil der Welt zu sein ist nicht immer erstrebenswert«, entgegnete sie. Ein kurzer Schauder ging durch ihren Körper. »Ganz gleich, wie hoch man steht. Früher oder später wird alles Glück zunichte, ganz gleich, wie sicher man sich wähnt. Die Vergangenheit holt einen doch wieder ein. Selbst unsere Herrin hat das erfahren.«
    Damit musste sie die Herzogin meinen, doch Walther hatte trotzdem keine Ahnung, wovon sie redete. Gewiss, derzeit herrschte eine Verstimmung zwischen dem herzoglichen Paar, aber im Allgemeinen konnte niemand leugnen, dass Helena von Österreich vom Glück gesegnet war. Sie hatte zwei überlebende Söhne, war mit einem der mächtigsten Herzöge des Reiches vermählt, gesund und reich. Nach dem verstörten Blick Marthas zählte das alles im Moment aber wohl nicht. Walther entschied, sie zu beruhigen, indem er schnell ablenkte und ein wirklich ernstgemeintes Kompliment hinzufügte: »Dann schafft man sich eben ein neues Glück. Auf mich wirkt Ihr immer noch so schön, so zart und zerbrechlich wie ein junges Mädchen, das seinen ersten Mann bekommen soll, aber für wen? Euer Enrico ist vor zwei Jahren gefallen. Warum heiratet Ihr nicht wieder?«
    Sie zögerte mit einer Erwiderung, sie zögerte sogar sehr lange. »Ich will heute kein Grabmal sein«, flüsterte sie dann mehr, als sie es sprach. Und griff nach seinem Arm.
    Wie in einem Traum folgte Walther ihr in eine kleine, enge Kammer, in der eine kleine Truhe stand. Sie kniete sich mit dem Gesicht zur Wand auf diese – und schlug ihr Kleid den Rücken hoch.
    Als sie ein Hinterteil vor ihm entblößte, wie er es schöner noch nie erblickt hatte, wirbelte das all die Sorgen, Aufregungen und den Ärger der letzten Tage davon. Und obwohl Walther in seinen echten Träumen oft genug an dieser Stelle gestanden hatte, versagten seine Füße und Hände ihm nun den Dienst. Dann aber wiederholte Martha ihren Satz noch einmal mit fester Stimme. »Kein Grabmal, nicht heute.«
    Das brach den Bann – und sein Körper reagierte. Anders als bei anderen Frauen bei Hofe oder in den Badehäusern, deren Vorzüge er genossen hatte, waren ihre Backen prall und wölbten sich ihm einladend entgegen, statt flach zu den Seiten zu fliehen. Walther streichelte, küsste und liebkoste, was ihm Köstliches geboten wurde, und das war nicht wenig. Ganz langsam, jeden Augenblick genießend, auch als sie zu zittern anfing, egal ob wegen der Kälte oder der Situation.
    Bevor er die Pforte zum Paradies für sich öffnete, wollte er ihr zu gerne zeigen, wie zärtlich er sein konnte, und versuchte, ihren Kopf sanft zur Seite zu drehen, um ihre Lippen zu erreichen, sie zu küssen, wie er es vorher schon mit allem, was er haben durfte, ausgiebig getan hatte. Aber sie wollte knien und ihn nicht anblicken, und so tat er schließlich das, was von ihm erwartet wurde, und er tat es gerne.
    Als er spürte, wie sie sich ihm immer heftiger entgegenwarf und sich auch sein Höhepunkt drangvoll näherte, hörte er nach all dem Keuchen und Stöhnen zwischen ihren heiseren Atemzügen einen Namen – aber es war nicht der seine. »Enrico.« Und noch einmal: »Enrico.« Der Name ihres verlorenen Mannes.
    Kein Grabmal, hatte sie gesagt, und doch hatte sie sich einem Toten geschenkt. Walther selbst war nur das Instrument dazu gewesen; das war ernüchternd. Er bezweifelte, dass sie auch nur die Farbe seiner Augen hätte nennen können. Und doch konnte er ihr nicht böse sein, sondern dankbar für eine Lektion über die Frauen, die er bisher nicht gelernt hatte. Und er fragte sich, ob er je selbst so für eine lebende Frau empfinden würde wie Martha für den längst verstorbenen Enrico.
    Walther schob diese Frage entschieden beiseite,

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