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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Schlafstätte aufzutreiben, statt sich darauf zu besinnen, dass er Walther erdolchen und vorgeben konnte, verleumdet worden zu sein, sollten irgendwelche Listen auftauchen.
    Die andere Möglichkeit war, dass Botho erst überprüfte, ob Judith wirklich die Leibärztin der Königin war, denn sonst stand es ihm frei, sein Mütchen an ihnen beiden zu kühlen. Diese Aussicht brachte Walther dazu, sein Vorsprechen bei Philipp zu beenden.
    »Es wird mir eine Freude sein, für Euch zu singen, Euer Gnaden, und für Eure Gemahlin. Darf ich ihr meine Aufwartung machen?«
    »Sie erwartet Euch bereits«, sagte Philipp zu Walthers Überraschung und nickte wohlwollend.
    Irene befand sich nicht in dem Gemach, das man ihr zur Verfügung gestellt hatte; der Diener, der Walther zu ihr geleitete, führte ihn zu dem Garten hinter dem Haus des Erzbischofs von Bamberg, das sich auf der anderen Seite des Platzes befand, Dom und Kaiserpfalz gegenüber. Der Erzbischof selbst war krank und lag darnieder, teilte der Diener Walther mit, weswegen er nicht an Philipps Hoftagen teilnehmen konnte, aber es war ihm eine Freude gewesen, die Königin und ihre Damen in seinen Garten einzuladen, wo sie, statt vom Schweiß und der Pisse einer vollen Pfalz fast erstickt zu werden, Ruhe und Entspannung zwischen duftenden Blumen und Kräutern fanden. Die Sonne würde bald untergehen; da war es kein Wunder, wenn die Damen die letzten Abendstunden im Freien verbringen wollten.
    Walther hatte den Verdacht, dass der Erzbischof von Bamberg seine Krankheit benutzte, ähnlich wie Adolf von Köln, um eine Entschuldigung zu haben, Philipp weder aus seinem Bistum zu werfen noch an seiner Seite gesehen zu werden, aber das kümmerte ihn nicht weiter. Er konnte Judith neben Irene ausmachen, unversehrt und gesund, und diesmal war es unmöglich, das Lächeln auf seinem Gesicht zu unterdrücken.
    »Das Beste, was einem Mann geschehen kann«, sagte er und kniete vor Irene nieder, »ist, sich in einem Garten voller Rosen wiederzufinden – mit und ohne Dornen. Ich hoffe, Euer Gnaden befinden sich wohl?«
    »Wie könnte es anders sein, mit meiner Ärztin an meiner Seite«, sagte Irene huldvoll und bedeutete Walther, sich zu erheben. »Es ist eine schöne Stadt«, sagte sie und zeichnete mit der Hand einen Halbkreis von dem mächtigen Klosterbau auf einem der Bamberger Hügel, der dem Domberg gegenüberlag, über die roten Ziegeldächer der Häuser hin, die sich zwischen die Hügel und das Flussufer schmiegten. »Ich glaube, sie wird uns Glück bringen, meinem Gemahl, mir und allen, die uns dienen.« Vielleicht hatte der Bischof doch erkennen lassen, dass er sich bald von seinem Krankenbett erheben würde, mit einer Predigt zu Philipps Gunsten? So klang diese Aussage jedenfalls für Walther.
    »An so einem Tag«, sagte er und schob Kastrationsdrohungen und Ritter mit hochgestellten Verwandten zur Seite, »und in solcher Gesellschaft kann ich nichts anderes glauben.« Er schaute zu Judith und dachte daran, wie er vor genau zwei Tagen mit ihr unter einer Linde gelegen hatte. Sie hob ihre linke Hand, wie um ihre Kinnbinde zurechtzurücken, und ihre Finger legten sich wie ein Versprechen auf ihren Mund.
    »Das habt Ihr sehr schön gesagt, Herr Walther«, gab Irene zurück. »Es tut mir leid, dass ich Euch bei unserer letzten Begegnung nicht anvertraut habe, wo die Magistra sich aufhielt, denn wie ich höre, wart Ihr dort ein Held. Nur eines wundert mich; wo ist denn nun der Gemahl, den Ihr dort unter Einsatz Eures Lebens gerettet habt?«
    Die Frage verwunderte Walther; er machte sich nicht die Mühe, es zu verbergen. »Ist er denn nicht bei Euch?«, fragte er formell, jedoch an Judith gewandt. Sie schüttelte den Kopf, und ein beunruhigter Ausdruck erschien auf ihrem Gesicht.
    »Nachdem wir an der Kaiserpfalz ankamen, wollte er zurückkehren, um Euch den Weg zu sichern, Herr Walther«, sagte sie. »Schließlich gab es auf der Reise hierher … Vorkommnisse.«
    Nun, das war sehr anständig von Gilles, dachte Walther, obwohl er nicht widerstehen konnte, darauf hinzuweisen, dass er seinen Kopf sehr gut selbst aus der Schlinge ziehen konnte. »Die gab es in der Tat, Magistra, doch glaubt mir, ich habe die Missverständnisse, die zu diesen Vorkommnissen führten, so gut geklärt wie alle anderen.« Jetzt schaute Judith nicht nur besorgt, sondern geradezu entgeistert drein, was an einem anderen Abend doch ein wenig kränkend gewesen wäre.
    »Euer Gilles ist ein weitgereister Mann«,

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