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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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wenn sie in Klöstern unterkamen, dann blieb er ihrer Zelle fern. Aber er konnte nicht umhin, wie ein kleiner Junge zu strahlen, wenn er sie morgens und abends sah, und sehr laut zu sprechen begann, wenn er mit Markwart in der Nähe des Wagens ritt, eine lustige Begebenheit nach der anderen erzählend. Viel Schlaf fand er in den Nächten trotzdem nicht, was ihm immerhin dabei half, neue Lieder zu verfassen. Bis sie den Kanzler und Bischof im St.-Josef-Kloster in Hanau trafen, hatte er einen großen neuen Vorrat, und es waren nur zwei gegen den Papst dabei.

    Konrad von Querfurt, der früher Bischof von Hildesheim gewesen war und nun auch Bischof von Würzburg sein wollte, war wie Wolfger von Passau ein geübter Reitersmann, der am verunglückten Kreuzzug des toten Kaisers teilgenommen hatte und eigentlich keinen Wagen brauchte, aber damit endete auch jede Ähnlichkeit. Bei Bischof Wolfger hatte man immer den Eindruck, dass er genau wusste, was er wollte. Wenn er einen Raum betrat, dann zog er die Aufmerksamkeit aller Anwesenden sofort auf sich; Bischof Konrad dagegen wirkte gedrückt und angespannt. Er hörte der Erklärung, was Walther, Markwart, die Magistra und ihr Gemahl bei seinen Leuten zu suchen hatten, kaum an, winkte ungeduldig und stimmte ohne weiteres zu, sie weiter mit sich reisen zu lassen.
    »Ich leide unter Magengrimmen«, sagte er, »und mein Medicus hat mir bisher nicht helfen können. So hat es beim Kaiser auch angefangen.«
    »Euer Gnaden, nach allem, was ich gehört habe, ist Kaiser Heinrich durch Sumpffieber von uns gerufen worden«, versuchte Judith, ihn zu beruhigen. »In diesen Breiten ist es mehr als unwahrscheinlich, dass Ihr darunter leidet.«
    Markwart versetzte Walther einen Rippenstoß. »Hör mit deinem bewundernden Schafsblick auf«, grummelte er.
    Der Kanzler schaute halb hoffnungsvoll, halb zweifelnd drein. »Als Seine Heiligkeit der Papst und ich gemeinsam in Paris studierten, da sprach Seine Heiligkeit oft davon, dass der menschliche Körper das Instrument ist, mit dem Gott uns für unsere Sünden bestraft. Und ich habe gesündigt. Oh, wenn ich nur selbst nach Rom ziehen könnte, um mit Seiner Heiligkeit über all diese Missverständnisse zu sprechen!«
    Walther lag auf der Zunge, etwas wenig Hoffnungsvolles dazu zu sagen, doch Botho kam ihm zuvor: »Der König braucht seinen Kanzler, Euer Gnaden.«
    »Seid Ihr sicher?«, fragte der Bischof naserümpfend. »Bei seiner Reise nach Franken hat er nicht darauf bestanden, dass ich ihn begleite. Er war sofort einverstanden, als ich sagte, dass ich hier noch Geschäfte zu erledigen habe. Nun, er steckt ja auch ständig mit Eurem Onkel zusammen, dem Reichshofmarschall, und verglichen mit einem Heinz von Kalden, bin ich für ihn wohl langweilige Gesellschaft, wie?«
    »Mein Onkel schätzt Euer Gnaden so hoch wie der König«, erklärte Botho ausdruckslos. »Deswegen hat er Euch ja auch gebeten, mir diese Stelle bei Euch zu geben. Ich hoffe, dass ich sie zu Eurer Zufriedenheit erfülle.«
    »Oh, gewiss«, sagte der Bischof, wirkte aber nicht überzeugt. Er wurde erst wieder etwas heiterer, als Judith frische Luft für gesünder als das Reisen im Wagen erklärte und ihm außer heißen Kräutertränken auch Musik zur Entspannung empfahl. Da wusste Walther, dass auch sie ihn vermisste.
    Nach zwei Herbstliedern kündigte er ein Minnelied an. »Es sei denn, Euer Gnaden wünschen nichts dergleichen zu hören.«
    »Selbst die Heilige Schrift birgt das Hohelied«, meinte der Bischof wohlwollend. »In der entsagungsvollen Liebe zu seiner Dame spiegelt sich das Verhältnis des guten Christen zu seiner Kirche, der Meinung war ich immer. Reinmars Lieder bringen das besonders gut zum Ausdruck, doch ich bin sicher, die Euren sind auch ganz nett.«
    Markwart machte ein bierernstes Gesicht, doch Judith, die seitlich des Bischofs stand, kämpfte gegen ein Lächeln. Das gab für Walther den Ausschlag. Nach all den Tagen erzwungener Keuschheit würde er wenigstens mit Worten lieben, und zwar nicht auf entsagende Art. Er hieß Markwart seine Laute stimmen.
Mich nimmt immer wunder, was ein Weib
Hab’ an mir ersehn,
Dass sie bezaubert nun mein Leib.
Was ist ihr geschehen?
Oder täuscht sich ihr Gesicht?
Weil mit Lieb in Augen Scharfblick tut nichts taugen:
Ich bin der Männer Schönster nicht!
Hat ihr jemand was von mir gelogen,
Schau sie an mich bass.
Soll ich schön sein, ist sie arg betrogen,
Will sie nichts als das.
Schau sie nur mein Haupt,
Das ist nicht so

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