Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
Vom Netzwerk:
geradewegs in zwei Kriegsknechte, die ihn sofort mit deutlichem Akzent anfuhren.
    »Mein Fr– … mein Herr ist ein Ritter«, versuchte Markwart, ihn zu unterstützen. »Tretet aus dem Weg, wir haben es eilig.«
    »Ein Ritter, wie? Jeder reiche Bauer, der ein Schwert bezahlen kann, nennt sich heute so«, sagte der Bewaffnete, der das bessere Deutsch sprach.
    Walther entschied, dass dies nicht die Stunde war, um auf seinen Rang zu bestehen. »Mir geht es sehr schlecht, ich muss die Ärztin finden, die hier in der Gegend leben soll.«
    »Müsst Ihr das? Wirklich?« Zu Walthers Unglück schien der Mann Streit zu suchen. »Ich kann Euch auch helfen. Ich kann Euch für immer von allen Sorgen heilen.«
    »Immer mit der Ruhe«, sagte Markwart beschwichtigend, während Walther mit den Achseln zuckte und versuchte, um die Kriegsknechte herumzugehen.
    »He, ich rede mit dir, Ritter! «
    »Nein, Ihr brüllt, und ich höre nicht zu«, sagte Walther, ehe er es sich versah. Aus den Augenwinkeln sah er etwas und hörte Markwart rufen, doch die Warnung kam zu spät. Walther spürte einen jähen Schmerz am Hinterkopf, schmeckte Blut und stürzte zu Boden. Dann wurde es schwarz um ihn.

    Das Erste, was ihm bewusst wurde, als er die Augen wieder öffnete, war, dass einige Zeit vergangen sein musste, denn es war nicht mehr hell, sondern dämmrig. Dann merkte er, dass er sich nicht mehr auf der Straße, sondern im Inneren eines Hauses befand. Außerdem fühlte sich sein Gesicht an Stirn und Kinn feucht an; jemand hatte seinen Kopf mit einem nassen, kühlen Tuch umwickelt.
    »Walther«, sagte eine wohlvertraute Stimme, »was um alles in der Welt tut Ihr in Braunschweig?«
    Sie beugte sich über ihn. Unter ihrer Haube drängten sich ein paar Locken hervor, so rot wie an dem Tag, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte. Ihr Gesicht war unverändert, vielleicht etwas schmaler, als habe sie Gewicht verloren. In ihren braunen Augen lag etwas, das er nicht deuten konnte: Erleichterung? Überraschung? Zufriedenheit? Zorn?
    »Ich wollte Euch retten«, sagte er ohne Umschreibung, ohne Scherze und mit der Ehrlichkeit, die er sich ihr gegenüber vorgenommen hatte.
    »Mich? Aber ich brauche keine Hilfe«, erwiderte sie, nicht aufgebracht oder beleidigt, sondern aufrichtig verblüfft. »Trotzdem bin ich froh, dass Ihr da seid, Walther. Mein Gatte ist in tödlicher Gefahr. Und wenn Ihr jemanden retten wollt, dann bitte ihn!«

Kapitel 25
    B raunschweig schien für Judith eine gute Gelegenheit zu sein, das zu tun, was ihr Leben bestimmen sollte: das Heilen von Kranken. Doch hier konnte sie auch fortführen, was sie in Brabant begonnen hatte – sich für die Sache der Staufer einzusetzen. Trotzdem schien es ihr besser zu sein, sich nicht sofort als Hofärztin aufzudrängen. Sie hatte in Brabant sehr viel Glück gehabt; darauf allein durfte sie sich nicht verlassen. Besser, sich in Braunschweig erst einen Ruf als Judith von Salerno zu schaffen und dann zu versuchen, bei der Pfalzgräfin empfangen zu werden.
    »Was, wenn Graf Otto seinen Bruder besucht?«, fragte Gilles.
    »Die Möglichkeit besteht«, gab Judith zu, »aber es gibt andere Orte, an denen er dringender sein muss, um Verbündete in seinem Kampf gegen Philipp zu finden.« Es bereitete ihr großes Vergnügen, dass Ottos Krönung durch ihr Handeln beinahe in Frage gestellt worden war, weil er nicht mit Maries Mitgift rechnen konnte und hart um Unterstützung ringen musste.
    »Er wird die großen Fürsten mit Versprechungen und Land umwerben, und Geld, sobald er etwas hat«, erklärte ihr Irene. »Aber wie man hört, wähnt er seinen Bruder als Verbündeten sicher. Nun, meines Vaters Bruder hat meinen Vater gestürzt und geblendet, also sehe ich Verwandtschaft etwas anders, als Otto es gerade tut.«
    »Wisst Ihr, wie die Pfalzgräfin ihre Verwandtschaft zu König Philipp sieht?«
    »Die beiden kennen sich nicht«, sagte Irene. »Er hat selbst seine Geschwister selten zu Gesicht bekommen, geschweige denn Basen. Aber die Pfalzgräfin ist Mutter, genau wie ich. Sie wird das Beste für ihr Kind wollen. Erinnert sie daran, dass Otto ihren Gemahl darum gebracht hat, Oberhaupt des welfischen Hauses und König zu werden, und von dem Welfenerbe, was noch geblieben war, nimmt und nimmt und nimmt. Wenn der Pfalzgraf nun Philipp den Lehnseid schwört, dann wird mein Gemahl ihm mehr als nur Braunschweig von den alten Besitzungen Heinrichs des Löwen bestätigen.«
    Natürlich konnte Judith nichts davon als

Weitere Kostenlose Bücher